Home Mobility E-Automarkt bricht in Europa teilweise ein

E-Automarkt bricht in Europa teilweise ein

von Uwe Prenner
E-Car

Wie Strategy&, die globale Strategieberatung von PwC berichtet, ist der Absatz von reinelektrischen Fahrzeugen (BEVs) im ersten Quartal 2024 erstmals seit Anfang 2023 in den Ländern Deutschland (um 14 %), Italien (um 19 %), Spanien (um 16 %) und Österreich (um 4 %) zurückgegangen. Dies zeigt der „Electric Vehicle Sales Review“ von PwC Autofacts® und Strategy&, in dem die Neuzulassungszahlen in weltweit 20 ausgewählten Märkten ausgewertet werden. Global gesehen sei der weltweite Hochlauf der Elektromobilität jedoch ungebrochen, denn der wuchs im ersten Quartal 2024 um 19 % im Vergleich zum Vorjahresquartal. In Frankreich legte der BEV-Absatz um 23 % zu, in Großbritannien um 11 %. Mit insgesamt mehr als 84.000 verkauften BEVs zog Großbritannien damit an Deutschland als bisherigem Spitzenreiter vorbei.

Wieder mehr Verbrenner verkauft

In den fünf größten europäischen Absatzmärkten Deutschland, Italien, Spanien, Großbritannien und Frankreich wurden insgesamt wieder mehr Verbrenner als Elektroautos verkauft. Grund für die eingebrochene BEV-Nachfrage sind unter anderem fehlende oder reduzierte Kaufprämien und Anreize, so die Schlussfolgerungen der Autoren der Studie. Schließlich könnten wohl auch gemachte Erfahrungen mit E-Autos, die die Nutzung unpraktisch bzw. nur in bestimmten Lebenssituationen als sinnvoll erscheinen lassen, ein Mitgrund sein. Dass die E-Mobilität nicht komplett abschmierte, lag laut der Untersuchung an den Plug-in Hybriden. Diese würden einen „zweiten Frühling“ erleben und zogen im ersten Quartal 2024 mit globalen Wachstumssprüngen von 57 % (PHEVs) und 11 % (Hybride) an den reinen Stromern vorbei.

Europa vs. China

„Die europäischen Autobauer stehen weiterhin von mehreren Seiten unter Druck. Einerseits lahmt die Elektrotransformation in wichtigen Heimatmärkten, gleichzeitig greifen die chinesischen OEMs genau dort an, was sich auch durch Zölle langfristig kaum verhindern lässt. Die europäischen Hersteller können also nur mit überzeugenden Fahrzeugen kontern. Gerade die deutschen Autobauer haben dabei inzwischen verstanden, dass sie nicht nur das Luxussegment verteidigen, sondern auch im hochvolumigen Einstiegssegment punkten müssen“, so die Einschätzung von Johannes Schneider, Partner bei Strategy& Österreich.

In Bezug auf Österreich betont Schneider, dass der BEV-Markt vor allem im Vergleich zum starken Wachstum im Vorjahr „Federn lassen musste“. Dabei verhinderte das Comeback von Hybriden, dass der gesamte österreichische E-Auto-Markt ins Minus rutschte. Hybride legten um 18 % zu – und machen mit 24 % den höchsten Marktanteil aus. „Durch die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten und anhaltende Inflation sind Konsumenten zurückhaltender geworden, obwohl die Förderungen für E-Autos hierzulande im Gegensatz zu anderen Ländern wie Deutschland und Frankreich verlängert wurden“, betont Schneider. Dennoch brauche es neben einem schnelleren Ausbau der Lade-Infrastruktur stärkere Anreize, um einen noch drastischeren Einbruch der Nachfrage zu verhindern.

Tesla führt die Rangliste an

Das weltweit meistverkaufte batteriebetriebene E-Auto ist nach wie vor das Model Y von Tesla. Davon wurden im ersten Quartal 2024 am europäischen Markt (Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien) rund 21.000, in den USA rund 97.000 und in China rund 100.000 Exemplare verkauft. Zu den Top-3 der beliebtesten BEV-Modelle in Europa zählen auch der um fünf Plätze nach oben gekletterte Peugeot E-208 mit rund 11.000 verkauften Fahrzeugen sowie das Tesla Model 3 mit 10.000 verkauften Exemplaren.

Wichtigster Treiber der globalen Mobilitätswende bleibt China. Dort wuchs der gesamte E-Auto-Absatz mit 31 % im ersten Quartal 2024 deutlich stärker als der Gesamtmarkt, der um 6 % zulegte. Während reine Stromer ein Absatzplus von 15 % verzeichneten, stiegen die Verkäufe von PHEVs um enorme 77 %. Auch in China stellen PHEVs damit die bevorzugte Zwischenlösung dar.

Vom Nettoexporteur zum Nettoimporteur

Die PHEV-Ausfuhren aus China schossen um 160 % in die Höhe, die BEV-Exporte stiegen um 7 % und der Gesamtexport aller Antriebsarten wuchs um 33 %. Die chinesische „Exportschwemme“ betrifft dabei nicht nur E-Autos, sondern auch Vorprodukte für die in Europa wachsende Batteriezellproduktion. Dadurch hat sich das Handelsdefizit der EU für Lithium-Ionen-Batterien zwischen 2018 und 2023 von 4,7 Mrd. auf 20,0 Mrd. US-Dollar mehr als vervierfacht. Als Konsequenz könnte Europa bei der Gesamtbetrachtung von Autoteilen und Batteriezellen bereits im kommenden Jahr vom Nettoexporteur zum Nettoimporteur werden und ein Handelsdefizit von 37,1 Mrd. US-Dollar aufweisen.

Elektrofahrzeughersteller in Europa und den USA richten ihr Augenmerk nun auch auf das B-Segment, das bisher von Modellen mit Verbrennungsmotor dominiert wurde. Problem dabei sind die hohen Batteriekosten. Quelle Grafik: S&P Global Mobility Light Vehicle Production forecast, April 2024 Release © Strategy&

„Wir beobachten, dass sich der Konkurrenzkampf in China kontinuierlich verschärft. Einerseits führt das zwangsläufig zu Konsolidierungen, andererseits beschleunigt der Wettbewerbsdruck technische Innovationen, die in der aktuellen Phase des Marktes unentbehrlich sind, um nach den First-Movern auch Kunden aus dem Mainstream für E-Mobilität zu begeistern. Schließlich interessieren sich diese neben Umweltaspekten vor allem für Ausstattung, Zuverlässigkeit und den Preis“, weiß Günther Reiter, Automotive Leader bei PwC Österreich. „Die chinesischen Hersteller haben das erkannt und drängen mit LFP-Batterien auf den europäischen Markt. Die LFP-Batterien sind den Batterietypen, mit denen die europäische Konkurrenz arbeitet, zwar bislang in Sachen Ladegeschwindigkeit oder Wetterfühligkeit unterlegen, dafür aber deutlich günstiger. Durch Innovationen schließen sie nun aber zu den teureren Batterien auf und werden dadurch vor allem für die unteren Segmente interessant.“

Diese Entwicklung wird die europäischen Autobauer noch zusätzlich unter Druck setzen, vermutet Reiter. Ein kleiner Hoffnungsschimmer fällt auf das Thema Batterien, denn in diesem Bereich könnte sich langfristig das Handelsdefizit durch Batterierecycling und engere europäische Wertschöpfungsketten in der Batterieproduktion wieder entspannen.



Weitere TOP-Artikel

-
00:00
00:00
Update Required Flash plugin
-
00:00
00:00