Der Name Porsche Design steht für eine Gestaltungssprache mit enorm hohem Wiedererkennungswert. Die Produkte besitzen einen starken eigenständigen Charakter, der über viele Jahre unverändert blieb und doch kontinuierlich weiterentwickelt wurde. Wie das seit 1972 möglich war, als Ferdinand Alexander Porsche das Studio in Stuttgart ins Leben rief und damit den Grundstein für die Marke Porsche Design setzte, liegt an einer Reihe von formalen Grundsätzen, die vom Firmengründer festgelegt wurden und seitdem in Designs münden, die auf einmalige Weise unverkennbar sind. Mit verantwortlich dafür ist eine Unternehmenskultur, die Designer des Studio F. A. Porsche bereits in jungen Jahren in das Haus einführt, mit den Designregeln des Studios vertraut macht und lange an das Unternehmen bindet. So trägt jeder Mitarbeiter die Design DNA in sich. Roland Heiler leitet die Geschicke des Studio F. A. Porsche seit 2004 und erzählt im Laufe des Gesprächs in Zell am See, dem Ausgangspunkt der Marke, die heute auch das Headquarter in Ludwigsburg und einen Standort in Berlin betreibt, dass die Familien Porsche und Piëch immer ihre Urlaube in Salzburg verbracht hatten und eine tiefe Zuneigung zu Zell am See entwickelten. Das war auch der Grund für die Standortwahl im Jahr 1974. Für Ferdinand Alexander Porsche war es eine Rückkehr an den Ort der glücklichen Kindheit, um hier in Ruhe arbeiten zu können, ohne den finanziellen Druck der Automobilindustrie. Ein Studio zu betreiben, in dem wirtschaftliche Überlegungen an zweiter Stelle standen, war nur mit einem kleinen Team möglich. Am Anfang waren es zwei, drei Mitarbeiter und auch heute sind es nur rund 30.
Ferdinand Alexander Porsche, intern kurz F. A. genannt, war ein Mann mit genauen Designvorstellungen, die in dem viel zitierten Credo „Design muss ehrlich sein“ gipfeln. Mit Ehrlichkeit meinte er, im Design nicht etwas vorzugeben, was es nicht ist, erklärt Roland Heiler. „Die Funktion bestimmt die Form. Alle Schnörkel werden weggelassen.“ Form follows Function, dieses in der Branche weitverbreitete Dogma, erhält im Studio F. A. Porsche eine besondere Ästhetik und führte im Lauf der Jahre zu vielen Gestaltungen in sehr unterschiedlichen Produktkategorien, von Fernsehern über Möbel und Türen bis hin zu Küchen, Computern oder einer Seilbahn-Gondel. Allen gemein ist ein Designansatz mit einem starken Hang zur Reduktion, einmaligem Know-how in der Material-Expertise und dem kompromisslosen Streben nach Qualität. Am Anfang des Erfolges hin zu einem der weltweit einflussreichsten Designstudios stand die Gestaltung eines Produkts, mit dem Porsche Design am meisten identifiziert wird: dem Chronograph I aus dem Jahr 1972. Der Auftrag von Porsche lautete, eine Uhr für verdiente Mitarbeiter zu gestalten. Ferdinand Alexander Porsche hatte dafür etwas gänzlich Neues und Unkonventionelles im Sinn.
Roland Heiler: Er hat das Thema Uhren einfach völlig anders angegangen. Für ihn war das kein Schmuckstück, sondern eher so etwas wie die Anzeigen in einem Rennfahrzeug, bei denen es um eine präzise und schnelle Ablesbarkeit der relevanten Informationen geht. Die Frage war: Wie kann ich das am besten erreichen? Erstens durch eine sehr klare Grafik und zweitens, indem man den Kontrast so extrem wie möglich macht, sodass es keinerlei Ablenkungen gibt. Deshalb hat er die Indizes und Zeiger Weiß gestaltet und alles andere Schwarz. Das war sein gedanklicher Ansatz und deshalb ist diese Revolution einer Uhr zustande gekommen. Denn damals gab es noch keine schwarze Chronographen.
formfaktor: Was macht denn eine Uhr zu einer Porsche Design-Uhr?
Es ist erstens die Funktionalität und die Ablesbarkeit. Zweitens gibt es bei Porsche Design-Uhren in aller Regel immer einen besonderen Bandanschluss, der nicht dem konventionellen Bandanschluss mit Hörnern folgt. Eine Ausnahme ist die Series One Chronotimer Kollektion, aber schon die 1919 und auch die Monobloc Actuator Kollektion sowie die allererste Uhr und der Titan Chronograph von 1980 haben andere Bandanschlüsse. Das war für uns immer ein Designthema: Wie geht das Gehäuse ins Band über? Das kann man sauberer oder mehr integriert lösen. Dazu kommt eine sehr ruhige und eigenständige Gestaltung des Gehäuses. Und eben eine spezielle Art des Ziffernblattes, das auf Ablesbarkeit hin entworfen ist. Das heißt, dass sie keine Teile auf der Uhr finden, die dekorative Zwecke haben oder die zusätzliche, überflüssige Informationen beinhalten, die man eigentlich beim Ablesen der Uhr nicht braucht.
formfaktor: Eine ganze besondere Uhrenkreation – sie haben sie erwähnt – ist der Monobloc Actuator. Wie sah der Entwicklungsprozess aus?
