Dass Design für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens von großer Bedeutung ist, scheint heutzutage fast eine Binsenweisheit zu sein. Die Gestaltung eines Produkts war zwar immer schon entscheidend, aber dass die jeweiligen Gestalter dafür auch ein gewisses Renommee genossen, wurde im Produkt- und Industriedesign erst ab den 1960er-Jahren ein Thema. Im 21. Jahrhundert sind Designer, die Alltagsgegenstände und Luxusgüter entwerfen, noch immer keine allgemein bekannten Persönlichkeiten. Innerhalb der Branche jedoch sowie bei Designaficionados gibt es eine Reihe von Personen, die besondere Anerkennung erfahren und vereinzelt sogar zu Berühmtheiten avancierten. Diese Designer haben enormen Einfluss auf Gestaltungstrends und generell darauf, wie unsere Welt erscheint und funktioniert.
FORMFAKTOR hat eine Liste mit den 10 einflussreichsten Produkt- und Industriedesignern erstellt. Zu den Entscheidungskriterien zählten, dass die Personen ein weites Feld des Designs abdecken, dass sie durch ihre Herangehensweise die Welt der Gestaltung verändert haben und dass sie noch leben. Deshalb fanden höchst einflussreiche Persönlichkeiten aus der Designgeschichte wie Gio Ponti, Achille Castiglioni, Ettore Sottsass, Alessandro Mendini, Ray & Charles Eames, Arne Jacobsen, Alvar Aalto oder die Vertreter des Bauhaus keinen Eingang in das Ranking. Auch Dieter Rams findet sich nicht in der Liste, da seine Leistungen weit in der Vergangenheit liegen. Gleichwohl kann sein Einfluss auf das Industriedesign gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.
#1 Marc Newson
Der australische Industriedesigner Marc Newson ist einer der einflussreichsten Gestalter der Welt. Er hat in den unterschiedlichsten Disziplinen gearbeitet und zu seinen Kunden zählen einige der bekanntesten internationalen Marken aus verschiedenen Bereichen, von Möbeln, Luxusgütern und Technologie bis hin zu Schiffs-, Automobil- und Luftfahrtdesign. Newson wurde 1963 in Sydney geboren. Derzeit lebt er in Großbritannien, wo sein Unternehmen, Marc Newson Limited, seit 1997 seinen Sitz hat. Er arbeitet für Marken wie Louis Vuitton, Montblanc , Hermès, Nike, Dom Pérignon, Jaeger-LeCoultre oder Ferrari. Von 2005 bis 2015 war Newson Creative Director von Qantas Airways. Für Apple arbeitet er seit seiner ersten Beteiligung an der „Apple Watch“ an Sonderprojekten. Im Jahr 2019 gründete er mit Jonathan Ive das Kreativkollektiv LoveFrom.
#2 Jonathan Ive
Der Einfluss des britisch-amerikanischen Designers Sir Jonathan Ive resultiert aus seiner Stellung als Chefdesigner von Apple. Dort arbeitete der 1967 Geborene eng mit Steve Jobs zusammen und spielte eine entscheidende Rolle bei den Designs des iMac, Power Mac G4 Cube, iPod, iPhone, iPad, MacBook und der Benutzeroberfläche von Apples mobilem Betriebssystem iOS. Zudem war er für die Gestaltung großer Architekturprojekte verantwortlich, darunter Apple Park und Apple Stores. In einem Interview sagte Ive: „Der kreative Prozess ist fabelhafterweise unvorhersehbar. Eine großartige Idee kann nicht vorausgesagt werden.“
#3 Philippe Starck
Der französische Designer Philippe Starck hat im Lauf seiner Karriere wohl über 10.000 Kreationen auf den Weg gebracht. Seine humorvolle Persönlichkeit und seine öffentlichen Auftritte machen ihn zu einem Paradebeispiel eines Stardesigners. Starck wurde 1949 geboren. Aus seiner Kindheit, die er am Zeichentisch seines Vaters, eines Luftfahrtingenieurs, verbrachte, hatte er eine grundlegende Lektion mitgenommen: Unter jeder kreativen Geste muss alles streng organisiert sein, sowohl im Hinblick auf die menschlichen Beziehungen als auch in der abschließenden Vision. Von alltäglichen Produkten wie Möbeln und Zitronenpressen bis hin zu Megajachten, phantasmagorischen Hotels und der Anwendung wundersamer neuer Technologien arbeitet Starck stets daran, die Grenzen des zeitgenössischen Designs zu verschieben. Für ihn muss jede Kreation das Leben möglichst vieler Menschen verbessern.
