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3 Tage in Kopenhagen

von Markus Schraml
Magic of form, Designmuseum Denmark

Der diesjährige Leitspruch des dänischen 3daysofdesign-Events lautete „Wo wären wir ohne Euch?“. Diese Danksagung scheint passend für das zehnjährige Jubiläum dieser Veranstaltung, die sich sowohl auf die Aussteller als auch die Besucher anwenden lässt. Es startete 2013 als Experiment, denn damals – und im Grunde ist es vielfach heute noch so – gab es entweder Einrichtungsmessen oder Design Weeks mit kuratierten Programmen. 3daysofdesign liegt irgendwo dazwischen. Einerseits ist es eine Plattform mit einem Fokus auf den lokalen urbanen Raum, andererseits sind die einzelnen Standorte in erster Linie die Showrooms und Shops der Hersteller, die im Fall von Kopenhagen großteils aus der Einrichtungsbranche kommen.

2023 ist die Zahl der Aussteller auf rund 280 angewachsen. Um dieser Vielzahl eine gewisse Struktur zu verleihen, unterteilte die Festivalleitung das Ganze in 13 Festivalbezirke. Darin fanden sich neben den Showrooms, alten Brauereien oder Outdoor-Saunas auch architektonische Wahrzeichen der Stadt, Designmuseen und Kunstgalerien.

Highlights und Entdeckungen

Der zypriotische Designer Michael Anastassiades präsentierte mehrere neue Leuchtenkollektionen in Kombination mit Möbelklassikern der Dansk Møbelkunst Galerie im Pakhus 11. Die Ausstellung „Stilleben 2“ war eine Hommage an nordisches Design der Moderne, das Anastassiades verehrt. Unterstützt wurde sie von Anker & Co, dem langjährigen Partner des in London lebenden Designers in Skandinavien. Das House of Nordic Design hatte die Ausstellung NoDe mit einer Auswahl aufstrebender dänischer Designer und Künstler auf die Beine gestellt. Zu den Teilnehmern gehörten Kibun Project, St. Leo und Sia Hurtigkarl. Ganz dem Gründungsgedanken von House of Nordic Design entsprechend wurde auch im Rahmen von 3daysofdesign originellen, innovativen dänischen Talenten eine Bühne geboten, um sie zu fördern.

Dänische Könige und Stuhlklassiker

Im 400 Jahre alten Christian IV’s Brewhouse, wo das Museum „The Lapidarium of Kings“ untergebracht ist, hatte das DDcated-Team über 50 Designmarken versammelt. Eine Begegnung von zeitgenössischem Design und historischen Skulpturen. Das Designmuseum Denmark nahm seine Besucher auf eine Reise in die Geschichte des dänischen Designs mit. In der Ausstellung „The Magic of Form“ waren Klassiker wie Arne Jacobsens „Series 7 Chair“, Verner Pantons „Globe Pendant“ und Finn Juhls „Chieftain Chair“ zu sehen – aber auch Kunstwerke von Alexander Calder und Henri Matisse. Bei der Schau handelte es sich um eine Zusammenarbeit mit dem Louisiana Museum of Modern Art und dem Kunsten Museum of Modern Art in Aalborg.

Apropos Finn Juhl: Vor mehr als zwei Jahrzehnten wurden Ivan Hansen und Hans Henrik Sørensen von der Witwe Juhls Hanne Wilhelm Hansen die Exklusivrechte für die Herstellung und den Relaunch der ikonischen Möbel ihres Mannes übertragen. Heute umfasst die Kollektion im „House of Finn Juhl“ über 50 Klassiker. Aus Anlass der 3daysofdesign präsentierte das Unternehmen das wohl subtilste Design des Meisters, den 77 Chair. Mit seinem einfachen Ausdruck ist dieses Möbelstück im Oeuvre von Finn Juhl eher atypisch, geht es doch auf die während der Bauhaus-Ära vorherrschende Designsprache zurück.

