Home Innovation Robo Pod statt RoboCop: Voll autonomes Transportsystem von Renault

Robo Pod statt RoboCop: Voll autonomes Transportsystem von Renault

von Markus Schraml

Die globale Verstädterung schreitet immer weiter voran. Laut Schätzungen der UNO werden im Jahr 2050 mehr als zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben – darunter werden Dutzende Megacitys sein. Schon jetzt lebt mehr als die Hälfte der Menschen in Städten. Und schon jetzt ist eine der größten Herausforderungen für die Stadtregierungen, den wachsenden Verkehr in den Griff zu bekommen, sprich fließen zu lassen. Dabei geht es nicht nur um den Personentransport, sondern ebenso um den Lieferverkehr. Zu diesem Thema hat Renault auf der aktuellen IAA Nutzfahrzeuge in Hannover eine interessante Studie präsentiert.

Die Robo Pods bringen’s

Die Studie EZ-PRO zeigt die Vision der Renault-Entwickler eines voll automatisierten, batterieelektrischen Transportsystems für den urbanen Bereich auf der sogenannten „letzten Meile“. Das System besteht aus zwei Fahrzeugtypen, den „Pods“: dem bemannten Leader Pod für die persönliche Ablieferung von Paketen und andere Waren, und den fahrerlosen Follower Pods, die dem Leader Pod im Konvoi folgen und auf der Schlussstrecke komplett eigenständig zum Zielort fahren.

Leben und Liefern in der Smart City

EZ-PRO ist ein umfassendes Logistikkonzept und passt hervorragend in die Smart City-Vorhaben diverser Stadtverwaltungen. Ein EZ-PRO Konvoi kann in jedem Follower Pod verschiedene Güter für unterschiedliche Auftraggeber, Endkunden und Lieferorte mit sich führen. Handelt es sich um besonders wertvolle und empfindliche Ware, oder müssen vor Ort spezielle Formalitäten erledigt werden, übernimmt die Lieferung der mit einem Pod Operator besetzte Leader Pot. Das System ist fähig seine Routen – gemäß dem aktuellen Verkehrsaufkommen, Ampelschaltungen und Halteoptionen vor Ort – selbst zu planen. Das steigert die Effizienz und senkt die Kosten, was Online-Händlern und Logistikunternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschafft, weil gerade die „letzte Meile“ im Transportgeschäft heute 35 bis 50 % der Gesamtkosten verursacht. Und auch die Städte und ihre Bewohner können davon profitieren, denn die Robo Pods fahren geräuscharm und emissionsfrei.

Die für das automatisierte Fahren erforderlichen Kameras, Radar-, Lidar- und Ultraschallsensoren sind in den Radverkleidungen untergebracht. Die flache Batterie der EZ-PRO Pods ist platzsparend unter dem Fußboden eingebaut. Das Aufladen des Stromspeichers erfolgt kabellos per Induktion. Zusätzlich verfügen die Pods auf dem Dach über Solarmodule, um elektrische Verbraucher mit Energie zu versorgen. Weiteres Merkmal ist das 4CONTROL Fahrwerk mit mitlenkenden Hinterrädern. Dies ermöglicht maximale Agilität im Innenstadtverkehr. Damit die Robo Pods in der City problemlos Hindernisse wie Schwellen zur Geschwindigkeitsbegrenzung überqueren können, verfügen sie über eine aktive Aufhängung. Diese hebt den Aufbau um mehrere Zentimeter an, sobald sich die EZ-PRO Module in Bewegung setzen.

Die Fahrerkabine als Büro

Im Leader Pod verfügt der Operator über einen komfortablen und ergonomischen Arbeitsplatz, der wie ein lichtdurchflutetes Büro wirkt. Da er weitestgehend von den Fahraufgaben befreit ist, kann er sich zum Beispiel den Warenempfängern widmen und sie punktgenau über das Eintreffen ihrer Lieferung informieren sowie die Lieferrouten der autonomen Follower Pods seines Zuges überwachen. Statt durch eine seitliche Fahrzeugtür gelangt der EZ-PRO Operator über eine elektrisch betriebene, weit aufschwingende Eingangstür zu seinem Büroplatz. Vom ergonomisch gestalteten Sitz aus kann der Operator zwei Positionen wählen. In frontaler Position überwacht er die Situation auf der Straße oder übernimmt per Joystick die Steuerung manuell, wenn dies die Verkehrslage oder besondere Gegebenheiten erfordern. Bewegt sich der EZ-PRO autonom, lässt sich der Sitz zur Seite drehen. An einer großzügigen, fest installierten Arbeitsfläche kann der Operator organisatorische Aufgaben mit Blick durch das Seitenfenster vornehmen und wird vom Verkehrsgeschehen nicht abgelenkt. Wie bereits in den früheren Studien SYMBIOZ und EZ-GO haben die Renault Ingenieure im Interieur überwiegend Materialien verwendet, die üblicherweise in Wohnräumen zu finden sind. Wollfilz in Kombination mit schwarzem Kork und Leder sorgt für ein angenehmes Innenraumambiente.

Ein Container, verschiedene Ausstattungen

Die Follower Pods nutzen die gleiche Plattform wie die Leader Pods. Sie sind modular konzipiert und bestehen aus dem Unterbau mit Batterie, Fahrwerk und Elektromotor sowie dem Container. Die grünen Verbindungselemente sind ein charakteristisches Element des EZ-PRO-Designs. Das modulare System erlaubt es, Container in Logistikzentren am Stadtrand vom Lkw auf die Plattformen umzuladen. Äußerlich verfügen die Container durchweg über das gleiche Design, ihr Laderaum jedoch sieht je nach Transportaufgabe und Funktion erheblich anders aus. Für kleineres Transportgut und Pakete lässt sich beispielsweise eine Vielzahl von Schließfächern unterschiedlicher Größe integrieren. Renault hat diese Lösung zusammen mit dem Expressdienst DPDgroup entwickelt. Wenn ein derart ausgerüsteter Robo Pod mit Ware zum Kunden unterwegs ist, wird dieser rechtzeitig per Smartphone-App benachrichtigt und kann dann das Fach direkt an der Haus- oder Geschäftstür per Code öffnen. Ebenso können beispielsweise Reinigungen und Wäschereien Pods mieten und an viel frequentierten Orten abstellen, wie etwa in der Nähe eines Bahnhofs. Dort können Kunden ihre Wäsche in die Schließfächer legen und später wieder gereinigt und gebügelt abholen.

Wann und inwieweit das EZ-PRO-Konzept in die Realität umgesetzt wird ist ungewiss. Eine Grundlage dafür – neben dem politischen Willen der Stadtverantwortlichen – ist die Optimierung des autonomen Fahrens generell. Aber daran arbeiten verschiedenste Automobilkonzerne eh schon fleißig.

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