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Soft- und Hardware-Abstimmung im Porsche Cayenne E-Hybrid

von Uwe Prenner
Porsche Cayenne E-Hybrid, 2024, © Porsche AG

Stabil und nahtlos funktionierende Software ist in modernen Automobilen ein Muss – nicht nur bei Elektroautos, wo Tesla die Nase noch immer vorn hat und die traditionellen Autobauer hinterherhecheln. Aber auch bei Verbrenner-Fahrzeugen ist die Software ein bestimmender Faktor und wird es immer mehr. Sie erlaubt nicht nur neue Funktionen, sondern trägt zunehmend zur Wertschöpfung bei. Ein Beispiel ist der neue Porsche Cayenne E-Hybrid, bei dem es den Entwicklern vor allem auf eine optimale Kombination und Abstimmung von guter Soft- und Hardware ankam. Die Fähigkeiten von TOP-Programmierern treffen hier auf das langjährige Knowhow der weltweit besten Auto-Ingenieure bei Porsche Engineering.

Da für eine herausragende Performance die Software immer wichtiger wird, hat Porsche Engineering den neuen Fachbereich „Fahrsystem“ gegründet, in dem Fachleute für Hard- und Software in den Bereichen Fahrwerk und Antrieb eng zusammenarbeiten. „Eine unserer zentralen Aufgaben ist die Systemintegration“, betont Eva-Verena Ziegahn, Leiterin des Fachbereichs Fahrsystem. „Dazu gehören die Implementierung von Code auf Steuergeräten sowie die Applikation und Absicherung neuer Funktionen. Der Cayenne zeichnet sich durch die hohe Spreizung von Fahrkomfort und Sportlichkeit aus. Dies wird beispielsweise bei der aktiven Wankstabilisierung durch eine innovative Software und Parametrierung sowie die Integration in das Gesamtfahrwerk erreicht. Dabei müssen wir die komplexen Wechselwirkungen im Fahrwerk berücksichtigen, wo Allradantrieb, Vorder- und Hinterachslenkung, Bremssystem und der elektrische Antrieb das Fahrerlebnis beeinflussen“, erläutert Ziegahn.

Ein Beispiel für ein gelungenes Zusammenspiel von Hard- und Software ist die Entwicklung von Dämpfern mit 2-Ventil-Technologie und separater Zug- und Druckstufe. Sie wurden von Porsche Engineering gemeinsam mit einem Lieferanten entwickelt und ermöglichen eine weitere Optimierung der Performance in allen Fahrsituationen. „Durch die neuen 2-Ventil-Dämpfer mussten die Reglerkomponenten geändert und neue Schnittstellen zur Basissoftware geschaffen werden“, erzählt Fabian Heitkamp, verantwortlicher Entwicklungsingenieur bei Porsche für die Elektronische Fahrwerksplattform (EFP). „Darüber hinaus konnten wir auch beim Steuergerät und der Basissoftware nur wenig vom Vorgängermodell übernehmen. Kurz gesagt: Kein Stein ist auf dem anderen geblieben.“

2-Ventil-Dämpfersystem, 2024, © Porsche AG
2-Ventil-Dämpfersystem, 2024, © Porsche AG

Virtuelle Methoden bringen Effizienz

Um den engen Zeitplan einzuhalten und die hohe Komplexität beherrschen zu können, prüften die Entwickler die neue Software, lange bevor das neue Steuergerät und die neue Basissoftware zur Verfügung standen. „Wir versuchen, die Kommunikation und das Zusammenspiel der verschiedenen Funktionen so früh wie möglich per Hardware-in-the-Loop (HiL) oder am Prüfstand zu testen“, erklärt Ziegahn. „Bei Porsche Engineering haben wir an unseren verschiedenen Standorten dafür ein internationales Team aufgebaut, das uns schon früh unterstützt – sowohl bei der Funktionsentwicklung als auch beim HiL-Testing.“ Wie wichtig solche Methoden sind, betont auch Michael Becker, Projektleiter Fahrwerk Cayenne bei der Porsche AG: „Wir hätten ohne diese Methoden gar keine Chance mehr, denn es ist unmöglich, eine Software-Version aufs Auto zu spielen und gleich damit loszufahren. Mit HiL-Tests können wir zum Beispiel prüfen, ob die einzelnen Software-Komponenten überhaupt zusammen funktionieren. Und wir dürfen nicht vergessen, dass es im Fahrwerk viele Punkte gibt, die gesetzesrelevant sind.“

Dank virtueller Methoden konnten die Entwickler schon in frühen Phasen viele Optimierungen vornehmen, sodass im späteren Entwicklungsprozess der Feinschliff an erster Stelle stand. Zu Beginn wurden Model-in-the-Loop-Tests (MiL) durchgeführt, bei denen das Verhalten der Matlab/ Simulink-Modelle untersucht wurde, aus denen später der Code generiert werden sollte. Dieser musste dann bei Software-in-the-Loop-Tests (SiL) beweisen, dass er den Anforderungen entsprach. Anschließend folgten Processor-in-the-Loop-Tests (PiL), bei denen der Code auf einem Mikroprozessor lief, der dem später im Steuergerät eingesetzten Modell sehr ähnlich war. Sobald das neue Steuergerät und die neue Basissoftware zur Verfügung standen, folgten Tests auf Hardware-in-the-Loop-Prüfständen.

Pulswechselrichter, 2024, © Porsche AG
Pulswechselrichter, 2024, © Porsche AG

Übergang Verbrenner-E-Motor

Neben dem neuen Dämpfersystem und der hybriden Bremse (hydraulisch und E-Motor) beschäftigte sich Porsche Engineering auch mit dem Pulswechselrichter (PWR) des neuen Cayenne. Hier kam es vor allem darauf an, den Übergang vom Verbrennungs- zum E-Motor für den Fahrer unmerklich zu gestalten und gleichzeitig die Leistung des Fahrzeugs zu steigern. Der neu entwickelte PWR zeichnet sich unter anderem durch eine variable Schaltfrequenz und unterschiedliche Modulationsverfahren aus, die je nach aktuellem Betriebspunkt optimiert werden.

„Das Cayenne-Projekt zeigt, wie wichtig eine systematische Systemintegration ist“, sagt Ziegahn. „Und es verdeutlicht, welche wichtige Rolle Simulationen heute in der Entwicklung spielen. Mit ihnen können wir vieles außerhalb des Fahrzeugs für die Integration vorbereiten und uns später auf den finalen Feinschliff konzentrieren. Nur so lässt sich die in den letzten Jahren rasant gestiegene Komplexität beherrschen.“



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