Die diesjährige Januar-Ausgabe von Maison&Objet in Paris stand unter dem Motto „Sur/Reality“ und nahm damit Bezug auf das „Manifest des Surrealismus“, das vor 100 Jahren (1924) die Kunstwelt revolutionierte. In drei kuratierten Ausstellungen wurde dieser historische Umbruch im Hinblick auf die aktuellen Trends in Dekor und Interieur interpretiert: Traum, Unterbewusstsein, Poesie, Illusion oder Mysterium waren Themen, die dort in reelle Formen gegossen wurden.
Dieser animierende künstlerische Bezugspunkt diente als Hintergrund für die 2373 Aussteller aus 59 Ländern, die die vielfältigen Aspekte des Lifestyle-Sektors veranschaulichten. Den Großteil der Messestände gestalteten Unternehmen aus Frankreich (964), mit Abstand gefolgt von Italien (321), Spanien (123) und den Niederlanden (120). Beachtliche Teilnehmerzahlen brachten Deutschland (91), Japan (78) und Großbritannien (65) in die Statistik ein.
Höhepunkte des Events waren sicherlich die Video-Interviews zu unterschiedlichen Themen. Mit dabei ein Gespräch mit Faye Toogood, der Designerin des Jahres der Maison&Objet. Die Britin war unter anderem mit der Installation WOMANIFESTO vertreten. Im Gespräch erzählte sie, dass sie eigentlich Kunst studiert habe und meinte scherzhaft, dass sie nun mit dem Titel Designer of the Year endgültig als Designerin durchgehe.
Holz und Handwerk
Die spannendsten Präsentationen firmierten unter der Kategorie „Signature“. Wie zum Beispiel Pascal Oudet aus Frankreich. Der Holzkünstler arbeitet in seiner Werkstatt in den französischen Alpen mit ausgewähltem Eichenholz. Ihm gelingt es daraus, sehr dünne Stücke zu schaffen, die manchmal bis zur Transparenz gehen. Unter dem Markennamen SENIMO kreiert Fabien Colomines Möbel in sehr kleinen Serien. Der Tischler und Designer zeigte auf der Maison&Objet eine Serie, die mit verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten und Zeiteinheiten spielt. Die Wiederholung der geschwungenen Form ist dabei die Grundlage für die Erforschung harmonischer Volumen und der gewählten Farbpalette.
Dem Material Papier hat sich Papier à êtres verschrieben. In der Schiene „Lighting Sculptures“ entstehen aus der Kombination von Licht und Papier wundersame Kreationen, auf die das Wort einzigartig tatsächlich zutrifft. 3D Concrete wiederum hat sich auf die Schaffung innovativer Strukturen mit 3D-gedrucktem Beton spezialisiert. Mittels fortschrittlicher Fertigungstechniken entstehen Stücke, die der typischen 3D-Druck-Ästhetik poetischen Charakter verleihen.
Tierpräparationen im Interieur?
Können Objekte aus der Welt der Tierpräparation dekorativ sein? Sicherlich – meinen nicht nur die Betreiber der Galerie „Design et Nature“ in Paris. Mit einem Faible für Interieurs präsentiert die Galerie ausgestopfte Tiere, Skelette und andere Kuriositäten, die zu traumhaften Objekten, mitunter echten Kunstwerken mutieren. Wie zum Beispiel die außergewöhnlichen Kompositionen aus Schmetterlingen. „Über die ästhetische und poetische Dimension hinaus ist die Frucht unserer Kunst ein Spiegelbild der Liebe, Leidenschaft und des Stolzes, die wir für die Tier-, Pflanzen- und Mineralienwelt empfinden“, heißt es in der Eigendefinition. Offenbar wird in Paris die Tierpräparation als eigenständige Kunst anerkannt.
Die Marke BOON_EDITIONS steht für ein Möbelkonzept, bei dem jede Kollektion in sich geschlossen und auf höchstem Niveau angesiedelt ist. Die bisher fünf Editionen wurde jeweils von einem Designstudio entworfen und handwerklich hervorragend umgesetzt. So hat etwa Stefano Giacomello die „La collection Rotolo“ gestaltet. Sie ist von ikonischen Designs sowie der Architektur der 70er- und 80er-Jahre inspiriert, mit einem besonderen Bezug zu italienischem Design. Die Kollektion ist auch ein Zeugnis von Giacomellos Hintergrund im Digital Design.
Grafische Möbel
Eines der meist beachteten „jungen“ Designstudios aus Italien, Debonademeo, war in Paris mit der „LIDO“-Kollektion für Medulum vertreten. Die beiden Designer ließen sich dabei vom Jugendstil und den historischen Strandmöbeln des Lido von Venedig inspirieren. Immerhin ist Medulum ein venezianisches Unternehmen, das sich auf die handwerkliche Verarbeitung von Holz spezialisiert hat. Die Kollektion besteht aus Konsolen, Bücherregalen, Tischen und Couchtischen, deren vorspringende Platten – aus glänzend lackiertem Holz mit abgerundeten Kanten – auf einem System unterschiedlich hoher vertikaler Lamellen mit ovalem Querschnitt ruhen.

Aus Spanien war unter anderem let’s pause zu Gast in Paris. Das Label von Mónica Lafuente hat sich auf eine organische Designsprache und traditionelle Handwerkstechniken spezialisiert. Hervorragendes Beispiel für dieses Konzept ist die Leuchte „Conti“, die aus der Wurzel des Olivenbaums hergestellt wird. Die „Ernte“ des Materials findet nach dem natürlichen Ende des Lebenszyklus des Baumes statt. „Conti“ besteht aus 17 Einzelteilen, die unterschiedlich zusammengestellt werden können.
Die nächste Maison&Objet findet vom 4. bis 8. September 2025 statt.