Home Design Das Bauhaus-Fahrrad

Das Bauhaus-Fahrrad

von Markus Schraml
Tecta, Bauhaus-Fahrrad

„Unsere Architektur rollt, schwimmt, fliegt“, sagte El Lissitzky im Jahr 1926. Der Architekt, Fotograf, Designer, Grafiker und Maler postulierte damit, dass es in der Bauhaus-Bewegung auch um den Wunsch nach Bewegung ging. Ganz in diesem Sinne griff Tecta das Thema Mobilität auf und kam dabei wie selbstverständlich auf das Fahrrad. Gemeinsam mit dem Schweizer Fahrradhersteller OPEN wurde eine Kollektion entwickelt, die die Bauhaus-Tradition mit ökologischer Mobilität verbindet.

„Ähnlich wie bei Möbeln geht es auch bei Rädern um Evolution. Mich ließ der Gedanke nicht los, dass es interessant sein könnte, Design, Bauhaus-Schule und Radsport zu kombinieren,“ erzählt Christian Drescher von Tecta, „schließlich war es der Fahrradlenker, der Marcel Breuer 1925 dazu brachte, seine ersten Möbel aus gebogenem Stahlrohr zu fertigen“. In Andy Kessler von OPEN fand er den richtigen Partner. „Ich bin Architektur und Möbelfan“, so Kessler, „das Bauhaus war für mich immer ein Begriff. Als Christian vor einem Jahr auf mich zukam, war ich sofort begeistert: ich liebe Möbel, er liebt Fahrräder und das wurde der Grundstein für eine gemeinsame Edition von Rädern.“

Flexible Fahrradrahmen

Heute sind bei Tecta drei verschiedene Rennräder erhältlich, deren Aufbau auf den drei Rahmen-Typen von OPEN basiert. Durch ihre spezielle Geometrie können sie sowohl mit dünneren Straßenlaufrädern, profilierten Gravel-, Cross- als auch extrem breiten Mountainbike-Laufrädern und den entsprechenden Antriebsgruppen bestückt werden. Die Räder vereinen Eigenschaften wie hoher Komfort und Performance, Tempo auf Asphalt als auch auf rauen Schotter- und Waldwegen. Grafiker und Illustrator Dominik Kirgus vom Kölner Studio für Gestaltung entwickelte die neuen Tecta-Sonderlackierungen für den Rahmen. Sie nehmen auf Entwürfe der Textilkünstlerin und Bauhaus-Lehrerin Anni Albers Bezug.

„Fahrradrahmen sind keine plane Fläche, man muss um die Ecke denken,“ weiß Kirgus. Die Herausforderung lag darin, unterschiedlich geformte Rundrohre mit differierenden Radien zu gestalten. Inspiration dafür kam von der Deutsch-Amerikanerin Anni Albers. Ihr gelang es, abstrakte Kunst nicht nur mit der alten Kulturtechnik des Webens zu verzahnen, sondern sie zugleich mit dem Medium Farbe und der Farbenlehre zu verbinden. So ließ Kirgus Farbkompositionen entstehen, die die Räder als auch die Möbel neu charakterisieren.

Fahrradfahren – Abenteuer der Abwege

Marcel Breuer sagte 1937 über seine Idee für Möbel aus Stahlrohr: „Mein plötzlicher Einfall, der mich beim Radfahren über das Material des Fahrradlenkers zur Konstruktion des Rohrmöbels führte – ganz unerwartet breitete er sich über die ganze Welt aus.“ So wie viele andere Künstler der Weimarer Republik fuhr auch Breuer Fahrrad und der ständige Blick auf seinen gebogenen Fahrradlenker inspirierte ihn schließlich. Georg Kaiser, der erfolgreichste expressionistische Dramatiker Deutschlands, schrieb in seinem Essay „Anti Auto, Fahrrad“, dass der Kraftfahrer gefahren wird, aber seine Muskulatur nun mal nichts erzeuge. Längst sei er selbst zu der Überzeugung gekommen, dass „der Menschheit das Fahrrad geschenkt ist als Äquivalent für alle Plagen der Technik … Der Automobilist hat sich die Erde verkleinert und des Abenteuers der Abwege beraubt. Für den, der auf dem Fahrrad fährt, gelten keine Vorschriften … Er rehabilitiert die Schöpfung.“

Die neue Fahrrad-Kollektion basiert auf drei Fahrradrahmen von OPEN. © Tecta Bruchhäuser & Drescher KG, Fotos: Constantin Meyer

Marcel Breuer beschäftigte sich auch in weiteren Entwicklungen mit dem Thema Dynamik. So schuf er 1928 eine Liege auf Rädern, die erst Tecta als Modell F 41E im Jahr 1984 umsetzte. Weitere flexible, bewegliche Möbel von Tecta sind der Barwagen M4R mit großen Speichenrädern sowie diverse rollende Stühle und Sessel. Die von Dominik Kirgus entwickelten Farbkompositionen sind im Übrigen nicht nur auf den Tecta X Open Bikes zu finden, sondern auch auf einigen Bauhaus-Klassikern – etwa dem F51 von Walter Gropius, dem D40 von Marcel Breuer mit faltbarem Stahlrohrgestell oder dem D9, der Neuinterpretation eines Kragstuhls von Tecta.


Mehr zum Thema


Weitere TOP-Artikel

-
00:00
00:00
Update Required Flash plugin
-
00:00
00:00