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TOP 20 News aus Kopenhagen

von Markus Schraml
Das Wiener Designstudio Sheyn stellt mittels Hightech-3D-Druck beeindruckend schillernde Vasen her. © Sellerie Studio – diesellerie.com

Die 11. Ausgabe der 3daysofdesign brachte über 410 Aussteller (an 413 Orten) nach Kopenhagen. Das bedeutet für den Veranstalter ein enormes Plus im Vergleich zum Vorjahr (rund 130). Die Besucher hatten die Qual der Wahl aus 615 Events die für sie spannendsten herauszufinden. Das Programm war nicht nur vom Umfang her, sondern auch in seiner Vielfalt atemberaubend. Sicherlich sorgten Talkrunden und große Ausstellungen für Abwechslung, aber dennoch waren es die Möbelneuheiten, die auf das größte Interesse stießen. Kopenhagen ist nun mal einer der Hotspots für Möbeldesign auf diesem Planeten und Designinteressierte kommen genau deswegen in die dänische Hauptstadt.

Der Reigen der 20 TOP-Neuheiten der FORMFAKTOR-Redaktion beginnt in Odense, dem Hauptsitz von Gejst. Mit der Liris-Kollektion, einer Leuchtenserie von Thalea Schmalenberg und Kasper Friis Egelund, betritt das Unternehmen Neuland. So bedurfte es auch einer längeren Zeit der Entwicklung und des Feinschliffs, bis dieses Produkt nun endlich auf den Markt gebracht werden konnte. Das Designerduo ließ sich von der Eleganz des traditionellen Papierfächers inspirieren. Liris besteht allerdings aus Stahl und baumwolllaminitertem PVC. Die neuen Leuchtenkollektionen von 101 Copenhagen wiederum sind stark vom Esprit der 1980er-Jahre beeinflusst, vor allem die Kronleuchter Drop und Ghost. Sie werten jeden Raum durch die dynamischen und reflektierenden Qualitäten von Chrom bzw. strahlend weißem Acrylrohr auf.

Das Duo Giopato & Coombes nahm 2024 das erste Mal an 3daysofdesign teil. Die Designer aus Treviso präsentierten ihre Bruma-Kollektion sowie die dazugehörige Installation, die schon in Mailand und New York zu sehen war. Die Besucher bewegten sich in einer schwebenden Landschaft aus unterschiedlich großen laminaren Glasmodulen – wie durch Nebel. Das Bruma-Projekt kombiniert Experimente mit Materie, modernste Lichttechnologie und Forschung. So entfaltet sich ein neues Gefühl von Dreidimensionalität. Im Rahmen der Ausstellung „Centuries“, die von Emerson Bailey organisiert worden war, einer auf zeitgenössisches skandinavische Design spezialisierten Galerie mit Sitz in Montana (USA), wurde auch die Duo-Leuchte von Sekt gezeigt. Dies ist die jüngste Ergänzung für die Puritan-Serie des Designstudios aus Malmö (Schweden). Die Kollektion ist modern und minimalistisch, zugleich aber auch eine Hommage an die traditionellen Öllampen, wie sie in Südschweden im 18. Jahrhundert verwendet wurden.

Robin Day, Klassiker des Mid-Century

Das 2010 gegründete Unternehmen &Tradition legt großen Wert auf – nomen est omen – die Erhaltung der Tradition und veröffentlicht Designklassiker aus der Vergangenheit neu. Gleichzeitig kooperieren zeitgenössische Gestalter wie Luca Nichetto mit &Tradition. Für 3daysofdesign lenkte das Unternehmen den Fokus auf Robin Day, einer bedeutenden Persönlichkeit des britischen Möbeldesigns des 20. Jahrhunderts. Ihm zu Ehren wurde eine Ausstellung auf die Beine gestellt, die ganz dem Leben und Werk des Designers gewidmet war. Days künstlerisches Erbe umfasst eine Vielzahl kreativer Ausdrucksformen, die alle von seiner Hingabe zu Materialien zeugen und tief in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts verwurzelt sind. Die Kollektion besteht aus neu aufgelegten Designs aus dem Jahr 1951 und umfasst eine Reihe von Stücken, die nun zum ersten Mal seit ihrer Entstehung erhältlich sind.

Für Expormim hat Artdirektorin Henriette Schou die Ausstellung „The Intimate Side of Art“ gestaltet. Darin waren Kreationen unter anderem von Norm Architects und David López Quincoces zu sehen. Der Spanier hat für das 1960 gegründete Familienunternehmen mit Sitz in Mogente (Valencia) die Kollektion „Cadenza“ entworfen, die erstmals beim diesjährigen Salone del Mobile in Mailand zu sehen war. Fora Form (Norwegen) präsentierte in Kopenhagen den Meeting-Room-Stuhl BUD von Petter Skogstad und Fredrik Wærnes. Der Entwurf zeichnet sich durch eine gewisse Lockerheit aus, die vor allem der offenen Rückenlehne geschuldet ist. Die recht dicke Armlehnen-Rückenlehnen-Wurst verspricht Komfort und sollte die geforderte Ausdauer für lange Meetings gut unterstützen.

