In einer Zeit der Krisen setzen Konsumenten auf Vertrautes und Bewährtes. Bekannte Marken sind dabei klar im Vorteil. Beispiel Sanitärbereich: Hier hat LAUFEN einen besonders guten Namen, der dem schweizerisch-österreichischen Unternehmen gut durch die jüngst herausfordernde Marktsituation geholfen hat. Einige Mitbewerber hatten und haben stärker damit zu kämpfen.
Die LAUFEN Austria AG produziert und vertreibt hochwertige Sanitäreinrichtungen in Österreich und beschäftigt aktuell rund 220 Mitarbeiter. Das Unternehmen mit Sitz in Wilhelmsburg (NÖ) und Produktion in Gmunden (OÖ) ist Teil der Schweizer Laufen-Gruppe, die auf Komplettlösungen für Badezimmer im Premiumsegment spezialisiert ist. Das 1892 gegründete Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Laufen bei Basel. Die Gruppe beschäftigt rund 2.500 Mitarbeiter in sieben mitteleuropäischen Produktionsstätten (Schweiz, Österreich, Tschechien und Polen) und unterhält Vertriebsbüros in 44 Ländern weltweit. Seit 1999 ist LAUFEN die globale Premiummarke der Roca-Gruppe, einer Unternehmensgruppe im Familienbesitz. Die Roca-Gruppe beschäftigt mehr als 22.000 Mitarbeiter und verfügt über 80 Produktionsstätten in 19 Ländern.
Im Jahr 2020 übernahm Christian Schäfer von Marc Viardot die Geschäftsleitung der LAUFEN Austria AG. Zu diesem Zeitpunkt konnte er auf eine fast 10-jährige Managementerfahrung in der Laufen-Gruppe zurückblicken. Er begann am schweizerischen Hauptsitz von Laufen in den Bereichen Marketing und Produktmanagement für die Premiummarke zu arbeiten. Ab 2015 führte Schäfer die Geschäfte der Laufen-Tochter in Norwegen und seit 2017 war er stellvertretender Geschäftsführer bei Laufen Austria.
Innerhalb der Laufen-Gruppe hat sich der Produktionsstandort Gmunden in Oberösterreich mit den Jahren immer mehr zu einem Innovationszentrum entwickelt. Kürzlicher Höhepunkt war die Präsentation eines Elektroofens für Keramik. Was bis dato in der Branche für unmöglich gehalten wurde, schaffte das Team in Gmunden mit hartnäckiger Innovationskraft und in vierjähriger Arbeit. FORMFAKTOR traf Christian Schäfer und sprach mit ihm über diese enorme Leistung, Forschung & Entwicklung im Allgemeinen und die derzeitigen Herausforderungen in der Sanitär- und Keramikbranche.
FORMFAKTOR: Welchen Stellenwert hat der Standort in Gmunden innerhalb der Laufen-Gruppe?
Christian Schäfer: Gmunden war immer schon eine atypische Produktionsstätte. Wir produzieren etwa 100.000 Stück pro Jahr, ein großer Produktionsbetrieb würde vielleicht eine halbe bis eine Million und darüber hinaus produzieren. Der Standort Gmunden hat sich in den letzten 15 Jahren mehr zu einer Manufaktur hin entwickelt, die sehr sehr hochwertige Keramik produziert. So wurde die SaphirKeramik in Gmunden entwickelt. Das ist eine neuartige Keramik, die sehr schwierig zu managen ist. Und hier sind wir nach wie vor das einzige Werk, das diese Keramik in diesen Stückzahlen produzieren kann. Was das Verhältnis von Laufen und Roca betrifft, gibt es seit einigen Jahren eine verstärkte Annäherung zwischen der Laufen-Gruppe und dem Eigentümer Roca. Das liegt daran, dass viele Laufen-Mitarbeiter heute auch in der Roca-Gruppe sind und umgekehrt. Unser heutiger CEO Alberto Magrans war lange Jahre in der Schweiz und CEO von Laufen. Das war und ist natürlich eine gute Grundlage für die gemeinsame Fortentwicklung.
FORMFAKTOR: Hinter der SaphirKeramik steckt viel Entwicklungsarbeit. In welchen Bereichen forschen Sie?
