Im UN-Sozialpakt ist das Recht auf Wohnen als Teil des Rechts auf einen angemessenen Lebensstandard festgeschrieben. Ob etwas im Hinblick auf Wohnraum angemessen ist, hängt von verschiedenen Kriterien ab. Eines davon ist die Bezahlbarkeit, ein anderes der gesetzliche Schutz (z.B. Mietvertrag). In jüngster Zeit geraten immer mehr Menschen in Europa in prekäre Wohnsituationen. Stetig steigende Preise machen es zunehmend schwieriger, Wohnraum in gewohnter/angemessener Art und Größe zu finden. Dieser aktuellen Situation ist auch der Österreich-Beitrag zur La Biennale di Venezia 2025 gewidmet – „Agency for Better Living“.
Die Kuratoren Sabine Pollack, Michael Obrist und Lorenzo Romito stellen in ihrem Konzept den international viel beachteten sozialen Wohnbau in Wien (seit 1919) den Praktiken der „Selbstorganisation der Zivilgesellschaft“ in Rom gegenüber. Dabei werfen sie die Frage auf, was „ein stattlich bzw. städtisch organisiertes System und eine informelle aktivistische Herangehensweise voneinander lernen können“.
„Wir wollen die Biennale nutzen, um im Sinne einer ‚Intelligens‘ das Wissen der beiden Systeme in Wien und Rom mit möglichst vielen anderen Menschen zu teilen. Die Ausstellung ist die Grundlage für eine Diskussion über mögliche Zukünfte eines Better Livings, die hoffentlich noch weit über die Dauer der Biennale hinaus andauern wird“, schreiben die Kuratoren in einem gemeinsam formulierten Statement.

Das Wiener Modell
Das Konzept des kommunalen Wohnbaus in Wien fand rund um die Welt Anerkennung. Was in anderen Städten unmöglich scheint, nämlich die volle gesellschaftliche Akzeptanz des sozialen Wohnbaus und die schiere Fülle an Bauten, die seit 1919 in der österreichischen Hauptstadt entstanden sind, lässt internationale Beobachter staunen. Dem Konzept zugrunde lag ursprünglich der enorme Bedarf an Wohnraum und die daraus folgende politische Entscheidung, leistbare Wohnungen durch immense Bauvorhaben zu schaffen. Heutige Verantwortliche in der Politik finden sich in einer ähnlichen Situation, entsprechende Maßnahmen jedoch fehlen. Dies ist hauptsächlich der rein profitorientierten Immobilienwirtschaft geschuldet, sowie der unheiligen Verknüpfung von Regierenden und Konzernwirtschaft.
Die Zivilgesellschaft
Im Unterschied zu Wien gibt es in Rom eine Geschichte des informellen Wohnens. Das sind zum Beispiel wiederverwendete Bauruinen, verlassene Gebäude oder umfunktionierte alte Infrastrukturen. All diese Selbstermächtigungen sind Reaktionen auf die „Verdrängungsmechanismen der Gegenwart“. Dafür bedarf es Kreativität und den Willen zum zivilen Widerstand. Der natürlich aus der Not heraus geboren wird.

Im Österreich-Pavillon sollen Fragen gestellt werden, wie – was macht guten Wohnraum aus? Oder – wie gestaltet man sozial ausgewogenes, leistbares Wohnen? Dafür wird im Pavillon unter anderem ein Diskursraum eröffnet. Im Hof, dem zentralen Ort, sollen über die Dauer der Biennale in verschiedenen Formaten Möglichkeiten und Strategien für ein „Better Living“ diskutiert werden. Von Juni bis Oktober finden zweimal pro Monat jeweils Freitag oder Samstag Präsentationen, Talks und Workshops statt, zu Themen wie Ökonomie, Migration, Natur oder Tourismus. In den symmetrisch angelegten Räumen links und rechts des Haupteingangs werden aktuelle Beispiele rund um das Wohnen in Wien und in Rom präsentiert.
Die Biennale Architettura 2025 in Venedig läuft vom 10. Mai bis 23. November 2025. Das Motto lautet: „Intelligens. Natural. Artificial. Collective“.