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Kartell goes Eyewear

von Markus Schraml
Designer für Kartell Eyewear

Der italienische Hersteller für hochwertige Kunststoffprodukte Kartell ist vor allem für seine innovativen Möbel bekannt. Aber die technologischen Entwicklungen, die dahinterstecken, können auch auf andere Produkte angewendet werden. Die Geschichte des Unternehmens zeigt dies. So begann Kartell in den 1950er-Jahren mit der Produktion von Autozubehör (Skiträger K101), Haushaltsgegenständen und Laborartikel. Erst in den 60er-Jahren konzentrierte sich das Mailänder Familienunternehmen zunehmend auf den Möbelbereich und präsentierte 1964 den weltweit ersten Stuhl aus Kunststoff (Kinderstuhl K 1340). Im Jahr 2022 geht Kartell nun wieder einmal neue Wege und stellt seine erste Brillenkollektion vor. Kartell Eyewear kommt allerdings nicht völlig überraschend, denn der Kunststoffspezialist pflegte immer schon eine Nähe zur Welt der Mode.

Die neue Schiene besteht aus einer Main Collection und einer Design Collection, die insgesamt 100 Modelle von Sonnen- und Korrekturbrillen umfassen. Das Basismodell heißt „Lamina“ und ist von formalen Überlappungen gekennzeichnet, die sich zu einer recht klassischen Brille vereinen. © Kartell

Als Schwiegersohn Claudio Luti das Unternehmen von Gründer Giulio Castelli 1988 übernahm, hatte er zuvor als Berater für Versace gearbeitet und das hektische Fashion-Universum hautnah miterlebt. Bei Kartell intensivierte er die Praxis der Firma, mit externen Designern zusammenzuarbeiten und vergrößerte das Kreativteam um Gestalter wie Philippe Starck, Vico Magistretti, Ron Arad oder Ferruccio Laviani. Auch für die neue Kollektion von Sonnen- und optischen Brillen engagierte das Unternehmen bekannte Designer. Vier italienische Gestalter zeichnen für die insgesamt 32 Modelle der Designkollektion verantwortlich, die zusätzlich zur Main Collection dem Projekt die nötige Strahlkraft verleiht. Piero Lissoni, Fabio Novembre, Rodolfo Dordoni und Ferruccio Laviani, allesamt Designer, die bereits Möbel für Kartell entworfen haben, übertrugen ihre Idee von Kartell nun auf das Modeaccessoire Brille.

Möbeldesigner kreieren Brillen

„Ich trage eine Brille seit meiner frühesten Jugend und habe das Projekt mit dem Gedanken begonnen, welche Brille mir damals am besten gefallen hätte. Ich habe sie mir mit einfachen Bestandteilen vorgestellt, wie Kreise oder Linien, und ausgehend von diesen Teilen, die das Brillengestell kennzeichnen, ist mir spontan der Name Segmenti in den Sinn gekommen“, erklärt Laviani seinen Ansatz. „Segmenti“ ist eine Kollektion, in deren Mittelpunkt ein ausgeklügeltes Soft-Touch-Finish steht, das aufgrund der Spritzgusstechnik sehr einfach und leicht wirkt.

Das kennzeichnende Element der Kollektion „Eyeliner“ von Piero Lissoni ist eine farbige Linie, die die Augen einrahmt. „Wenn ich einen Gegenstand entwerfe, neige ich meistens dazu, alle unnötigen Strukturen zu entfernen. Und auch in diesem Fall wollte ich an einer zeitlosen Form arbeiten, um den Brillen Schlichtheit zu verleihen. Das Einzige, was wir hinzugefügt haben, ist die farbliche Kennung, das heißt eine sehr feine Linie, die dieser nahezu archetypischen Form folgt und sie als ein Produkt von Kartell ausweist“, erläutert Lissoni.

Klassisch, aber mit Twist

Für seine Kollektionen „Shield“ und „Line K“ orientierte sich Fabio Novembre an den Formen der Spiegel, die Anna Castelli Ferrieri (Kartell Mitgründerin und richtungsweisende Designerin des Unternehmens), kreiert hat. „Shield ist – wie der Name schon sagt – ein Schild, der den Blick abschirmt und dazu führt, dass die Betrachter sich in der matten Einrahmung einer Brille spiegeln, deren Details an das geschickte Design von Anna Castelli Ferrieri erinnern. Line K ist eine Kraft ausstrahlende Kollektion, die die grafische Linie der Augenbrauen unterstreicht“, sagt Novembre.

„Loo-K“ heißt die Kollektion von Rodolfo Dordoni, mit der einer klassischen Brillenform durch Weglassungen im Gestell ein überraschender Ausdruck verliehen wird: „In meiner Kindheit hat mich ein bestimmtes Bild besonders beeindruckt. Es handelt sich dabei um den Blick einer der Comic-Figuren aus jener Zeit, die unsere Phantasie beflügelten. Im Ausschnitt einer schwarzen Sturmhaube wurde dieser Blick zum wesentlichen, ja einzigen Element, das die gesamte Persönlichkeit der Figur ausdrückte. Heute sieht man diesen Blick wieder, obgleich er sich verändert, aber an Ausdrucksstärke nichts eingebüßt hat“, beschreibt Dordoni seine Idee.

100 Brillenmodelle

Die Main Collection bietet 68 verschiedene Modelle in mehreren Sonnen- und Korrekturbrillen-Kollektionen. Wie bei Kartell üblich gingen dieser neuen Schiene umfassende Forschungen im Hinblick auf Formen, Finishes und vor allem Materialien voran. Neben der Einführung eines neuen Bio-Materials wurde unter anderem das Verfahren der Spritzgusstechnik technologisch verfeinert. Dieser Schritt ist keineswegs die erste Annäherung von Kartell an den Modebereich. So gab es im Jahr 2008 „Kartell à la mode”, eine Accessoires-Kollektion, die in Zusammenarbeit mit Normaluisa, Moschino, Christian Lacroix , N°21 und Paula Cademartori entstand. Oder erst kürzlich wurde die Kartell + Zara Capsule Collection für Herren vorgestellt. Für dieses Co-Branding-Projekt druckte das bekannte spanische Modelabel das Kartell-Logo und grafische Darstellungen der Möbelikonen des Unternehmens auf T-Shirts, Sweatshirts, Caps, Jacken und Jogginghosen.

Der Anfang des Weges

Vergangenen Herbst während des Supersalone in Mailand betonte Lorenza Luti, Marketing- und Retail-Leiterin von Kartell, die Absicht des Unternehmens, den Wohnbereich noch umfassender bedienen zu wollen. Mit der neuen Brillenkollektion legt Kartell noch einmal nach und überschreitet die Grenze zur Fashion-Welt. Anscheinend ist die Verführung, die innovativen technologischen Möglichkeiten auch auf anderen Gebieten anzuwenden, einfach zu groß. Übrigens soll das erst der Anfang eines neuen Kapitels sein. „Kartell Eyewear ist der erste Abschnitt auf dem Weg in eine noch unerforschte Richtung, die die Identität der Marke bereichern und mit der Zeit neue Elemente hervorbringen wird“, verspricht Luti.


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