#4 Yves Béhar
Der 1967 in der Schweiz geborene amerikanische Designer, Unternehmer und Lehrer Yves Béhar ist sowohl in Bezug auf das innovative Potenzial von Produkten als auch der Entwicklung von Marken an der Spitze der Branche. Er glaubt, dass Produkt, Digitales und die Marke zu den Schlüsselelementen jedes Geschäfts gehören. Er ist CEO und Gründer (1999) von fuseprojekt, eines Design- und Branding-Büros in San Francisco. Béhar hat für sehr unterschiedliche Firmen gearbeitet: Herman Miller, GE, Puma, PayPal, SodaStream, Samsung, Issey Miyake oder Prada. Er ist der leitende Industriedesigner des XO-Laptops „One Laptop per Child“ (OLPC) und beteiligte sich 2005 an dem Projekt. Béhar hat eine Reihe kostengünstiger Laptops mit geringem Stromverbrauch entwickelt, die an einkommensschwache Schulkinder verteilt werden sollen.
#5 Hella Jongerius
Die 1963 geborene niederländische Designerin Hella Jongerius hat ihr Studio Jongeriuslab studio 1993 gegründet, wo sie sowohl unabhängige Projekte als auch Arbeiten für Großkunden entwickelt, darunter Textildesigns für das Möbelstoffunternehmen Maharam, die Innenarchitektur der Delegates’ Lounge des Hauptquartiers der UN in New York, Kabineninterieurs für KLM, die Installation „Color Recipe Research“ auf Einladung von Kurator Hans Ulrich Obrist für das MAK (Wien) oder die Installation „A Search behind Appearances“, eine Kooperation mit Louise Schouwenberg im Auftrag der Serpentine Galleries. Zu den jüngsten Projekten gehören Einzelausstellungen im Gropius Bau Berlin (2021), Lafayette Anticipations (2019) und im Nationalmuseum Stockholm (2019). Ihr Space Loom #1 wurde 2019 vom Centre Pompidou erworben. Jongerius betrachtet ihre Arbeit als einen nie endenden Prozess.
#6 Ilse Crawford
Die 1962 in London geborene Ilse Crawford ist Designerin, Lehrerin, Kreativdirektorin und Gründerin von Studioilse (2001). Sie gründete außerdem die Abteilung „Mensch und Wohlbefinden“ an der Design Academy Eindhoven und leitete sie zwei Jahrzehnte lang. Indem sie ihren Fokus auf echte menschliche Bedürfnisse legte (nicht auf künstlich hergestellte), leistete sie Pionierarbeit für humanistisches Design in seiner realen Anwendung auf Umgebungen, Objekte und Erfahrungen. Darunter versteht man Design, das stets eine positive Auswirkung auf die Psyche und die Umwelt der Menschen hat. Es bedeutet auch, über Ursache und Wirkung nachzudenken und die größeren Systeme zu verstehen, die allem zugrunde liegen.
