Home Design Von der Steiermark in die Welt – 15 Jahre ANDY WOLF

Von der Steiermark in die Welt – 15 Jahre ANDY WOLF

von Markus Schraml
15 Jahre ANDY WOLF

Wenn eine Vision Wirklichkeit wird – so könnte man die Erfolgsgeschichte des Brillenherstellers ANDY WOLF Eyewear mit Sitz im steirischen Hartberg zusammenfassen. Denn aus dem Bestreben, traditionelles Brillenhandwerk, lokale Produktion und zeitgenössisches Design zu vereinen, wurde 15 Jahre später ein international agierendes Brillenunternehmen. Und die Bilanz im Jubiläumsjahr kann sich sehen lassen: Die Marke ist in nahezu 70 Ländern weltweit vertreten, die Exportquote liegt bei 83 % (2020) und die Zahl der Verkaufsstellen wächst und wächst. 10 Jahre nach der Gründung waren es bereits 1.300. Immer wieder werden Promis wie Beyoncé oder Lady Gaga auf roten Teppichen und vor Sponsorenwänden mit Sonnenbrillen Made in Austria gesichtet.

„Österreich blickt auf jahrelange Tradition in der Brillenproduktion zurück und zahlreiche namhafte Designer stammen von hier. Im Laufe der Zeit ging die Wertschätzung für den Produktionsstandort Österreich und das herausfordernde Handwerk verloren – Brillen in Fernost zu produzieren war einfach und billig“, sagt Andreas Pirkheim, einer der Gründer von ANDY WOLF Eyewear und der „Andy“ im Firmennamen. Bereits früh erkannte er das Potenzial, Brillen in Österreich zu produzieren, weil es den China-Fassungen einfach an Qualität und Charisma mangelte, meint er. „Es fehlte an Menschen, die den Brillen eine Geschichte gaben.“

Und Pirkheim weiß, wovon er spricht, denn nachdem er Erfahrungen bei diversen Brillengroßhändlern sammeln konnte, machte er sich zunächst als Handelsagentur für den Import und Export von Brillenfassungen aus Asien und den Vertrieb von Lizenzmarken selbstständig. ANDY WOLF Eyewear hat er mit Jugendfreund Wolfgang Scheucher (der Wolf im Firmennamen), der mit einem Ingenieurstudium in die Brillenbranche wechselte, und Katharina Schlager gegründet, die sich 2018 aus dem aktiven Geschäft zurückzog. Im Jahr 2010 war dann Heimo Stix mit an Bord gekommen.

Vom Händler zum Produzenten

Der Sprung vom Händler zum Produzenten ergab sich durch die Möglichkeit, in einer kleinen Manufaktur in Hartberg erste eigene Entwürfe umzusetzen. Mit gerade einmal vier Personen wurde eine exklusive Herrenlinie aus Acetat gefertigt. Im nächsten Schritt mussten die Fachwelt und Optiker davon überzeugt werden. Und das war gar nicht so leicht, denn „unsere Herangehensweise war neu am Markt und wurde zu Beginn von vielen belächelt“, erinnert sich Scheucher. Lokale, nachhaltige Produktion und eigenständiges Design waren zu dieser Zeit auf dem Markt kaum ein Thema. Zusätzlich lag der Trend bei kleinen, schmalen, meist randlosen Fassungen und die charakterstarken Acetatfassungen von ANDY WOLF waren so ziemlich das Gegenteil davon. „Doch wir blieben hartnäckig – eine Eigenschaft, die im Laufe der Jahre noch mehrmals zum Einsatz kam – und wir wichen nicht von unserem Konzept ab“, betont Scheucher.