3days, House of Finn Juhl
„House of Finn Juhl“ zeigte während der 3daysofdesign erstmals den für Juhl untypischen 77-Stuhl. © House of Finn Juhl

Die Welt der Teppiche

Linie Design eröffnete in Kopenhagen seinen neuen Brand Store in Palægade. Die Designchefin des 1980 gegründeten Teppichherstellers Urd Moll Gundermann gab dafür das Motto „showing face“ aus. Sie interpretierte es in Form einer exklusiven Kollektion handgeknüpfter Teppiche voller abstrakter Muster und organischer Linien. massimo copenhagen präsentierte eine brandneue Kollektion von Teppichen aus der Feder von Space Copenhagen. „Bei der Escape Collection geht es darum, in die traditionellen Techniken der Kelim-Webung einzutauchen. Wir waren schon immer sehr fasziniert von der Schönheit und schlichten Eleganz antiker flachgewebter Kelim-Teppiche – den gedämpften Farbtönen und der natürlichen Haptik“, betonte Signe Bindslev Henriksen und Partner Peter Bundgaard Rützou ergänzte: „Unser Wunsch war es, eine moderne Kollektion minimalistischer, aber dennoch haptischer und handgefertigter Teppiche mit subtilen Details zu entwerfen, um die Wärme, Weichheit, die menschliche Ebene und das Ambiente in einem modernen Raum zu unterstützen und zu verstärken.“

News und Talks

Ein immer wichtigeres Standbein der 3daysofdesign sind Talks, Konversationen und Diskussionen. So bot etwa die FRAMING-Ausstellung im The Odd Fellow Palazzo den Rahmen für zahlreiche Gespräche über Neuheiten, Poetic Modernism oder das Geschäft mit Design. Dem Thema Materialien widmete sich das Symposium „Materials of Tomorrow“, das im Copenhagen Contemporary stattfand. Organisiert von SPACE10 und 3daysofdesign in Kooperation mit Material Matters und Office Kim Lenshow ging es um das radikale Neudenken des Materialsystems. „Wir möchten vermitteln, wie neu entstehende Biomaterialien und aus Abfällen hergestellte Upcycling-Materialien praktikable Alternativen zu unserem derzeitigen Angebot darstellen und eine neue Ära von Design und Architektur einleiten können“, sagte Kathryn Bishop, Redaktion & Forschung von SPACE10. „Das Symposium erforscht eine Zukunft, in der unsere Bausteine erneuerbar, biologisch abbaubar, upgecycelt und ungiftig sind, einen geringeren CO2-Fußabdruck haben und nachhaltigere sowie gesündere Häuser ermöglichen können.“

Der Erfolg des Konzepts von 3daysofdesign, der vor allem in jüngster Zeit spürbar angezogen hat, liegt laut Niels Strøyer Christophersen, dem Gründer von FRAMA an der Größe Kopenhagens (rund 640.000 Einwohner): „Die Infrastruktur und Größe der Stadt sind idealer als in vielen anderen Hauptstädten, wo es nicht so gut passt. 3daysofdesign ist sehr informell und demokratisch und repräsentiert dänische Werte auf eine gute Weise. Diese inklusive Art muss 3daysofdesign weiterhin beibehalten und auch für kleinere unabhängige Unternehmen immer zugänglich bleiben.‍“

In den letzten Jahren wurde viel über die Zukunft von Messen diskutiert. Wie kann man sie wieder attraktiver machen, lautete die Frage. Der Weg, den 3daysofdesign geht, ist eine Lösung, die zwar nicht überall funktionieren kann, denn kaum eine Stadt (einmal abgesehen von Mailand) hat eine derart hohe Dichte an hochwertigen Einrichtungsmarken, aber die zeigt, dass allerorts ein Verlangen besteht, den urbanen Raum stärker in die Kommunikation von Marken einzubeziehen. Wird von engagierten Menschen ein passender Rahmen geschaffen, ist das attraktiv für die Besucher und gleichzeitig kommen alle relevanten Partner direkt zu den Herstellern, was das Verständnis und das Verhältnis vertiefen kann.


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