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Bewegte Kunst: My Ullmann im Wiener MAK

von redaktion
MAK, My Ullmann

Maria Ullmann (1905–1995), die ihre Werke mit „My“ signierte, ist eine der Hauptvertreterinnen des Kinetismus, einer der spannendsten und gleichwohl nur spärlich beleuchteten Kunstbewegungen des beginnenden 20. Jahrhunderts in Wien. Im Museum für angewandte Kunst hat Karin Pokorny-Nagel (Leiterin MAK Bibliothek u. Kunstblättersammlung/Archiv) die Ausstellung „MY ULLMANN Gelebter Kinetismus: Bilder, Bühne, Kunst am Bau“ kuratiert.

Ausgebildet an der Wiener Kunstgewerbeschule, schuf Ullmann ein beeindruckendes Oeuvre: kinetistische Bilder, Gebrauchsgrafik, Stoff-, Bühnen- und Kostümentwürfe, Möbel, Raum- und Wandgestaltungen oder Kunst an Gebäuden. Das MAK widmet der kompromisslosen Pionierin des 20. Jahrhunderts die erste Personale in Österreich. Es ist gelungen, dafür Leihgaben aus großen österreichischen Museen und Privatsammlungen neben bisher nie gezeigten Arbeiten aus ihrem umfangreichen Nachlass für die Ausstellung zu gewinnen. Fotos und Dokumente veranschaulichen die Schaffenskraft und das Temperament der unangepassten Ausnahmekünstlerin.

Mit ihrer persönlichen wie künstlerischen Eigenwilligkeit avancierte sie gemeinsam mit Erika Giovanna Klien und Elisabeth Karlinsky zu den Stars in Franz Čižeks Klasse an der Wiener Kunstgewerbeschule und damit zu einer Hauptvertreterin der avantgardistischen Kunstrichtung Kinetismus. Ihre Bilder zeigen bewegte, übereinandergeschichtete Figuren, die von Kreisen und Schrägen durchschnitten oder aufgesplittert sind. Die daraus entstehenden Segmente füllt Ullmann mit kräftigen, monochromen Farben oder glänzendem Gold und Silber aus.

My Ullmann versucht, basierend auf dem griechischen Wort „kinesis“ (Bewegung), die zwischen Kubismus und Futurismus angesiedelte Sonderform des Konstruktivismus durch die Darstellung simultan ablaufender Bewegungsprozesse in einer Komposition zu vereinen („Kopf einer Tänzerin“).

Ullmann bestritt ihren Lebensunterhalt zunächst mit Auftragsarbeiten wie Stoff- und Teppichentwürfen für die Firma Backhausen oder Werbegrafik für Humanic, Thonet und die Österreich-Werbung. Bald führte sie ihre Karriere, die von zahlreichen Ortswechseln bestimmt war, unter anderem in die Schweiz, wo sie 1931 die Ausstattung der Geistlichen Spiele in Luzern verantwortete und für das Zürcher Schauspielhaus Bühnenbilder und Drucksachen gestaltete. In Berlin arbeitete sie wieder als Werbegrafikerin und unterrichtete an der Textil- und Modeschule. Zwischen 1934 und 1940 war sie als Bühnen- und Kostümbildnerin für Theater in Berlin, Leipzig, Münster, Dortmund und Gelsenkirchen tätig.

Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Ullmann als Innenarchitektin und ließ sich 1959 in Münster nieder, wo sie MY STUDIO eröffnet und sich auf künstlerische Raum- und Wandgestaltungen spezialisiert. 1975 ging My Ullmann nach Konstanz, wo sie sich künstlerisch zurückzog und im Jahr 1995 weitgehend vergessen starb.

30 Jahre nach ihrem Tod erfährt das Oeuvre der vielseitigen Künstlerin nun eine späte Würdigung. Die Ausstellung und der begleitende Katalog sind in Zusammenarbeit mit der Städtischen Wessenberg-Galerie Konstanz entstanden.

MY ULLMANN – Gelebter Kinetismus: Bilder, Bühne, Kunst am Bau. MAK Kunstblättersaal, 17.4. – 1.9.2024, Kuratorin: Kathrin Pokorny-Nagel, Gastkuratorin: Barbara Stark (Direktorin Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz), Ausstellungsgestaltung: Michael Wallraff, Grafische Gestaltung: Paulus Dreibholz.



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