Nach wie vor bildet das Sofa den Kern des Wohnzimmers. Egal ob abgeschlossener Raum oder zur Küche hin offen, der Ort, an dem man es sich so richtig gemütlich macht, ist das zentrale Polstermöbel. Dort wird diskutiert, gefeiert oder TV geglotzt. Den entspannenden / unterhaltsamen Ausklang des Tages verbringen die allermeisten Menschen auf der Couch. Gut etablierte Gewohnheiten halten sich hartnäckig. Und es ist in diesem Fall nichts dagegen einzuwenden.
Die Sofa-Highlights des Jahres 2024 sind von Modularität und penibler Detailarbeit geprägt. Eine Alternative zum gediegenen Einheitsluxus kommt von Gebrüder Thonet Vienna. Das italienische Unternehmen hat in Zusammenarbeit mit Designer Sergio Bicego die Mon-île-Kollektion erstellt, die aus Sofa und Sessel besteht. Das charakteristische Merkmal dieses Möbels ist das typische Wiener Geflecht. Es wird in der Rückenlehne und in den seitlichen Armlehnen eingesetzt und verleiht dem Ganzen das gewisse Etwas. Ganz und gar im Kanon des Sofa-Luxus befindet sich hingegen das Sofa aus der Abbracci-Kollektion von Ghidini1961. Designerin Lorenza Bozzoli hat ein sehr organisches Polstermöbel kreiert, das von weichem Nubukleder umhüllt wird. Die Polsterung ruht auf einer geschwungenen Metallröhre aus Messing, was den kurvigen Charakter des Sofas unterstreicht. Kurvig – wenn auch sehr viel dezenter – ist ebenso das Fri™-Sofa von Fritz Hansen. Nach der Gestaltung von Sessel und Hocker hat Jaime Hayon die Kollektion nun erweitert. Der spanische Designer und Künstler schuf ein 2,5-Sitzer-Sofa, das die Subtilität und den Komfort der Einsitzer auf das gemeinsame Sitzen überträgt.
Das Wiener Geflecht verleiht Mon–île das gewisse Etwas. Styling: Giordano Sarno und Gaia Marchesin. Foto © Margherita Bonetti
Lorenza Bozzolis Sofa „Abbracci“ eignet sich dazu, seine Betrachter in Erstaunen zu versetzen. © Ghidini 1961
Fritz Hansen erweiterte den Fri™-Sessel und Hocker von Jaime Hayon um ein 2,5-Sitzer-Sofa. © Fritz Hansen
Einfach ein Sofa
ASIA ist die neue Sofalinie von Piero Lissoni für Kartell. Das Design ist kompakt und verspricht durch seine gewölbten Polsterteile Komfort. Die tragende Struktur besteht aus Metall und hält die Polster wie ein Tablett mit hochgezogenem Rand. „Viele Jahre lang hatten Claudio (Luti, CEO Kartell, Anm.) und ich darüber nachgedacht, eine kleine, kompakte Sitzmöbelfamilie mit einem‚komponierten‘ Design zu entwerfen. Wir haben das lange mit uns herumgetragen, ließen es zur Ruhe kommen, nahmen es dann wieder auf und beschlossen schließlich, dass es Zeit war, es herauszubringen“, sagt Lissoni.
Im Gegensatz dazu ist das DS-909 Flow von de Sede ein Wunder der Wandelbarkeit. Monika Walser, CEO von de Sede, erläutert: „Mit dem DS-909 Flow wollen wir Menschen inspirieren, ihre Räume immer wieder neu zu erfinden. Es ist unsere Antwort auf eine Welt, die ständig in Bewegung ist.“
Der Hauptcharakter eines Sofas ist die Weichheit. Deshalb sind vorrangig rundliche Formen anzutreffen. Ein Paradebeispiel für diesen Zusammenhang ist das modulare Sofa Snail des Natuzzi Design Center. Seine runde Form soll an ein Schneckenhaus erinnern – mit einer Rückenlehne, die sich sanft zurückzieht und vorschiebt. Das Sofa ist mit einem Gleitmechanismus ausgestattet, der es ermöglicht, die Rückenlehne um etwa 400 mm zu verschieben und so die Sitztiefe individuell zu verändern. Snail ist eine Hommage an den Komfort von Natuzzi Italia, der hier durch einladende Volumen und weiche Formen zum Ausdruck kommt. Lapalma präsentiert für das Sofasystem PLUS, das 2017 von Francesco Rota designt wurde, weitere Module. Bisher waren sie in drei verschiedenen Formen erhältlich: quadratisch, rechteckig und mit abgerundeten Seiten. Jetzt werden sie um schwungvoll gebogene Elemente für Rückenlehne und Sitzfläche ergänzt. Die Module lassen sich dank des einfachen Kupplungssystems für unterschiedliche Gelegenheiten immer wieder neu arrangieren.
