Die Sieger des Bauherrenpreis der Zentralvereinigung der Architektinnen und Architekten Österreichs 2022 stehen fest. Im Rahmen einer Veranstaltung in der Alten Residenz in Salzburg wurden die fünf Sieger des Wettbewerbs bekannt gegeben und geehrt. Aus den 18 nominierten Projekten wählte die Jury (Wojciech Czaja, Armando Ruinelli und Michaela Wolf) die Preisträger aus.
„Was uns persönlich, als dreiköpfige Jury sprechend, Hoffnung gibt: Die Hälfte der insgesamt 18 besichtigten Projekte, die für den diesjährigen Bauherrenpreis nominiert waren, sind im Bereich der Bildung – der Kindergärten, Volksschulen, Mittelschulen, Hochschulen, Fachhochschulen, Universitäten und akademischen Forschungseinrichtungen – angesiedelt. Das ist einerseits überproportional viel, andererseits aber auch eine gute Investition in die Zukunft der Baukultur, die in der nächsten Generation der Architekt·innen und Auftraggeber·innen mit Sicherheit noch sensibler, noch wissender, noch kompetenter werden wird“, schreibt Wojciech Czaja im Resümee der Hauptjury.
Die Gewinner
Die fünf Sieger kommen aus den Bundesländern Salzburg (2 Mal), Steiermark, Vorarlberg und Wien. Von Anfang an ein Favorit war die neue Ikea-Filiale am Wiener Westbahnhof von querkraft architekten. Die Qualitäten dieses auffälligen Gebäudes wusste auch die Jury des Bauherrenpreises zu schätzen. Unübersehbar für Passanten sind die 160 Stahlkübel, die in der gefächerten Fassade platziert wurden. Die innerstädtische Lage verlangte nach einem anderen Konzept, das ausnahmsweise nicht aus der schwedischen Zentrale, sondern vom Wiener Büro querkraft stammt. Das Ganze kann durchaus als ökologisch-urbanes Experiment bezeichnet werden. Ob Ikea dies als Anlass nimmt, in Zukunft generell andere Weg zu gehen, muss sich zeigen.
Einen anderen Maßstab besitzt das Projekt Weinhof Locknbauer im steirischen Pichl bei Radkersburg. Bauherr Lukas Jahn und Architektin Mascha Ritter entschieden sich, einen kleinen Teil des bestehenden Kuhstalls zu erhalten und sich bei den neuen Zu- und Anbauten an der Silhouette des bisherigen Wirtschaftsgebäudes zu orientieren. Das Ergebnis ist eine sensible Neuinterpretation der regionalen Bautypologien und des lokalen Handwerks, die aus dieser Verbindung von Alt und Neu hervorging. An einer Seite des 50 Meter langen Gebäudes befindet sich die Herstellung mit Pressbereich und Kühlhaus, in der Mitte der Weinkeller mit Verkauf- und Verkostungsbereich und am anderen Ende schließlich die Buschenschank. Vorwiegend kam Holz zum Einsatz, auf Kunststoffe wurde generell verzichtet.
Der Bildungscampus Nüziders (Vorarlberg) wurde saniert und erweitert. Hinter dem modernen, viel gebrauchten Wort Campus verbirgt sich eine Volksschule mit Kindergarten. Es ist ein schlicht-elegantes, sehr helles Ensemble aus Gebäuden, die sich um ein zentrales Atrium gruppieren. Fink Thurnher Architekten stellten das Raumprogramm auf den Kopf. Kindergarten und Turnhallentrakt wurden abgerissen und ersetzt. Im Süden entstanden neue, abgesenkte Turnhallen sowie ein Probenraum für den örtlichen Musikverein. Im nördlichen Teil wurde ein zweigeschossiger Neubau errichtet, der an den Bestand anschließt.
Eine Auszeichnung ging an ein weiteres Bildungsgebäude, die Pädagogischen Hochschule in Salzburg. „Gemeinsam mit der Jury haben wir uns für dieses Projekt entschieden, weil es der interessanteste Ansatz war, wie man mit dem Alten umgehen, es würdigen und dennoch neu weiterdenken kann“, sagt Wolfgang Mairhofer, Projektleiter bei der BIG. „Die Hochschulleitung war zunächst überrascht, nahm die Rohheit und Prozesshaftigkeit der Architektur dann aber sogar in ihr pädagogisches Konzept auf. Der Unterricht hat sich seitdem verändert, hat heute einen offenen, werkstattartigen Charakter.“ Die siegreichen riccione architekten entschieden sich für einen ganzheitlichen Ansatz. Die beiden Gebäudetrakte mit ihren charakteristischen Betonplatten an der Fassade wurden erhalten und im Zwischenraum mit einer Aula mit Lernzonen und abgesenktem Audimax für 400 Personen verbunden. Der Altbestand wurde entkernt, die Zwischendecken entfernt, übrig blieb eine rohe Struktur, die mit neuen Elementen befüllt wurde – mit nackten Ziegelsteinen, bunt gepixeltem PVC-Boden (Weiß, Schwarz, Rot) sowie eingehausten Nebenräumen und Besprechungszonen.
Der zweite Sieger aus Salzburg ist die Wohnanlage Friedrich-Inhauser-Straße. Anstatt die 1985 errichtete Anlage abzureißen oder nur thermisch zu sanieren, entschied sich der gemeinnützige Bauträger Heimat Österreich daraus ein Studienprojekt zu machen. Die resultierenden Erkenntnisse wurden schließlich in die Tat umgesetzt. Christoph Scheithauer (cs-architektur) und Stijn Nagels entkernten Dächer und Geschosse komplett und brachten die Grundrisse auf den heutigen Stand. Zudem bekam jede Wohnung einen privaten Freiraum, jede Stiege eine barrierefreie Erschließung, jeder Giebel eine eigene zweigeschoßige Aufstockung. Auf diese Weise konnte die Anzahl der Wohnungen von 75 auf 99 erhöht werden. In diesen ressourcenschonenden Überbau fügen sich auch Bauweise und Haustechnik. Die Architekten setzten dem Bestandsbau eine Holzhybrid-Konstruktion auf – mit tragenden KLH-Wänden, vertikaler Holzlattenfassade und eingeblasener Holzwolle-Zellulose-Dämmung. Beheizt wird die Anlage mit Pellets, Wärmepumpe und Wärmerückgewinnung aus den Abwässern der Bewohner. Ein Mobility-Point mit E-Bikes, E-Rollern, Lastenrädern und E-Autos steht den Mietern kostenlos zur Verfügung.