Unter der schwierigen Situation der globalen Wirtschaft, die weiter anhält, leidet auch der österreichische Einrichtungsfachhandel. Der Verband SERVICE&MORE, Dienstleister für mittelständische Unternehmen im Einrichtungssektor in Österreich, gab nun seine Einschätzung der aktuellen Situation und Aussichten für 2024 bekannt. Demnach brach laut Statistik Austria der Umsatz der Sparte Möbel, Heimwerkerbedarf und Elektrowaren im Jahr 2023 um 11,5 % ein. Ein Großteil dieses Umsatzrückganges sei auf die geringe Nachfrage im Möbelhandel zurückzuführen.
„Die letzten Jahre stellten für den Einrichtungsfachhandel eine große Herausforderung dar. Nach starken Umsätzen in der Pandemiezeit von Anfang 2020 bis Anfang 2022 riss die Kundenfrequenz in der Branche im dritten Quartal des vergangenen Jahres teils fast komplett ab und erholte sich erst gegen Ende des vierten Quartals allmählich wieder“, sagt Mag. Christian Wimmer, Geschäftsführer von SERVIVE&MORE. „Die Rekordinflation und hohe globale Unsicherheit entfalteten hier ihre volle Wirkung und die Branche spürte auch das Fehlen des in die Corona-Zeit vorgezogenen Umsatzes stärker als andere Wirtschaftsbereiche.“
Bei SERVICE&MORE, der größten Einkaufs- und Dienstleistungsorganisation für KMUs im österreichischen Einrichtungsfachhandel, zeigt man sich dennoch optimistisch und hofft auf moderaten Aufwind in den nächsten Jahren. „Im Bereich der Anfragen sind wir vorsichtig optimistisch, dass wir die Talsohle erreicht haben und das Volumen allmählich langsam zunehmen wird … In Summe erwarten wir, dass das laufende Jahr wirtschaftlich noch schwächer wird als das Jahr 2023. Ab 2025 rechnen wir dann mit einem vernünftigen Wachstum.“
Dabei hofft Wimmer auf einen gemächlichen und keinen abrupten Aufwind. „Wir alle wissen, dass eine Talfahrt irgendwann ein Ende hat. Die Frage ist aber, wie steil der darauffolgende Aufstieg ist. Hier ist Vorsicht geboten, denn wenn eine Zeit lang wie aktuell nach wie vor in Österreich zu wenig gebaut worden ist, die Wohnungseinheiten aber dringend gebraucht werden und auch das Thema Renovierung lange aufgeschoben wird, kann es zu einer brenzligen Situation kommen“, meint Wimmer.
Abwanderung und Halten von Mitarbeitern
Durch Zahlungsunfähigkeiten der Großflächen-Anbieter kika/Leiner im vergangenen Jahr und jüngst auch Interio haben Tausende von Menschen ihren Arbeitsplatz verloren. Diese werden zwar schnell vom Markt absorbiert, allerdings nicht vom mittelständischen Einrichtungsfachhandel. „Wir rechnen damit, dass maximal 20 % dieser freigesetzten Fachkräfte im Einrichtungsfachhandel bleiben werden. Einerseits ist in Österreich die Tendenz zur Arbeitssuche im Umland des eigenen Wohnortes anstelle eines möglichen arbeitsbedingten Umzuges sehr verbreitet und die Chance, am selben Ort und in derselben Branche einen Job zu finden, oft relativ gering. Andererseits haben Lebensmittelkonzerne und Drogeriemärkte viele der hoch qualifizierten Arbeitssuchenden erfolgreich umworben und aufgenommen“, so Wimmer. „Personalneuaufnahmen sind aktuell im Einrichtungsfachhandel auch insgesamt relativ selten. Während vor zwei bis drei Jahren der Fachkräftemangel und Bedarf an Mitarbeitern sehr hoch waren, wird heute eher versucht, ein gutes Stammteam zu halten“.
Auch das freigesetzte Umsatzvolumen durch die Großflächen-Insolvenzen kommt aktuell nicht bei den Fachhändlern an. „Sicherlich wird es da oder dort so sein, dass Menschen, die bei Großflächenanbietern nicht mehr einkaufen können, zu Fachhändlern abwandern. Allerdings hat sich ein Großteil des fehlenden Umsatzes buchstäblich aufgelöst.“ Der starke Nachfragerückgang, die geringere Bautätigkeit, schwierige Finanzierungen und höhere Unsicherheit trafen den Einrichtungshandel dabei im Vergleich zu anderen Branchen nach Zeiten hohen Umsatzes besonders hart, berichtet Wimmer.
Vorsicht bei Großaufträgen
Um einen möglichen Schaden vom eigenen Unternehmen abzuwenden, sorgen Einrichtungsfachhändler für mögliche Zahlungsausfälle zunehmend stärker vor. So wird zum Beispiel in fast jedem Betrieb auf eine teilweise Vorauszahlung bestanden, denn dadurch wird absehbar, ob Aufträge, besonders im Objektgeschäft, tatsächlich abgewickelt werden können. Deshalb achtet man bei größeren Bauträgern auch auf die vorhandenen liquiden Mittel bzw. Ratings. Und das zu Recht, wie die jüngste Insolvenz von Signa beweist. Mögliche Schieflagen herauszufinden, ist allerdings gar nicht so leicht. SERVICE&MORE bieten seinen Mitgliedern ein eigenes Service zur Überprüfung von Auftraggebern, um zu klären, ob im konkreten Fall Garantien verlangt werden sollen oder offen beliefert werden kann.
Verändertes Kundenverhalten
Kunden agieren derzeit viel preissensibler als zuvor. Zudem wird sehr lange vorausgedacht und beispielsweise Küchen ein Jahr vor der Montage geplant. Das bedeutet, dass selbst bei hohem Anfragevolumen und starker Frequenz die eigentlichen Einnahmen erst in ferner Zukunft erfolgen. Wer in dieser Situation nicht für solide Liquiditätssicherung sorgt, bekommt Probleme. Und obwohl kleinere Unternehmen oft sehr flexibel sind, geht Wimmer auch im KMU-Bereich von einer gewissen Marktbereinigung aus.
Der Verband SERVICE&MORE blickt trotz schwer abschätzbarer Herausforderungen verhalten optimistisch in die Zukunft. Christian Wimmer geht davon aus, dass die Umsätze in der ersten Jahreshälfte 2024 zwar noch schwach bleiben, dass sich die Wirtschaftslage im Möbelhandel aber ab dem kommenden Sommer verbessern wird.