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Design und Ökologie – Bundespreis Ecodesign 2024

von Caroline Wanderberg
„Soft Spot“ stellt eine Alternative für die Polstermöbelfüllung dar. © Franziska Baumgartner

Der Beirat sowie die Jury des deutschen Bundespreises Ecodesign haben zehn Preisträger aus der Fülle der Einreichungen (über 400) ausgewählt. Der Schwerpunkt lag dabei auf Projekten, die sich den Themen Materialeinsparung und Recycling widmeten. Die zunehmende Beliebtheit dieses Preises geht mit der wachsenden Verknüpfung von Ökologie und Design einher.

Das Modeunternehmen ARMEDANGELS gewann mit „Sleep ‚til Infinna™“, einem Pyjama und gleichzeitig erstem Kleidungsstück der Marke, bei dem die Infinna™-Faser eingesetzt wird. Dabei handelt es sich um eine Zellulosefaser, die zu 99 % aus recycelten Alttextilien besteht. Jurorin Ina Budde sieht darin ein Paradebeispiel für „zukunftsfähige zirkuläre Gestaltung“. Ebenfalls im Kreislauf bewegen sich die Tork Papierhandtücher. Die Essity Professional Hygiene Germany GmbH hat mit dem Tork PaperCircle® ein Projekt am Laufen, das gebrauchte Papierhandtücher in neue Hygienepapierprodukte verwandelt. In den Waschräumen werden die Papierhandtücher in gekennzeichneten Behältern gesammelt, von einem Recyclingpartner abgeholt, in die Essity-Werke rückgeführt und dort erneut zu Hygienepapierprodukten verarbeitet.

Wahre Zeitlosigkeit

Neben den zehn Preisträgern in den Kategorien Produkt, Konzept, Service und Nachwuchs wurde auch ein Sonderpreis für „Zeitloses Design“ an den Wiener Kaffeehausstuhl von Thonet (Stuhl Nr. 14, heute 214) vergeben. Dieses Möbel wurde vor über 160 Jahren von Michael Thonet erfunden, der dafür die Technik des Biegens von massivem Buchenholz mit Wasserdampf und Druck entwickelte. Erstaunlicherweise wird dieser Stuhl auch heute noch erfolgreich verkauft. Wenn bei ökologischem Design von Langlebigkeit die Rede ist, dann gibt es kein Produkt, das den Thonet-Stuhl schlägt. Gestalterische Nachhaltigkeit und einfache Herstellung in industriellem Maßstab sind hier eine perfekte Partnerschaft eingegangen. „Mit diesem Stuhl hat Thonet Geschichte geschrieben“, kommentiert Juror Werner Aisslinger. „Ein Stuhl, der archetypisch für Designklassiker steht, die weltweit ihren Platz gefunden haben — ein Stuhl, als ikonisches Beispiel von Longrunner-Produkten, die auch in 100 Jahren noch gekauft werden. Seine Formensprache, seine Geschichte und seine nachhaltige Herstellung werden mit diesem Sonderpreis gewürdigt.“

Langlebigkeit par excellence – der Kaffeehausstuhl von Michael Thonet. © Thonet GmbH

Eine weitere Auszeichnung erhielt Schwalbe für seinen „Green Marathon“, den weltweit ersten Fahrradreifen, der aus gebrauchten Reifen hergestellt wird. In der Kategorie „Konzept“ erhielt der elektrische Traktor „ONOX“ einen Preis. Er verfügt über austauschbare Batterien. Gerade in ländlichen Gegenden, wo hohe Anschlussleistungen für schnelles Laden selten sind, ist ein System von schnell austauschbaren Batterien von Vorteil. Geladen werden können sie mit Strom aus der eigenen PV-Anlage. Angeblich verfügen 40 % der landwirtschaftlichen Betriebe über Photovoltaik- oder Biogasanlagen. Dieses Konzept kommt von der raumideen GmbH & Co. KG (PONG Design).

Bessere chemische Produkte

Ausgezeichnet ist auch „PIGMENTURA“ der CHT Germany GmbH. Dieses neuartige Färbeverfahren braucht weder Wasser zum Seifen und Spülen noch Energie zum Aufheizen des Seif- und Spülwasser. Dadurch können im Vergleich zu herkömmlichen Färbeverfahren bis zu 96 % Wasser und bis zu 60 % Energie eingespart werden. Bei Kynd Hair wiederum geht es um das erste pflanzenbasierte Kunsthaar in Europa. Für diese Innovation werden vor allem Schwarze Frauen in den Fokus gerückt, denn jede zweite trägt regelmäßig Kunsthaar, das mit krebserregenden Chemikalien hergestellt wird. Diese neue Haarfaser hingegen besteht aus pflanzlichen Zellstoff. Er ist schadstofffrei und biologisch abbaubar.

Alternative Lösungen

In der Kategorie „Nachwuchs“ gewannen drei Projekte einen Ecodesign-Preis. Bei „Entopolis“ von Anne Carolin Klosson geht es um Insekten-Biodiversität. Es ist ein Spiel für Jugendliche, wo ein Insektenstaat aufgebaut werden soll, die Biodiversität erhöht und Gefahren abgewehrt werden sollen. Das Kooperationsprojekt von ecosign / Akademie für Gestaltung und der NABU Naturschutzstation will das Bewusstsein für den Schutz von Insekten fördern und gibt Handlungsempfehlungen. Im Projekt „Break-up Lab“ von Sophia Reißenweber (Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle) wird erforscht, wie Organismen dabei helfen können, Polyester in Alttextilien abzubauen. Das Verfahren ermöglicht die Rückgewinnung von Polyesteranteilen aus Mischgeweben. Dem Ganzen liegt eine Faser-zu-Faser-Recyclingstrategie zugrunde.

Das dritte ausgezeichnete Nachwuchsprojekt kommt von Franziska Baumgartner (Akademie der Bildenden Künste München). Sie entwickelte mit „Soft Spot“ einen Polstersessel, der alternative Wege der Polsterherstellung aus natürlichen, langlebigen Materialien erforscht, um die Verwendung von Polyurethan basierten Schaumstoffen obsolet zu machen. Seegras, Kapokvlies und Kokoskautschuk bilden die drei Schichten des Polsters. Ermüdet das Material an stark beanspruchten Stellen kann die Füllung punktuell erneuert werden.

Seegras, Kapokvlies und Kokoskautschuk verwendet Franziska Baumgartner für ihre Polstermöbelfüllungen. © Franziska Baumgartner

Der nächste Bundespreis Ecodesign (14. Ausgabe) wird am 20. Januar 2025 erneut europaweit ausgeschrieben. Das deutsche Bundesumweltministerium und das Umweltbundesamt loben den Bundespreis Ecodesign seit 2012 jährlich gemeinsam mit dem Internationalen Design Zentrum Berlin aus.


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