Fredericia führt den Canvas 21 Chair, ursprünglich BM2221 genannt, der 1968 von Børge Mogensen (1914 – 1972) entworfen wurde, wieder ein. Dieses legere Stück hebt sich von Mogensens früheren, exklusiveren Ledermöbeln ab und zeichnet sich durch eine leichte, lässige Ästhetik mit Massivholzrahmen, taktilem Canvas und eleganten Messingdetails aus. Der Canvas 21 Chair verfügt über den gleichen Charakter wie Mogensens berühmter Spanish Chair, ist aber kleiner. Die gesamten 70er-Jahre entlang wurde dieser Stuhl in verschiedenen Varianten produziert.

Seit über drei Jahrzehnten arbeiten John Pawson und Dinesen zusammen. Im Jahr 2024 wird diese langjährige Partnerschaft mit der offiziellen Einführung der Pawson Furniture Collection gefeiert. Sie beinhaltet Ergänzungen der ursprünglichen Möbelkollektion, die von John Pawson 1992 für das Pawson House entworfen worden war. Die Lounge-Kollektion erweitert die ursprüngliche Dining-Serie. Sie besteht aus massivem Douglasienholz und umfasst einen Loungesessel, einen Loungetisch, ein Sofa und ein Daybed. Erfahrene lokale Tischler bauen die Holzrahmen in Dänemark. Die verwendeten Textilien kommen von Kvadrat.

Patricia Urquiola designt biologisch abbaubar

Für die neue Alder-Kollektion kooperierte die dänische Marke Mater mit Patricia Urquiola. Sie besteht aus einer neuen biologisch abbaubaren Mischung von Matek®, einem patentierten Material und einer Technologie von Mater, die Abfall in einen formbaren Rohstoff verwandelt. Das Matek®-Material ist um einen Stahlrahmen herum gebaut, der zu 94 % aus recyceltem Stahl besteht und zusätzliche Festigkeit bietet. Es wurden zwei Versionen entwickelt: eine aus einer Mischung aus Kaffeeabfällen und biologisch abbaubarem Kunststoff und die andere aus verschiedenen Holzfasern und ebenfalls biologisch abbaubarem Kunststoff. Die Kollektion ist für die Demontage konzipiert, sodass jede Komponente über das Rücknahmesystem von Mater neuen Produktionszyklen zurückgeführt werden kann.

Lapalma feierte in Kopenhagen 10 Jahre KIPU. Diese fröhliche Pouf-Kollektion wurde 2014 von Anderssen&Voll gestaltet. Die in Höhe, Farbe und Form unterschiedlichen KIPUs lassen sich vielseitig kombinieren und können als Ablageflächen oder legere Sitzmöglichkeiten eingesetzt werden. Bereits das 25-Jahr-Jubiläum beging Offecct mit den Vertigo-Couchtischen. Das Design von Claesson Koivisto Rune ist preisgekrönt und besteht aus einem Metallrahmen, der zwei Glastischplatten trägt. Die obere Ablage ist aus Einwegspiegelglas gefertigt, die untere Ablage aus Spiegelglas. Anlässlich der 25-jährigen Zusammenarbeit zwischen Claesson Koivisto Rune und Offecct kehrt Vertigo in drei neuen Größen und Formen in auffälligen Farben zurück. Ebenfalls von Claesson Koivisto Rune stammt das Design von Midsummer, einer bereits ausgezeichneten (Red Dot Best of the Best) neuen Serie von sieben Mini-Vasen für Orrefors. Die Kollektion ist eine Hommage an den beliebtesten schwedischen Feiertag und die Geschichte von der Auswahl von sieben Blumenarten, die man in der Mittsommernacht unter das Kopfkissen legt, um damit seine wahre Liebe zu offenbaren.

Ein weiteres Highlight in diesem Jahr in Kopenhagen war Mazos brandneues MOD-Regalsystem aus Eiche und Aluminium. Diese Design-Innovation stand im Mittelpunkt der Ausstellung I CON TEMP, die im neuen Schauraum von Mazo noch bis zum 1. Oktober zu sehen ist. Public Crafts, Gäste aus Japan, brachten den speziellen Stoff Sakiori mit nach Dänemark, ein Upcycling-Material aus Kimonos. Sakiori-Weben an sich ist eine traditionelle japanische Textiltechnik, die seit der Edo-Zeit existiert. Im kalten Klima der nördlichen Tohoku-Region Japans stellten die Menschen früher handgemachte Kleidung und Futondecken her, um die harten Winter zu überstehen, indem sie alte Stoffe wiederverwendeten. Die Sakiori-Webstoffe von Public Crafts werden in einer Sozialeinrichtung namens „Sora to Umi“ in Chiba, Japan, hergestellt. Dafür werden ausrangierte Kimonos sowie alte Stoffe gesammelt, die in der Gemeinde nicht mehr getragen werden.

Das Wiener Designstudio Sheyn debütierte bei 3daysofdesign. Das von Nicolas Gold und Markus Schaffer gegründete Studio nahm an der Ausstellung TRANSCENDENCE teil und zeigte ihre ikonischen Bloz-Vasen aus der Blend-Kollektion, die mit fortschrittlicher 3D-Drucktechnologie herstellt werden. Die Vasen fallen durch ihre besonderen Farbübergänge auf, die durch ein spezielles Material entstehen, in dem zwei Farbtöne vermischt werden. Dies verleiht jeder Vase aus jedem Blickwinkel ein anderes Aussehen.



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