Wie Investigate Europe berichtet, untergraben EU-Regierungen sowie Norwegen, Großbritannien und die Schweiz Maßnahmen und selbst gesteckte Ziele zur Lösung der Klima-Krise mit der massiven Subventionierung von fossilen Brennstoffen. Jährlich sind dies unglaubliche 137 Milliarden Euro – mindestens.
Der EU-weite Spitzenreiter ist Deutschland. Die Bundesregierung unterstützt fossile Brennstoffe mit jährlich mindestens 37 Milliarden Euro. Darin enthalten sind Steuervergünstigungen für Flugbenzin, das Dieselprivileg sowie Förderungen für die energie-intensive Industrie. Die Klimapolitik der EU verlangt die Darlegung von Plänen, wie diese fossilen Subventionen abgeschafft werden sollen. Eine Analyse dieser Pläne durch Investigate Europe zeigt jedoch, dass trotz der Vorgaben der EU, fast alle EU-Regierungen keinen Plan haben oder vorlegen können, wie sie diese Subventionen abschaffen wollen. Auch zum Umfang der aktuellen fossilen Förderungen werden nur vage Angaben gemacht.
Die Milliarden-Subventionen fließen nicht nur in die Unterstützung von Dieseltreibstoff und Flugbenzin, sondern auch in die Vergabe von freien (kostenlosen) Zertifikaten für das europäische Emissionshandelssystem an die Stahl-, Zement- und Chemie-Industrie. In Summe sind dies 17,8 Milliarden Euro im Jahr. Die Recherche von Investigate Europe zeigt weiter, dass etwa ein Drittel der Summe auf nur 20 Firmen verteilt wird. Zum Beispiel erhielt der Stahlkonzern Arcelor Mittal 2019 Zertifikate im Wert von 1,7 Milliarden Euro frei zugeteilt.
Harald Schumann (einer der Journalisten von Investigate Europe) geht den Ursachen in einem Artikel im Tagesspiegel genauer auf den Grund. Er führt als Paradebeispiel einer „fundamentalen Fehlkonstruktion der europäischen Gesetzgebung“ die Förderung des Dieseltreibstoffs an. Ursprünglich als Wirtschaftsförderung für LKWs gedacht, setzte die Automobilbranche intensiv auf die Produktion von PKW mit Dieselmotoren. Weil Diesel billiger war. Das bewirkte einen Anstieg der Autokäufe bis 2015 auf mehr als 50, in Frankreich sogar auf über 70 %. Deshalb fahren viele Millionen Europäer*innen Autos, „die mit hohen Stickoxid-Emissionen die Luft in den Städten vergiften und den Klimawandel eskalieren“ lassen, schreibt Schumann. Gleichzeitig förderte dies den LKW-Transport über die Straße, anstatt mit der Bahn. Es handelt sich hier um jahrzehntelange klimafeindliche Politik, die noch immer weitergeht. Im Video von Investigate Europe „Dirty Subsidies: How Europa sabotages its climate goals“ ist die Rede von „Klima-Heuchelei“ – und das mit Recht.
Das Journalisten-Team von Investigate Europe hat eine Übersichtskarte erstellt, in der die jeweiligen fossilen Förderungen veranschaulicht werden. Dazu wurden direkte Subventionen mit Steuererleichterungen und -befreiungen, Infrastrukturinvestitionen für den fossilen Sektor sowie die kostenlosen Zuteilungen von Emissionsrechten addiert. Als Quellen wurden staatliche Informationen, Berichte der OECD, vom Climate Action Network oder von Think Tanks wie dem Deutschen Öko-Institut herangezogen. Da die Datenlage in manchen Staaten sehr dünn war, ist davon auszugehen, dass die Summe von 137 Milliarden Euro in Wirklichkeit höher ist.
Investigate Europe ist ein Team aus Journalisten in neun europäischen Ländern (Frankreich, Griechenland, Belgien, Großbritannien, Italien, Norwegen, Polen, Portugal und Deutschland). Das Ziel ist, nationale Perspektiven zu überwinden und eine gesamteuropäische Sicht auf relevante Themen zu erarbeiten. Es geht darum, Missstände auf europäischer Ebene aufzudecken. Der Vorteil eines länderübergreifenden Teams ist nicht nur die gemeinsame Recherche, sondern auch das gleichzeitige Veröffentlichen in mehreren Ländern und in verschiedenen Sprachen. Investigate Europe wird durch eine Reihe von Stiftungen, aber auch privaten Förderern finanziell unterstützt.
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