Verspielte Rundungen in Perfektion: Die „Schnecke“ vom Natuzzi Design Center. © Natuzzi Italia
PLUS, das von Francesco Rota 2017 für Lapalma entworfene System aus modularen Elementen hat „Nachwuchs“ bekommen. Foto: Mattia Parodi
Marmor und Sofa?
Das Gegenteil von weich vermittelt NEUTRAs „La Grande Muraglia Outdoor“. Erstmals hat das Unternehmen eine Outdoor-Kollektion ins Programm aufgenommen, die die Qualitäten von Marmor auf komfortables Sitzen im Freien anwendet. Das Konzept stammt von Mario Bellini und reicht in das Jahr 1981 zurück. Der Travertin-Silber Naturstein sorgt aufgrund der intensiven Färbung und hohen Porosität beim ersten Anblick für überraschtes Staunen. Der Stein wurde genau so geschliffen, damit seine einzigartige Maserung besonders gut hervortritt. Zu den neuen Elementen der Kollektion gehören ein Dreisitzer-Sofa, ein Zweisitzer-Sofa, ein Sessel und eine Chaiselongue. Für die abnehmbare Polsterung wird wasserdichtes Polyurethan mit Harzfaserbezug und wasserabweisendes Polyesterfutter verwendet. Der Stoffbezug der Kissen besteht aus 100 % recycelbarem wasserfestem Polypropylen.
„La Grande Muraglia Outdoor“ von NEUTRA bringt Marmor in die Sofawelt. Foto: Leo Torri
In der Rückansicht offenbart sich die massive Struktur. Foto: Leo Torri
In wohltuender Zurückhaltung übt sich das Castor Lobby Sofa Plus von BIG-GAME. Es handelt sich um die Fortschreibung der Erfolgsgeschichte der Castor-Familie von Karimoku New Standard. Das neue verfügt über eine größere Sitztiefe und vollständige Polsterung. Seine wohnliche Ausstrahlung passt in Lounges, Wartebereiche, aber eben auch in private Räume. Die unaufgeregte Anmutung der Kissen steht im Einklang mit der ruhigen, geradlinigen Struktur aus Eichenholz. Nicht ganz so bescheiden, betritt das neue Sofa JAZ von Toan Nguyen die Bühne, das der Designer für Rolf Benz entworfen hat. Zu der heute scheinbar unumgänglichen Modularität kommt hier das Thema Transparenz hinzu. Es herrschen Bodenfreiheit und Durchsicht zwischen den Sitzpolstern. Die einzelnen Elemente werden von einem feinen Aluminiumgestell getragen, was die Gesamterscheinung zu einem aussagekräftigen Bild macht.
Die japanische Designmarke KNS (Karimoku New Standard) setzt mit Partner BIG-GAME auf Zurückhaltung. Das „Castor Lobby Sofa Plus“ könnte als Blaupause für die Kategorie Sofa taugen. Foto: Masaaki Inoue
Ob als Einzelsofa, zweiteilige Ecke oder große Wohnlandschaft – Rolf Benz JAZ bietet viel Kombinationsfreiheit. Design: Toan Nguyen. © Rolf Benz
Egal ob dezent oder protzig, ob kompakt oder ausufernd, Sofas versprechen Entspannung. Damit sie dieses Versprechen auch einlösen können, ist der Sitzkomfort immer wichtiger als die formale Schönheit. Um dies gewährleisten zu können, ist das jahrelange Knowhow der Polstermöbelhersteller unabdingbar. Das Innenleben und die Oberfläche aus Stoff oder Leder bilden eine Einheit, die bei hochqualitativen Stücken lange hält und auch erneuert werden kann.