Home Architecture Radikaler sozialer Wohnungsbau in Barcelona gewinnt RIBA International Prize

Radikaler sozialer Wohnungsbau in Barcelona gewinnt RIBA International Prize

von Sebastian Zerlach

Das Royal Institute of British Architects (RIBA) hat Modulus Matrix: 85 Social Housing, ein Sozialwohnungsprojekt mit 85 Wohneinheiten in Holzrahmenbauweise, entworfen von Peris + Toral Arquitectes, zum Gewinner des RIBA International Prize 2024 ernannt. Der alle zwei Jahre verliehene Preis würdigt die weltbesten neuen Architekturprojekte.

Modulus Matrix ist ein ambitioniertes Wohnbauprojekt, das die Gestaltung und den Bau von Wohnhäusern neu definieren soll. Das sechsstöckige Gebäude wurde nach einem Auftrag der öffentlichen Einrichtung IMPSOL (Metropolitan Institut für Landentwicklung und Immobilienmanagement) errichtet und befindet sich in Cornellà in der Nähe von Barcelona.

Das Projekt ist von der Recherche der Architektin Marta Peris (Mitgründerin von Peris + Toral) zu den Filmen des japanischen Regisseurs Yasujirō Ozu inspiriert, in denen er sich mit Familie, Ehe und den Beziehungen zwischen Generationen befasst. Darauf aufbauend nimmt Modulus Matrix das Vorbild japanischer Häuser und Innenräume als Ausgangspunkt für ein modulares System von Räumen exakt gleicher Größe. Basierend auf dem Tatami-Mattenmodul von 3,6 m x 3,6 m bildet die Raummatrix das Gebäude, das dann um einen zentralen Gemeinschaftshof mit vier Erschließungskernen an jeder Ecke angeordnet ist.

Die Lockerheit der Anordnung unterscheidet dieses Gebäude von konventionellen Wohnhäusern. © José Hevia

Die 85 Wohneinheiten sind in vier Gruppen und insgesamt 18 Wohnungen pro Stockwerk unterteilt. Vier bzw. fünf Wohnungen sind um den Kern herum angeordnet, sodass alle über Querlüftung und doppelte Ausrichtung verfügen. Die Wohnungen bestehen aus fünf bzw. sechs Modulen, je nachdem, ob es sich um Einheiten mit zwei oder drei Schlafzimmern handelt. Die gitterartige Anordnung fördert Bewegung und Interaktion und schafft das, was die Architekten als „demokratisches Haus“ bezeichnen, ohne Hierarchie zwischen Wohn-, Ess- und Schlafräumen.

Küche als Zentrum

Das Gebäude ermöglicht sowohl die Anpassung an neue als auch an kulturspezifische Wohnformen – über die traditionelle Kernfamilie hinaus – und bietet Flexibilität sowie Anpassungsfähigkeit im Laufe der Zeit, da die Nutzung jedes Raums leicht geändert werden kann. Deshalb ist die Küche der zentrale Raum des Hauses. Genauso wie die Küche das Zentrum der Wohneinheit definiert, fungiert der zentrale Innenhof als Herzstück des Gebäudes insgesamt. Auch dies erleichtert die soziale Interaktion, da die oberen Stockwerke über Galerien mit Blick auf den Innenhof erreichbar sind, während sich durchgehende private Balkone um die Außenseite des Gebäudes ziehen.

„Wir sind sehr stolz auf das positive Feedback der Bewohner von Modulus Matrix. Einige waren unsicher hinsichtlich der Besonderheiten wie dem Eingang über eine Terrasse, einer offenen Küche in der Mitte des Hauses oder gleich großen Räumen ohne Flure, aber ihre Ansichten änderten sich, nachdem sie dort gelebt hatten“, erzählt Marta Peris und Jose Toral ergänzt: „Jetzt haben sie das Gefühl, dass diese Art des Wohnens besser zu ihren Bedürfnissen passt. Ihre Erfahrungen aus erster Hand geben wertvolle Einblicke in die Entwicklung des Wohnungsbaus auf der ganzen Welt.“

Durch seine architektonische Lockerheit ist das Gebäude flexibel sowie langlebig und stellt einen radikalen Ansatz für den sozialen Wohnungsbau dar. Peris + Toral haben einen Ort erschaffen, an dem die Menschen langfristig leben können und wollen.

International Emerging Award 2024

Neben dem internationalen Preis hat RIBA auch den Gewinner des International Emerging Architect Award 2024 bekannt gegeben. ARCity wurde für das Projekt Six Bricolage Houses ausgezeichnet. Das Projekt in der historischen Stadt Nantou in Shenzhen, China, beinhaltet eine kuratierte Reihe von sechs Häusern, die als bahnbrechendes Modell für die Stadterneuerung errichtet wurden, um den Bedarf der Gemeinschaft an Wohnraum zu decken und sich gleichzeitig sensibel in die alten Straßen des historischen Herzens der Stadt zu integrieren.


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