Charakterstarkes Design

Ein entscheidender Faktor für den Erfolg war neben dem handwerklichen Know-how auch das hervorragende Design. Vor allem seit 2010 gelang es dem Designteam unter der Führung von Katharina Schlager immer ausgefallenere Modellformen zu kreieren. So ließ man etwa feinste Spitze in Acetat einfassen und fertigte aus dem so entstandenen Material Sonnenbrillen. Die Eyecatcher-Qualitäten dieser Modelle erkannte auch Stilikone Lady Gaga und betonte ihre Fashion-Statements mit Brillen aus Hartberg. Aufsehen erregte 2017 Rihanna, die die schmale ANDY WOLF Sonnenbrille Ojala auf dem roten Teppich in Cannes trug. Die Geburtsstunde des weltweiten Trends der Micro-Shades. Die Brille war ursprünglich eine Lesebrille und wurde in der hauseigenen Werkstatt auf persönlichen Wunsch Rihannas umgearbeitet. Ab diesem Zeitpunkt entwickelte sich ANDY WOLF zum internationalen Liebling von Stars wie Beyoncé, Gigi und Bella Hadid, Kendall und Kylie Jenner, Emily Ratajkowski, Hailey Bieber, Oprah Winfrey, Cate Blanchett oder Jared Leto & The WEEKND.

Internationaler Erfolg

Schon zwei Jahre nach der Gründung hatte ANDY WOLF erste Vertretungen und Kund*innen in Schweden, Frankreich, den Niederlanden und Korea. Die Exportquote stieg von 73 % im Jahr 2007 auf 83 % im vergangenen Jahr. Heute zählt Deutschland mit 39 % zu den stärksten Märkten, gefolgt von der Schweiz (10 %), den Niederlanden und Frankreich (je 7 %), Belgien (3 %), Italien, Russland und Finnland (je 2 %). Nach der schwierigen ersten Zeit entwickelte sich ANDY WOLF recht schnell von einem belächelten Neuling zu einem wichtigen Player auf dem internationalen Brillenmarkt. Der Umsatz stieg während dieser Zeit um das Sechsfache auf 1,4 Millionen Euro. 2016, zum 10-jährigen Jubiläum, wurde der Umsatz erneut versechsfacht, auf 8,4 Millionen Euro. 2020 konnte das Unternehmen trotz der Corona-Pandemie das Vorjahresergebnis erreichen und mit 11,2 Millionen Euro abschließen.

Standorttreue

Zur Konsequenz in der strategischen Ausrichtung gehören auch Investitionen in den Standort Hartberg in der Oststeiermark. 2017 wurde mit dem Bau des neuen Headquarters begonnen. Auf einer Fläche von ca. 1.000 m2 entstanden neben Büroräumen, Lager und Designabteilung auch eine Sonnenbrillenverglasung und ein neuer Showroom. Für die Architektur zeichnet Christoph Kaspar verantwortlich. Die einprägsame Außenhülle besteht aus rostendem Cortenstahl, der sich mit der Zeit immer mehr in die Landschaft einfügt, gleichzeitig aber auch eine besonders dichte Sperrschicht bildet. Klare Linien, große Glasflächen und moderne Materialien prägen das Interieur. Das ursprüngliche Haupthaus wurde in den Neubau integriert.

2017 wurde mit dem Bau des neuen Headquarters am Standort Hartberg begonnen. Foto © Alexander Gebetsroither

Derzeit beschäftigt ANDY WOLF 57 Mitarbeiter, davon 35 Frauen. Neben dem Standort in Hartberg wurde 2014 ein PR-Büro in Berlin eröffnet, das sich wenige Jahre danach zu einem Creative Space für PR, Marketing, aber auch des Prototypenbaus entwickelt hat. 2016 wurde die Tochterfirma ANDY WOLF North America mit Sitz in New York gegründet, um den potenziell wichtigen nordamerikanischen Markt optimal bedienen zu können.

Made in France

Ebenfalls 2016 kaufte ANDY WOLF ein zweites Werk im französischen Jura, das auf die Herstellung filigraner Metallbrillen spezialisiert ist. Es wurden alle Mitarbeiter*innen übernommen und bis heute konnte die Zahl von 12 auf 35 Mitarbeiter*innen gesteigert werden. Da ANDY WOLF auch hier auf lokale Produktion setzt, werden die Brillen zu 100 % „Made in France“ hergestellt. Deshalb verlieh der unabhängige Verband „Pro France“ dem Unternehmen die Auszeichnung „Origine France Garantie“ – ein Gütesiegel für ausschließlich in Frankreich produzierte Qualitätsware. Durch das Jura-Werk setzte ANDY WOLF wiederum einen Trend und stellte als eines der ersten Unternehmen der Branche gewickelte Metallbrillen her.


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