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Public Award der DDA für „wandernden“ Wald

von Markus Schraml
Bosk, Dutch Design Award 2023

Nachdem die diesjährigen Dutch Design Awards (DDA) im September bekannt gegeben wurden, war nun das Publikum am Zug, um den wichtigen Public Award zu bestimmen. Der Gewinner heißt Bosk, ein Projekt, das im Sommer 2022 das Stadtzentrum von Leeuwarden hundert Tage lang grüner gemacht hatte. Diese Initiative, die Teil der Kulturtriennale Arcadia war, schaffte es, dass über 1000 große und kleine Bäume durch die Innenstadt „wanderten“. Es war eine sich langsam bewegende Kunstinstallation, die dazu anregte, das Verhältnis von Mensch und Natur zu überdenken. Die Städte brauchen mehr Begrünung, könnte der Forderungssatz lauten.

Bosk war ein Mitmachprojekt. In den 100 Tagen legten die Bäume insgesamt 3,5 Kilometer zurück. Dies konnte auch durch die fleißige Mithilfe von Anwohnern und Passanten bewerkstelligt werden. Einen Effekt, den diese raffinierte Installation hatte, war die der Bereicherung durch mehr Grün bzw. des Verlusts, wenn die Bäume weitergewandert waren. Übrigens hatte sich die Gemeinde Leeuwarden im Vorfeld dazu verpflichtet, den Bäumen nach der Aktion ein dauerhaftes Zuhause zu geben. Das Projekt Bosk gewann bei den DDA auch die Kategorie „Habitat“.

„Bosk“ war nicht nur ein ökologisches Projekt, sondern auch ein soziales, das die Menschen in Leeuwarden zusammenbrachte. © Ruben van Vliet

Die Stimmen für den Public Award konnten in der Ausstellung zum DDA abgegeben werden, die im Rahmen der Dutch Design Week 2023 im Microlab stattfand. Der DDA wurde in den Kategorien Product, Communication, Habitat, Fashion, Data & Interaction, Design Research, Best Commissioning und Young Designer verliehen:

Müll und KI

Der Kategorie-Sieg „Product“ ging an „From the Himalayas“ von Super Local. Der Sagarmatha-Nationalpark in Nepal zieht jedes Jahr über achtzigtausend Besucher an. Dies führt zu enormen Abfallmengen. Super Local und Sagarmatha Next arbeiten gemeinsam am „Carry me back“-System. Dabei transportieren Anwohner und Touristen der Region tonnenweise Müll zurück nach Kathmandu, wo er recycelt wird. In der Kategorie „Communication“ gewann Modem. Das Büro für Design und Innovation hat eine Reihe von Forschungsarbeiten veröffentlicht, die die Auswirkungen der Digitalisierung auf verschiedene Aspekte unseres Lebens untersuchen. Modem deckt ein breites Themenspektrum ab, darunter den Einfluss von KI auf Design und die Beziehung zwischen KI und der Zukunft der Architektur. Die Arbeiten wurden in Zusammenarbeit mit unabhängigen Künstlern, Schriftstellern, Designstudios und Universitäten erstellt. Modem teilt seine Erkenntnisse auf einer eigenen Plattform und macht sie der Öffentlichkeit frei zugänglich.

Datenvisualisierung und Veranschaulichung

Mit „Voices from the Frontline“ gewinnen CLEVER°FRANKE die Kategorie „Data & Interaction“ bei den DDA. Die Agentur zeigt einmal mehr, wie umfangreiche Berichte in klare Datenvisualisierungen und Geschichte transformiert werden können. Im konkreten Fall ging es darum aufzuzeigen, inwieweit durch Klimaveränderungen Menschen in Afrika dazu gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen. Eine Auftragsarbeit für das Global Centre for Climate Mobility. Der Preis in der Kategorie „Design Research“ wurde an Carlijn Kingma für „The Waterworks of our Money“ verliehen. Es geht um das Veranschaulichen von Finanzsprache und Geldsystem. Denn wer diese nicht versteht, ist von einer gesellschaftlichen Debatte ausgeschlossen, die uns, wie etwa das Thema der steigenden Ungleichheit, alle betrifft. Deshalb hat die Kartografin Kingma – in Zusammenarbeit mit den Finanzökonomen Thomas Bollen und Martijn van der Linden – die Welt des Geldes mit Metaphern und architektonischen Illustrationen zugänglich gemacht. Wenn man Geld mit Wasser vergleicht, dann ist unser Währungssystem das Bewässerungssystem, das die Wirtschaft bewässert. Aber die Wasserwerke unserer Gesellschaft sind kein natürliches Phänomen. Wie sie aussehen, ist eine politische Entscheidung. Kingma visualisiert, wie unser Währungssystem funktioniert und skizziert Möglichkeiten für Reformen.

Carlijn Kingma macht die Welt der Finanz anschaulich. © Carlijn Kingma

Erbe und Rotterdamer Schafe

Der „Fashion“-Award ging an Tailors & Wearers. Die Plattform setzt sich für Bildung, Beteiligung und Präsentation afro-surinamischer Kostüme und Mode ein, wodurch dieses Erbe bewahrt wird. Durch Forschung, Aktivitäten und Bildungsprodukte bringt Tailors & Wearers Menschen zusammen. Die Kategorie „Best Commisioning“ gewann ROTTERDAM CIRCULAR x CHRISTIEN MEINDERTSMA für das Projekt „The Soft City“. Es ging dabei um die lokale Verwertung von Schafwolle. Im Großraum Rotterdam grasen rund 2.500 Schafe und sorgen so für „gemähtes“ Gras. Jedoch wurden die tausenden Kilos an Wolle, die sie produzieren, nicht genutzt, sondern verbrannt oder nach China verschifft. Die Stadt Rotterdam beauftragte Christien Meindertsma mit der Untersuchung, wofür denn Wolle dieser Qualität verwendet werden könnte. Das Ergebnis: Sie eignet sich für Decken, Pullover, Wollmützen, Polster und Schalldämmung. Mit Kreativität und Ausdauer umgesetzt, sorgte dieses Projekt letztlich dafür, dass die Menschen Rotterdams Schafwolle nun als Rohstoff und nicht als Abfall betrachten.

Bester Nachwuchsdesigner

Der „Young Designer“ des DDA 2023 ist Marcos Kueh. „Die Möglichkeiten für diesen jungen Designer scheinen endlos. Die Vielschichtigkeit seiner Arbeit ist beeindruckend, sowohl technisch als auch grafisch und in der Art und Weise, wie er sein Handwerk anwendet“, urteilte die Jury. Die Grundlage für dieses Handwerk findet sich zum Beispiel in Borneo. Dort haben die Menschen ihre Mythen und Geschichten in Textilien eingewebt und damit bestimmte Moralvorstellungen und Werte vermittelt. Kueh sieht seine Arbeit als eine zeitgenössische Version davon. Er verwendet Techniken aus verschiedenen südostasiatischen Ländern. In Kombination mit verschiedenen Maschinen, die er verwendet, sowie seiner Erfahrung mit unterschiedlichen Webstühlen, entwirft er ganz eigenen Textilien. Dabei sollen seine Arbeiten nicht nur schön sein, sondern auch eine relevante Geschichte erzählen.

Textilien mit Geschichten: Marcos Kueh greift mit seinen Textilien die Tradition des Geschichtenerzählens in Südostasien auf. Foto © Aaryan Sinha

Schließlich verlieh die Jury den BNO Piet Zwart-Preis an Karel Martens und begründet dies mit dem außergewöhnlichen Beitrag, den der Grafikdesigner für das Prestige des Designberufs geleistet habe.


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