Christian Schäfer: Wir ziehen sehr viel Wissen aus allem, was wir tun. Zum einen verbessern wir kontinuierlich unsere Produktionsprozesse. Das heißt, wir entwickeln auch Produktionstechniken und Tools. Das war zum Beispiel in den 80er-Jahren der Druckguss, dann eben die SaphirKeramik und jüngst der innovative Elektroofen. Den gab es ja nicht zu kaufen, sondern wir haben ihn von Grund auf selbst entwickelt. Wir haben die Notwendigkeit erkannt und schließlich gesagt, wir versuchen es. Insgesamt geht es dabei um ein ständiges Neuerfinden und Weiterentwickeln aller Dinge. Daran arbeiten wir jeden Tag.
FORMFAKTOR: Die Entwicklung des Elektroofens hat vier Jahre gedauert. Was waren dabei die Knackpunkte?
Christian Schäfer: Unser Ausgangspunkt war, dass es allgemein als nicht machbar galt. Heute wird hauptsächlich mit Gas produziert und diese Gasöfen sind fast hundert Meter lang. Die verwendeten Windturbinen erzeugen Windströme, die eine gleichmäßige Temperatur gewährleisten. Da bei Elektroöfen mit Strahlenwärme gearbeitet wird, galt es als nicht umsetzbar. Das war der Knackpunkt – also einen Weg zu finden, der es dennoch möglich macht. Nach der theoretischen Konzeptionsphase haben wir kleine Prototypen gebaut, getestet und dann den ersten großen Prototypen gebaut. Als wir nach dem 4-tägigen Hochfahren die ersten Stücke durchgeschickt haben, waren wir erstaunt, wie gut die Qualität war. Es gab überhaupt keine Qualitätsunterschiede.
FORMFAKTOR: Der Ofen soll mit erneuerbarer Energie betrieben werden. Woher beziehen Sie diese Energie?
Christian Schäfer: Parallel zum Tunnelofen arbeiten wir an einem holistischen Energiekonzept. Darin haben wir schon vieles erreicht. Zum Beispiel haben wir eine PV-Anlage bei uns im Werk, die mit 400 kW gestartet ist. Danach haben wir auf 1 MW erweitert und jetzt sind wir dabei auf 2 MW zu gehen. Das Ziel ist auf 4 MW aufzustocken. Der Ofen zieht in etwa 800 kW. Das heißt mit 2 MW können wir den Ofen schon gut betreiben. Aber natürlich nur dann, wenn die Sonne scheint. Deshalb kaufen wir schon jetzt grüne Energie zu, die etwas teurer ist, aber das können wir leicht abdecken. Das Ziel muss natürlich sein, wesentlich autarker zu werden, deswegen arbeiten wir an Gesamtkonzepten.
FORMFAKTOR: Noch einmal zur Forschung & Entwicklung – in welchen Bereichen gibt es hier Fortschritte?
Christian Schäfer: Hier muss man zwischen Produkten und Produktionstechnologien unterscheiden. In letzterem Bereich geht es um Nachhaltigkeit, um Autarkie, wie bereits erwähnt, und um das kurzfristige Ziel, Net-Zero zu werden, also komplett CO2-neutral. Wir haben immer noch einen kleinen Teil, wo wir CO2 ausstoßen, aber auch das möchten wir abschaffen. In Bezug auf Produkte spielt die Entwicklung der gesamten Gruppe eine Rolle. Wir expandieren sehr stark. Früher waren wir nur ein Keramikhersteller, heute sind wir mit Laufen, Roca und Alape ein Badkomplettanbieter. Jedes Segment für sich wird kontinuierlich weiterentwickelt. Das betrifft den Megatrend Nachhaltigkeit, aber auch die Produkteigenschaften. Dort haben wir zum Beispiel eine neue Keramikoberfläche entwickelt, LCCActive (Clean Coat active – Anm.). Das ist eine Versiegelung, die wir schon seit Jahren nutzen. Die wird eingebrannt, das heißt, sie ist nicht abwaschbar. Nun ist uns eine neue Mischung gelungen, die nicht nur antibakterielle Eigenschaften, sondern nachweislich auch antivirale Eigenschaften besitzt. Das haben unterschiedliche Institute überprüft und jetzt sind wir in Gesprächen mit Spitälern in Österreich. In diesem Bereich ist es ja so, dass viele Hersteller behaupten, sie hätten etwas Antivirales erfunden, aber letztlich steckt meistens nicht viel dahinter.
FORMFAKTOR: Welche Trends oder Neuheiten gibt es in ästhetischer Hinsicht?
