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Mit Digitalisierung durch die Krise

von Markus Schraml
ATP BIM Corona-Krise

Durch die Coronavirus-Krise bekam die digitale Welt schlagartig größere Bedeutung. Es zeigt sich aber auch, wie stiefmütterlich die Möglichkeiten des Internets in vielen Branchen bisher behandelt wurden. Zwar gab es E-Mail, gemeinsame Server oder Websites, doch letztlich waren diese Kommunikations- und Arbeitstools nur ein Zusatz zum eigentlichen, viel wichtigeren direkten Kontakt mit Kunden und Partnern. Das hat sich nun radikal geändert und die digitalen Werkzeuge wurden zu Hauptakteuren. Auch in der Architektur schöpften viele Büros die Möglichkeiten der digitalen Planung in der Vergangenheit nicht aus. Diejenigen, die es taten, haben nun enorme Vorteile, wenn die Arbeitsprozesse durch die Krise umgestellt werden müssen.

Das führende Büro für Integrale Planung ATP architekten ingenieure in Innsbruck gehört dazu, denn das 1951 gegründete Unternehmen arbeitet seit Langem mit „Building Information Modeling“ (BIM). Durch diese digitale Planungsmethode gelang es ATP innerhalb kurzer Zeit, fast den gesamten Planungsbetrieb auf Home Office umzustellen. Der Grund dafür liegt darin, dass Home-Office-Workstations bei ATP längst zum Arbeitsalltag gehören. Die IT-Teams von ATP konnten so alle österreichischen und süddeutschen Standorte schnell umrüsten. Es musste wenig geändert werden, um Hunderte Remote-BIM-Arbeitsplätze über das Internet mit den Büro-Servern zu verbinden und weiterhin eine enge Zusammenarbeit zu gewährleisten. Grundsätzlich funktioniert BIM als „digitaler Zwilling“, mit dem integral vernetzt über alle Fachbereiche hinweg geplant werden kann. Das zukünftige Gebäude existiert sozusagen schon vorneweg mit all seinen Eigenschaften in der Cloud. Auch wenn die gewohnte Bürokultur nun wegfällt, ändert dies an den wichtigen Arbeitsabläufen wenig.

ATP-CEO Christoph M. Achammer sieht durch die Erfahrung mit der Planung im virtuellen Raum in der jetzigen Situation Vorteile für sein Unternehmen: „Interessanterweise erweist sich gerade in diesen gesellschaftlich äußerst schwierigen Zeiten die mit BIM einhergehende – von manchen Seiten bisweilen noch kritisch betrachtete – Digitalisierung als großer Nutzen.“ Das Erkennen der Vorteile und Möglichkeiten der Digitalisierung wird zu nachhaltigen Veränderungen führen. Ob und wie sich die Arbeitswelt aufgrund der Coronavirus-Krise generell wandelt, kann nur schwer prognostiziert werden, doch gewisse Verschiebungen, die sich nach der Krise ergeben werden, sind schon absehbar: „Mit Sicherheit haben wir alle gelernt, kostbare Zeit, die wir für nicht notwendige Reisen opfern mussten, einzusparen – ohne den notwendigen Dialog zwischen allen Stakeholdern zu reduzieren. Im Gegenteil: Ich denke, dass wir in der Vorbereitung unserer Kommunikation zu höherer Disziplin gezwungen sein werden und damit effizienter gemeinsame Ergebnisse erzielen werden können“, meint Achammer. Eine Videokonferenzanlage könne den persönlichen Kontakt niemals ersetzen, glaubt Achammer, aber diese Kontakte würden in Zukunft reduziert werden und dadurch einen höheren Stellenwert erhalten. Außerdem denkt der ATP-CEO, dass sich die derzeitige Krise auf die Stadtentwicklung auswirken wird. „Die Entzerrung hypertropher, nicht notwendiger Konzentrationen und die Verringerung von Distanzen zwischen Arbeitsplatz und Wohnort werden große Auswirkungen auf die weitere Stadtentwicklung haben. Die sinnvolle Verknüpfung von zukünftiger Mobilität und sparsamer Nutzung von Grund und Boden wird hier die zentrale Aufgabe der nächsten Generation sein“, sagt Achammer.

Probleme, die sich jetzt offenbaren – etwa globalisierte Lieferketten – werden zum Umdenken führen, hoffen Trend- und Zukunftsforscher. Sie glauben, dass die Coronavirus-Krise insgesamt einen starken Einfluss auf eine Entwicklung in Wirtschaft und Gesellschaft haben wird, die gerechter und nachhaltiger ist. Pessimistische Stimmen gehen hingegen davon aus, dass die Menschen (jedenfalls die Mächtigen) wieder nichts gelernt haben werden und genau so weitermachen, wie zuvor. In welche Richtung der Zukunfts-Zug fährt, wird maßgeblich davon abhängen, wie die Coronavirus-Krise weiter verläuft. Jedenfalls werden sich Veränderungen nicht schon in ein paar Monaten zeigen, sondern sehr viel länger auf sich warten lassen, denn der Same des bisher Undenkbaren muss erst einmal aufgehen.


 

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