In der Ausstellung NENDO SEES KYOTO (die Anfang des Jahres zu sehen war) versammelte das japanische Designstudio sieben Werke, die in Zusammenarbeit mit traditionellen Handwerkern und Ateliers in Kyoto entstanden sind. Diese höchst spannende Arbeit, die Einblick in die jahrhundertealten Handwerkstraditionen Kyotos gibt, fand außerhalb Japans leider kaum Beachtung.
Gezeigt wurden die innovativen, gleichwohl erlesenen Stücke im Ninomaru-goten Palast der Nijo-jo Burg. Des Weiteren kreierten Oki Sato und sein Team eine Installation im Kiyomizu-dera Tempel, die vom Kyodo-Saal und dem Sai-mon (Westtor) des 1.200 Jahre alten Tempels inspiriert ist. Das Projekt lag CEO und Chefdesigner Oki Sato offensichtlich sehr am Herzen. Vor allem die Kooperation mit den Handwerkern in Kyoto dürfte ein erhellendes Erlebnis gewesen sein. Teilweise tauchten die Kreativen für diese Arbeit tief in die spirituelle Welt Japans ein. So war die koumyo-Ausstellung im Kiyomizu-dera Tempel von der unsichtbaren Energie, die dennoch greifbar ist, wie sie im japanischen Buddhismus vorkommt, inspiriert. Analog dazu beschäftigte sich Nendo mit der kontaktlosen Energieübertragungstechnologie, die es ermöglicht, Geräte ohne sichtbares Kabel aufzuladen. Die Idee war, Leuchten zu entwerfen, die diese Technologie verwenden und dadurch eine unsichtbare Kraft sichtbar zu machen. In Zusammenarbeit mit dem Start-up Space Power Technologies der Universität Kyoto wurde Wireless Power Transfer (WPT) verwendet, eine Technologie der nächsten Generation, die Elektrizität in Mikrowellen umwandelt, die mehrere Meter übertragen werden können. So leuchten die LEDs ohne Verkabelung.

Der Blick in den Himmel
Um die Praxis des Nissoukan, einer buddhistischen Meditationsmethode, ging es in der Installation, die am Westtor des Kiyomizu-dera Tempel errichtet wurde. Denn genau hier beteten früher angeblich die Mönche, weil der Blick auf Kyoto in der Abenddämmerung so schön war. Heute dürfen Besucher dieses Tor nicht mehr betreten und nur noch bis zur Mitte der Treppe gehen. Das führte zur Idee, den Menschen ein Gefühl für die ursprüngliche Funktion des Westtors zu vermitteln. Jede der 38 Stufen wurde mit einem Spiegel bedeckt. Der Winkel jeder Stufe wurde durch wiederholte digitale Simulation sowie Vor-Ort-Erprobungen bestimmt. Letztendlich sorgte ein interner Mechanismus zur Feineinstellung dafür, dass die Installation nahezu nur den Himmel reflektiert – keine umliegenden Gebäude, keine Besucher. So konnte man den Blick auf den Himmel genießen, ohne auf das Westtor hochzusteigen.
Kyoto Handwerk – Nendo Design
Die sieben Werke, die Nendo in Zusammenarbeit mit Handwerkern und Ateliers in Kyoto verwirklicht hat, sind sehr unterschiedlicher Natur. Die Palette reicht von kleinen Felsen, wie sie in der japanischen Gartengestaltung vorkommen und deren Aussehen mit Kiefernholz nachgeahmt wurde über Gefäße aus Titan, die vom Chagama (Eisenkessel für die Teezeremonie) inspiriert sind bis hin zu Raku-Tonschalen, die in verschiedenen Flüssigkeiten langsam getränkt wurden.
yuikou – die Räucherstäbchen
Bemerkenswert ist ein Stück, das in Kooperation mit Shoyeido Incense Co. entstanden ist, einem traditionellen Kyotoer Unternehmen, das seit 300 Jahren Weihrauch produziert. Nendo entwarf für Shoyeido neue Räucherstäbchen mit sieben unterschiedlichen Düften, in sieben verschiedenen Farben und vier verschiedenen Formen. Jedes Räucherstäbchen ist so konzipiert, dass es etwa fünf Minuten lang brennt. Zudem können die einzelnen Stäbchen miteinander verknüpft werden, sodass sich Düfte vermischen bzw. sich die Aromen abwechseln.
Auch ein Räuchergefäß aus japanischer Zypresse wurde entworfen. Das Gefäß ist mit Räucherasche gefüllt und der Deckel kann in die Asche gedrückt werden, wodurch ein wellenförmiges japanisches Muster entsteht. Es gibt mehrere Arten von Mustern, darunter Saya (ineinandergreifendes Manji), Seigaiha (Wellen), Ichimatsu (kariert), Shippo (ineinandergreifender Kreis) oder Asa-no-ha (Hanfblatt). Die Weihrauchstäbchen werden auf die Asche gelegt und angezündet. So ergibt sich neben der Dufterfahrung auch ein visuelles Erlebnis.
hyouri – spielerische Papierlaternen
In einer weiteren Arbeit befasste sich Nendo mit Kyoto-Papierlaternen und arbeitete dafür mit Kojima Shouten zusammen, einem Unternehmen, das seit Mitte der Edo-Zeit (1603 – 1868 n. Chr.) diese handgefertigten Laternen herstellt. Es sind solide, langlebige Produkte. Dieser Solidität fügten die Designer einen gegenläufigen spielerischen Aspekt hinzu.
Für Kyoto-Laternen wird ein einzelner Bambusstreifen zu einem Ring geformt. Die Enden werden mit Washi-Papier fixiert, die Schlaufen in eine Holzform eingepasst und schließlich mit einem Faden verbunden. Anstatt die Schlaufen fest aneinanderzubinden, ließen die Designer allerdings etwas Spiel dazwischen. Dadurch ergab sich die Möglichkeit, die Laterne umzustülpen. Insgesamt wurden zehn Designs entworfen: Laternen, die Teile von sich selbst zu verschlucken scheinen, einige sind dreifach verschachtelt und mache Einstülpungen reichen sogar bis ans andere Ende.