Christian Schäfer: Derzeit sind Farben sehr aktuell. Das wird natürlich immer nur einen kleinen Teil ausmachen, aber dabei geht es vor allem um die Kombinationsmöglichkeiten mit Farben. Hier haben wir das Projekt mit Roberto Sironi laufen. Das ist ein Forscher aus Mailand, der sich mit der Herkunft von Farben beschäftigt. Er hat eine Farbpalette entwickelt, die wirklich erstaunlich ist, denn egal wie man sie kombiniert, die Farben passen immer zusammen. Das sind sehr Kunden getriebene Dinge, die wir zur Zeit stark forcieren. In Bezug auf die Technologie und wie sich der Markt entwickelt, haben wir vor einigen Jahren das Unternehmen Sanit gekauft. Das ist ein großer deutscher Hersteller für Spültechnik. Sie machen nicht nur unsere Spülkästen, sondern auch Vorwandgestelle für die Vorfertigung, die beim Bauen immer wichtiger wird. Hier gibt es schon einige Projekte, an denen wir dran sind.
FORMFAKTOR: Apropos Bauen: Die Bauwirtschaft in Deutschland schwächelt. Ich nehme an, das spüren auch die Badhersteller.
Christian Schäfer: Ja, natürlich spüren wir das. Aber ich glaube, wir müssen das in einen Kontext stellen, denn wir kommen aus einer sehr guten Zeit. Die letzten Jahre waren Rekordjahre. Dass das nicht ewig so weiter gehen konnte, war allen bewusst und ich glaube, jeder hat mit einer Korrektur gerechnet. Was uns überrascht, ist, dass die Korrektur bei uns in Österreich nicht ganz so stark wie in Deutschland ausgefallen ist. Das könnte aber auch der Größe des deutschen Markts geschuldet sein und den stärkeren Amplituden dort. Wir haben das in Österreich, vielleicht auch weil wir hier Marktführer sind, nicht ganz so stark gespürt, wie vielleicht einige unserer Mitbewerber. Hier bewahrheitet sich der Spruch, dass die Menschen in Krisenzeiten auf Nummer sicher gehen. Und das bedeutet, sie gehen zum Größten und greifen auf Produkte zurück, die schon seit vielen Jahren bekannt und bewährt sind. Das hat uns sicher geholfen.
FORMFAKTOR: Wie sieht die Situation der Branche im Hinblick auf Lieferketten-Probleme, Fachkräftemangel oder hohe Energiekosten aus?
Christian Schäfer: Ich glaube, wir hatten schon akutere Situationen, insbesondere bei der Energie. In Gmunden beispielsweise hatten wir ja nicht nur die CO2-Abgaben zu stemmen, sondern es gab auch den Konflikt Russland-Ukraine, wo wir zeitweise wirklich Angst hatten, kein Gas mehr zu bekommen. Das war eine sehr schwierige Situation. Aber es hat sich alles ein bisschen beruhigt. Spannungen gibt es noch im Bereich der Fachkräfte, weil wir in unserem Werk einfach gute Mitarbeiter brauchen – auch im Vertrieb und in der Administration. Andererseits betrifft uns das indirekt, wenn zum Beispiel die Installateure keine Fachkräfte haben. Wenn es niemand einbauen kann, werden wir auch nichts verkaufen. Das sind nach wie vor die Themen, aber vieles davon hat sich ein bisschen beruhigt. Ich denke aber, diese Herausforderungen werden uns noch lange begleiten. Deshalb sind wir in den Fachverbänden und als Industrie gefordert, mit guten Ideen Lösungen zu finden – natürlich ist auch die Politik gefordert.
FORMFAKTOR: Wenn es schwierig ist, neue Fachkräfte zu bekommen, muss man auf jeden Fall die vorhandenen halten …
Christian Schäfer: … in Gmunden versuchen wir die Tradition und sozusagen den Familienzusammenhalt zu bewahren. Ein Beispiel: Bei uns haben wir in einigen Positionen Mitarbeiter in der vierten Generation. Unser jetziger Produktionsleiter, Roland Holzinger, arbeitet in der dritten Generation, sein Vater und Großvater haben schon bei uns gearbeitet. Sein Großvater war sogar 1924, als der Spatenstich gemacht wurde, dabei. Auch sein Sohn arbeitet bei uns. Er ist Produktionsplaner und er wird langfristig den neuen Elektroofen übernehmen. Das sind Hightech-Maschinen und dafür brauchen wir Leute mit langfristigen Erfahrungen. Wir versuchen also ein Umfeld zu schaffen, damit die Menschen gerne bei uns bleiben.
Danke für das Gespräch!