Home Architecture Das Potenzial des Unvollkommenen

Das Potenzial des Unvollkommenen

von Markus Schraml
Peter Bauhuis

Welche Bedeutung hat das Unvollkommene, das Mangelhafte in Design und Architektur? Dieser Frage geht das Gewerbemuseum Winterthur mit der Ausstellung „Perfectly Imperfect“ nach (ab 24. November). Ist das Fehlermachen nicht essenzieller Bestandteil jeglichen kreativen Prozesses? Im Jahr 2018 lautete das Motto des Linzer Ars Electronica Festivals „Error – The Art of Imperfection“. Der künstlerische Leiter des Festivals, Gerfried Stocker, sprach in diesem Zusammenhang nicht von Fehlern, sondern von Abweichungen von der Norm. Solche Abweichungen (vor allem wenn sie bewusst erfolgen) stellen diese Norm infrage.

Das Mangelhafte weist auf zusätzliche Freiräume in der Gestaltung hin. Auch im Gewerbemuseum Winterthur spüren die Ausstellungsmacher den „Qualitäten des vermeintlich Fehlerhaften“ nach. Unter diesem Blickwinkel ist zum Beispiel das Vergängliche mit seiner Patina zu verstehen oder kleine Abweichungen im Produktionsprozess, die aus Objekten Unikate werden lassen.

Ein weiteres Thema ist die Frage nach dem ewigen Anspruch auf Perfektion und was überhaupt als perfekt anzusehen ist. Dabei gibt es auch Mängel, die, wenn sie konstruktionstechnischer Natur sind, gefährlich werden können. So erinnert sich Stardesigner Philippe Starck an seinen Vater, der Flugzeuge entwarf, was in selbst zur Erkenntnis führte, dass etwas wirklich funktionieren muss und dass man von der ersten Idee bis zu einem verkaufsfähigen Produkt lange daran zu arbeiten hat.

Das Mangelhafte kennt viele Spielarten und steht im Spannungsfeld zwischen Defekten, die schädigen und welchen die positive Auswirkungen haben. Die Ausstellung „Perfectly Imperfect“ stellt aber nicht nur Abweichendes in den Fokus, sondern denkt weiter und thematisiert auch das Reparieren von Dingen und die Wiederverwendung von Materialien, die zu neuen Lösungen führen können. Zudem haben die Organisatoren ein intensives Veranstaltungsprogramm zur Ausstellung erarbeitet. Es beinhaltet Führungen mit Kuratoren, Talks, Workshops, Lesungen und sogar ein Konzert.

Perfectly Imperfect – Makel, Mankos und Defekte, Gewerbemuseum Winterthur (Schweiz), 24. Nov. 2023 – 12. Mai 2024.


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