#7 Naoto Fukasawa
Der japanische Designer Naoto Fukasawa ging nach seiner Ausbildung an der Tama Art University und ersten Berufsjahren 1989 in die USA, wo er sich ID Two (heute IDEO San Francisco) anschloss. Nachdem er sein Handwerk sieben Jahre lang verfeinert hatte, wobei er sich hauptsächlich auf die Industrie im Silicon Valley konzentrierte, kehrte Fukasawa 1996 nach Japan zurück. Dort gründete und leitete er das Tokioter Büro von IDEO und schuf die Basis für Designberatung in Japan. Im Jahr 2003 machte er sich selbstständig und gründete NAOTO FUKASAWA DESIGN. Seine Entwürfe umfassen eine Vielzahl von Bereichen, von Präzisionselektronikgeräten bis hin zu Möbeln, Innenräumen und Architektur. Fukasawa Designs sind von einer „stillen Kraft“ durchdrungen, die die Hoffnungen und Erwartungen der Menschen verkörpert. Für den Japaner liegt der Antrieb für Design im unbewussten Verhalten der Menschen. Er nannte das „Without Thought“ (Ohne Gedanken).
#8 Karim Rashid
Karim Rashid ist einer der produktivsten Designer seiner Generation. Über 4000 in Produktion befindliche Designs, über 300 Auszeichnungen und Arbeiten in über 40 Ländern zeugen davon. Er hat Luxusgüter für Christofle, Veuve Clicquot und Alessi gestaltet, demokratische Produkte für Umbra, Bobble und 3M, Möbel für Bonaldo und Vondom, Leuchten für Artemide und Fontana Arte, Hightech-Produkte für Asus und Samsung sowie Oberflächendesigns für Marburg und Abet Laminati, Markenidentitäten für Citibank und Sony Ericsson sowie Verpackungen für Method, Paris Baguette, Kenzo und Hugo Boss. „Die meiste Zeit über war Design nur für eine Elite und eine kleine Inselkultur existent. Ich habe die letzten 30 Jahre hart daran gearbeitet, dass Design ein öffentliches Thema wird“, betont Rashid.
#9 Marcel Wanders
Der niederländische Designer Marcel Wanders ist einer der buntesten Vögel im Design-Biotop. Er gehört zu jener Gruppe von Gestalter, die das Dogma des Minimalismus im Design ablehnen. Wanders spricht von der „zeitgenössischen Renaissance des Humanismus“. Er will eine humanistische Perspektive in das technokratische Design zurückbringen. Mit jedem neuen Projekt konzentriert sich Wanders deshalb lieber auf das Ganzheitliche, Romantische, Surreale, Archetypische als auf das Technokratische. In seinem Universum wird die Kälte des Industrialismus durch die Poesie, Fantasie und Romantik verschiedener Epochen ersetzt. Die Arbeit von Marcel Wanders begeistert, provoziert, polarisiert, aber überrascht und unterhält immer wieder.
#10 Patricia Urquiola
Patricia Urquiola verschiebt die Grenzen von Forschung und Technologie, experimentiert ständig und nähert sich so besserem Design und besserer Architektur an. Dabei folgt sie den Lehren ihrer früheren Mentoren wie Vico Magistretti und Maddalena de Padova. Sie ist es gewohnt, komplexe Prozesse zu durchdringen, arbeitet von Mikro bis Makro und mit der verfügbaren Technologie, um über die Grenzen des bereits Vorhandenen hinauszugehen. Urquiola stammt ursprünglich aus Oviedo, Spanien. Sie studierte Architektur und Design an der Universidad Politécnica de Madrid und schloss ihr Studium am Politecnico di Milano ab, wo sie unter der Leitung von Achille Castiglioni ihren Abschluss machte. Patricia Urquiola ist seit 2015 Kreativdirektorin von Cassina und arbeitet mit wichtigen italienischen und internationalen Designunternehmen zusammen, darunter Agape, Alessi, Axor-Hansgrohe, B&B Italia, Baccarat, Boffi, Budri, De Padova, Driade, Coedition, Ferragamo, Flos, Gan, Georg Jensen, Glas Italia, Haworth, Kartell, Kettal, Kvadrat, Listone Giordano, Louis Vuitton, Molteni, Moroso, Mutina, Rosenthal und Verywood…