Set-Designer von Science-Fiction-Filmen müssen Umgebungen erschaffen, die noch niemand zuvor gesehen hat, gleichzeitig dürfen sie nicht zu weit vom Erfahrungshorizont der Zuschauer entfernt sein. Das völlig Neue (das natürlich aus Elementen der Gegenwart besteht) und das Vertraute gehen in Geschichten der Zukunft eine eigenwillige Verbindung ein. Letzteres wird oft dadurch erreicht, dass die Filmsettings nicht zu 100 % neu gebaut werden, sondern, dass mitunter außergewöhnliche Möbel aus der Jetztzeit oder aus vergangenen Jahrzehnten verwendet werden. Bekannte Beispiele sind etwa der Barcelona Chair von Mies van der Rohe (Hersteller Knoll) der neben vielen anderen Filmen auch in Tron: Legacy (2010) eingesetzt wurde (übrigens war dort ebenso der Eames Lounge Chair zu sehen). Oder das DS600 Sofa von De Sede, das das Szenenbild von RoboCop (1987) auffrischte.
Mid-century Futurismus
Die Filmgeschichte zeigt, dass vor allem Möbel der 1950er- und 60er-Jahre perfekt in Sci-Fi-Filme und -serien passen. So kommt in der originalen 60er-Serie „Raumschiff Enterprise“ der Tulip Chair (1955, Knoll) von Eero Saarinen vor. Berühmt ist der Einsatz des Djinn Chair (1965, Airborne) von Olivier Mourgue in „2001 – Odyssee im Weltraum“ (1968). Der Charakter von Möbeln aus dieser Zeitperiode war nicht nur bei Zeitgenossen beliebt, sondern auch später wurden derartige Stücke eingesetzt. Das dann retro-futuristische Flair von Henrik Thor-Larsens Ovalia-Sessel (1968) eignete sich perfekt für die Ausstattung von „Men in Black“ (1997, 2002), wo übrigens auch Eero Aarnios Tomato Chair (1971) zu sehen ist. In der Sci-Fi-Komödie „Mars Attacks! (1996) begleitete die allgemeine Heiterkeit der Ball Chair (1963) von Eero Aarnio. Im Filmhit „Matrix“ griffen die Ausstatter sogar auf die historischen Chesterfield-Sessel zurück, um die vorgegaukelte Welt der Matrix zu erschaffen.
Sci-Fi und Designklassiker im Vitra Schaudepot
Im Vitra Design Museum (Schaudepot) läuft noch bis zum 11. Mai 2025 die Ausstellung „Science Fiction Design. Vom Space Age zum Metaverse“. Der argentinische Künstler und Designer Andrés Reisinger hat für die Präsentation von über 100 Sammlungsobjekten eine futuristische Bühne kreiert. Der Bogen wird vom frühen 20. Jahrhundert über die 1960er- und 70er-Jahre bis hin zum virtuellen Metaverse gespannt. Die Ausstellungskuratorinnen Susanne Graner und Nina Steinmüller sprechen von einem Dialog zwischen Science-Fiction und Design. Gezeigt werden unter anderem der Orgone Chair (1993) von Marc Newson, der in „Prometheus“ (2012) Verwendung fand oder Stücke von Gae Aulenti, Joe Colombo und Verner Panton.
Neue Sci-Fi Requisiten
Eines der in Filmen meistverwendeten Designs ist Fabio Novembres „Nemo“-Sessel. Die Kreation in Form eines antiken Gesichts fasziniert Filmemacher und Setdesigner seit 2010 immer wieder. Die gleiche Begeisterung scheinen Filmschaffende der US-amerikanischen Designerin Felicia Ferrone entgegenzubringen. Denn die Liste der Filme und Serien, in denen ihre wundervollen Gläser eingesetzt werden, ist lang und äußerst prominent. Einige Beispiele: Serie Star Wars: Andor (2022, May Collection), Foundation-Serie (Apple TV, 2021, Tulip Collection), Solo: A Star Wars Story (2018, Tulip Collection), Alien: Covenant (2017, Tulip Collection), Westworld (2016, The Revolution Collection), Oblivion (Tom Cruise, 2013, The Revolution Collection) oder Stranger Things (2016, Dearborn Collection).
Schließlich finden sich auch Designs österreichischer Gestalter in filmischen Großproduktionen. Ein Beispiel ist die Verwendung von Martin Mostböcks „The Edge.01“-Leuchte in „Guardians of the Galaxy“. Mostböck meint, das sei reiner Zufall gewesen: „Die Filmausstatter des Films haben meine Möbel im Internet gesehen, mich kontaktiert und gefragt, ob sie die The Edge.01-Lampe für den Film verwenden dürfen. Die war damals noch im Prototypen-Stadium, deshalb habe ich zwei Muster in Dunkelgrau-anthrazit bauen lassen. Zunächst war sie als Leihgabe gedacht, aber dann haben sie sie doch gekauft, weil das Verschicken sehr teuer ist. Übrigens wurde nicht nur die Lampe im Film verwendet, sondern auch mein Name im Abspann genannt – ganz zum Schluss.“