Dass Marken eine quasi religiöse Gefolgschaft an Fans hervorbringen können, ist eine der Besonderheiten unserer Konsum getriebenen Gesellschaften. Ein Markenname, der Menschen weltweit fasziniert ist Nike, die größte globale Sportmarke. Sie begann als lokales Start-up und stellt heute ein Phänomen dar, das mit herkömmlicher Verkaufsstrategie nicht zu erklären ist. Nun nimmt sich das Vitra Design Museum mit der Ausstellung „Nike: Form Follow Motion“ der Marke mit dem „Swoosh“-Logo an.
Im Fokus der Schau steht die Designgeschichte der Marke: von den experimentellen Anfängen in den 1960er-Jahren über Innovationen wie der Air-Sohle bis hin zu aktuellen Forschungen des Unternehmens in den Bereichen Nachhaltigkeit und Materialalternativen. Kurator der Ausstellung ist der Designhistoriker Glenn Adamson, der in diesem Zusammenhang auch die naheliegende Frage der Rolle des Sports in unserer Gesellschaft stellt.
Eine Besonderheit gerade bei Turnschuhen, heute Sneaker genannt, ist die Kult-gleiche Verehrung für gewisse Marken. Das hat zu vielen Communitys von Sneakerheads geführt und den einstmals billigen Turnschuh zu einem beliebten Sammlungsobjekt gemacht. FORMFAKTOR berichtete darüber:
Design ist für Nike ein wesentlicher Faktor für den Geschäftserfolg. Die meisten Produkte werden am Hauptsitz des Unternehmens außerhalb von Portland im US-Bundesstaat Oregon entwickelt. Hier arbeiten Hunderte von Designern mit Wissenschaftlern und Ingenieuren aus zahlreichen Disziplinen zusammen, von Materialwissenschaft über Physik bis hin zu Biomechanik. Die Ausstellung „Nike: Form Follows Motion“ wirft erstmals einen Blick hinter die Kulissen dieser Designlabore.
Die meisten Exponate stammen aus dem firmeneigenen Archiv von Nike, das mehr als 200.000 Objekte umfasst. Zum ersten Mal überhaupt präsentiert die Ausstellung eine kuratierte Auswahl aus diesen Beständen der Öffentlichkeit. Gezeigt werden experimentelle Prototypen von Modellen wie dem Waffle Trainer, dem Air Force 1 oder dem Shox, ebenso wie Originalzeichnungen, Designstudien, historische Filme und Fotografien.
Kooperation mit Athleten
Gegründet wurde Nike von Phil Knight, der zu Collegezeiten selbst aktiver Läufer war, und dessen ehemaligem Trainer Bill Bowerman. Ihre ersten Angestellten – und der größte Teil ihrer Kundschaft – waren Freizeit- und College-Sportler sowie einige Sportprofis, die die Marke allmählich bekannter machten. Aus diesen frühen Jahren stammt auch das bei Nike heute noch gültige Prinzip, in Forschung und Design eng mit Athleten zusammenzuarbeiten.
In den 80er-Jahren gelang Nike der internationale Durchbruch. Beginnend bei der Leichtathletik fanden die Produkte auch Eingang in andere Sportarten: Basketball, Tennis, Fußball und Skateboarding. Mitverantwortlich dafür waren Kooperationen mit Sportgrößen wie Michael Jordan, Andre Agassi und Serena Williams. Ebenso wuchs das Interesse an der Marke in der Musikszene und Popkultur. Fernsehspots mit Popstars (Werbeagentur Wieden + Kennedy) sorgten dafür. In technologischer Hinsicht war zu dieser Zeit die Entwicklung der Air-Sohle, die mit gasgefüllten Druckkapseln für eine bessere Dämpfung sorgte, bahnbrechend. Zunächst in der Sohle verborgen, rückte Nike mit dem Air Max (1987) die neue Technologie in den Blick der Konsumenten.
Immer wieder engagiert das Unternehmen externe Gestalter wie etwa Marc Newson, Comme des Garçons, Hella Jongerius oder Virgil Abloh, die mit Nike-Inhouse-Designern zusammenarbeiten und die Marke in ästhetischer und technologischer Hinsicht voranbringen. Kurator Glenn Adamson spricht davon, dass man mit der Untersuchung der Designkultur von Nike auch Einblick in den größeren, gesellschaftlichen Zusammenhang erhalten würde. „Sport hat in den letzten 50 Jahren einen enormen Einfluss auf unsere Körperwahrnehmung gehabt, auch über die Rennstrecke und das Spielfeld hinaus, beispielsweise auf das Verständnis von Geschlechterrollen“, meint Adamson.
Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog mit Essays von Sam Grawe, Adam Bradley, William Myers, Jared Dalcourt, Ligaya Salazar, Glenn Adamson und Mateo Kries. Das Buch enthält historische und aktuelle Dokumentationen sowie ca. 300 Abbildungen, die Einblick in die Designstudios und Produktionsprozesse bei Nike bieten. „Nike: Form Follows Motion“ läuft bis 4. Mai 2025 und wird danach in weiteren internationalen Museen gezeigt.