Theaster Gates wird den diesjährigen Vincent Scully Prize erhalten, wie das National Building Museum in Washington D.C. (USA) letzte Woche bekannt gab. Der 1999 ins Leben gerufene Scully-Preis würdigt herausragende Leistungen in Praxis, Wissenschaft oder Kritik in den Bereichen Architektur, Denkmalpflege und Städtebau. Der Künstler und soziale Innovator Gates schließt als 25. Preisträger an Persönlichkeiten wie Dolores Hayden, Mabel O. Wilson, Elizabeth Meyer oder Robert Campbell an.
„Gates‘ global tätiges Studio mit Sitz in Chicago übersetzt die Komplexität des Schwarzseins in Raumtheorie und Landentwicklung, Skulptur und Performance. Durch die Weitläufigkeit seines Ansatzes als Denker, Maker und Baumeister erweitert er die Rolle des Künstlers als Akteur des Wandels“, schreibt das Museum in einer Aussendung. Gestützt auf sein Interesse und seine Ausbildung in der Stadtplanung und -erhaltung wiedererweckt Gates Orte, die verweist sind.
Theaster Gates wurde von ArtReview zweimal als einer der 100 einflussreichsten Menschen in der Kunstwelt ausgezeichnet. Zu seinen Leistungen gehört die viel gelobte Entwicklung eines neuen Modells der Land-Art sowie von Gemeinschaftsinvestitionen. „Theasters Arbeit steht ganz im Geiste der Wissenschaft von Vincent Scully und verbindet Kunst, Architektur und Städtebau“, sagte Aileen Fuchs, Präsidentin und Geschäftsführerin des National Building Museum. „Sein bahnbrechender Ansatz zur Erhaltung der Kultur und zum Aufbau von Gemeinschaften passt sehr gut zu den institutionellen Säulen der Innovation und Gerechtigkeit des Museums und wir freuen uns, seine Leistungen und seinen Einfluss mit dieser Auszeichnung zu würdigen.“
Gates ist vor allem für seine originelle Sichtweise auf Kunst und gesellschaftliche Entwicklung bekannt. Durch unterschiedlichste Kreationen und Interventionen erforscht seine Arbeit die Kultur der schwarzen Bevölkerung aus verschiedenen Blickwinkeln.
Gates, der Sammler
Zu Gates‘ herausragendsten Initiativen gehört der Erwerb des legendären Prairie Avenue Bookshop Archive in Chicago 2009. Er kaufte 14.000 Bände und verlegte sie in ein renoviertes Haus. Anschließend besorgte er 60.000 Glas-Diapositive von der Abteilung für Kunstgeschichte der University of Chicago und 10.000 LPs von Dr. Wax, einem Plattenladen in der Nachbarschaft. Seine stetig wachsenden privaten und öffentlichen Sammlungen umfassen mittlerweile die Plattensammlung des Olympioniken Jesse Owens, der Töpferin und Keramikerin Marva Lee Pitchford-Jolly und des persönlichen Musikarchivs des Paten der House Music Frankie Knuckles. Zudem über 15.000 Objekte aus den Büros der Johnson Publishing Company, darunter Bücher, Zeitschriften, Ephemera, Gemälde und Skulpturen sowie eine Sammlung von etwa 4.000 „Negrobilien“, die stereotype Aufnahmen von Schwarzen von Ana und Ed J. Williams beinhaltet. Dadurch, dass aufgrund der Digitalisierung das traditionelle Mediensammeln immer obsoleter wird, setzt sich Gates dafür ein, diesen Objekten ein neues Leben zu schenken, um den Wert und die Geschichten, die sie vermitteln, wieder zu verstärken.
Im Jahr 2010 gründete Gates die Rebuild Foundation, eine gemeinnützige Plattform für Kunst, kulturelle Entwicklung und Nachbarschaftsumgestaltung, die Künstler unterstützt und Gemeinschaften durch kostenlose Kunstprogramme sowie kulturelle Einrichtungen im Stadtteil Grand Crossing im Süden von Chicago fördern soll. Durch seine Stiftung hat Gates mehr als 40 Gebäude vor dem Verfall gerettet. Er entwickelt aktiv ein Netz von kulturellen Räumen, die die Schönheit und das Talent des Südens von Chicago demonstrieren sollen.
Darüber hinaus haben die National Museums Liverpool kürzlich eine überarbeitete Version der Neugestaltung der Uferpromenade der Stadt unter der Leitung des Architekten Asif Khan und des Künstlers Theaster Gates enthüllt. Nicht zuletzt ist der berühmte Künstler vor allem für die Gestaltung des 21. Serpentine Pavilion, Black Chapel, bekannt.
Die öffentliche Feier zur Übergabe der Auszeichnung an Theaster Gates findet am Freitag, 3. November 2023 im National Building Museum statt.
Vincent Scully
Der Vincent Scully Prize ist nach dem angesehenen Professor Vincent Scully benannt, der für viele Menschen in allen Baudisziplinen eine maßgebliche Inspiration gewesen ist. Scully war emeritierter Sterling-Professor für Kunstgeschichte an der Yale University und Gastprofessor an der University of Miami. Mehr als vier Jahrzehnte lang beeinflussten seine Lehrtätigkeit und seine Wissenschaft bedeutende Architekten und Stadtplaner.