Der Monobloc Actuator orientiert sich erstens in Richtung Tradition, denn er schließt eigentlich an den Titan Chronographen von 1980 an, der sich ja nicht nur durch das neue Material auszeichnete, sondern auch dadurch, dass die Drücker komplett in das Gehäuse integriert sind. Wir haben uns dann überlegt, diese Titan-Uhr von 1980 einfach in ihrer Konsequenz noch weiterzuentwickeln. Was ist die extreme Weiterentwicklung von integrierten Drückern? Dass man eben gar keine Drücker sieht – mehr oder weniger. Deshalb sind wir auf die Idee gekommen, diese Funktion des Start und Stopp und Zurückstellens ins Gehäuse zu integrieren und einen Teil des Gehäuses als Wippe auszubilden. Das war natürlich mit allerhand Schwierigkeiten verbunden, denn kurz nachdem die Idee geboren war, wurde uns klar, dass diese Bewegung über das Glas gehen muss. Sonst müsste man ja eine Aussparung machen, wo diese Wippbewegung Richtung Gehäuse geht. Da hatten unsere Kollegen in Solothurn (Porsche Design Timepieces AG – Anm.) schon erste Schweißperlen auf der Stirn. So etwas gab es bisher noch nicht. Wir haben dann auch die Kollegen von Porsche Motorsport kontaktiert, weil wir eine Lagerung für diese Wippe brauchten, die in unseren Tests mindestens 10.000 Sequenzen aushalten musste, aber in der praktischen Anwendung einfach komplett zuverlässig sein musste. Und vor allem deshalb, weil Linien, die das Gehäuse oben beschreiben, durch diese Wippe unterbrochen wurden und wenn die Wippe dann in die 0-Stellung zurückgeht, mussten die Linien fein säuberlich durchlaufen, ohne irgendeinen Versatz. Um das alles zu erreichen, mussten wir schon ziemliche Klimmzüge machen. Die Kollegen aus der Motorsportabteilung haben uns dann eine Lagerung aus einem Ventiltrieb eines Rennfahrzeuges zur Verfügung gestellt, abgeleitet aus dem Rennmotor des damaligen 911RSR. Die haben wir miniaturisiert und in die Uhr eingebaut. Das ist eigentlich das Kernstück dieses Chronographen. Man hat ein völlig cleanes Gehäuse und die Drücker sind im Prinzip ein Teil des Gehäuses.
formfaktor: Welcher Designsprache folgt das Studio F. A. Porsche?
Das Interessante ist, dass wir für uns keine Designsprache definiert haben, sondern es ist eine Designhaltung. Und wir merken aus dem Feedback von Dritten – von Spezialisten, von Journalisten -, dass man diese Haltung im ästhetischen Ausdruck der Produkte erkennt. Wir haben aber nicht gesagt: Das und das und das sind die formalen Vorgaben, sondern wir sagen, das und das sind die Regeln, nach denen wir gestalten. Wir machen nicht etwas Verschnörkeltes, wir machen nie überflüssige Formen, die man eigentlich gar nicht braucht.
formfaktor: Gibt es tatsächlich eine Liste mit Regeln, die im Studio „hängt“.
Ja, die gibt es – im übertragenen Sinne. Es sind sogar zehn. Und es sind eben Regeln, die die Designhaltung zum Ausdruck bringen. Wir haben diese zehn Regeln aus Zitaten von Herrn Porsche abgeleitet, in denen er seine Vorgangsweise und Überlegungen äußerte. Es ist so, dass wir bei der Gestaltung von neuen Produkten, diese Regeln auch immer wieder abfragen. Nicht lautstark, aber wenn zum Beispiel ein Entwurf in eine Richtung geht, die anders ist als unser normaler Weg, dann halten wir inne und checken einmal, ob das noch die reduzierte Form ist oder ob da jemand ein bisschen mehr gemacht hat, als notwendig ist.
formfaktor: Diese Regeln oder diese Haltung hat jeder Mitarbeiter im Hinterkopf?
Das ist der Wunsch. Es ist ja so – und das ist vielleicht auch etwas Besonderes, dass wir sehr langjährige Mitarbeiter haben, die noch von Herrn Porsche persönlich eingestellt wurden. Das heißt, viele davon erreichen bald das Pensionsalter. Wir haben aber immer dafür gesorgt, dass das Nachrücken durch Universitätsabgänger erfolgt. Die meisten haben bei uns schon Praktika gemacht und nach dem Diplom haben wir sie eingestellt. Das heißt, sie haben sich ganz langsam und schon während ihrer Ausbildung, also in einer Zeit, wo ein junger Mensch als Designer noch formbar ist, in die Welt des Studio F. A. Porsche eingefügt und fühlen sich hier zu Hause. Wir haben nie erfahrene Designer eingestellt, die aus ganz anderen Design-Welten kamen. Dadurch gibt es dieses Lehrer-Schüler-Prinzip, weshalb die Designer, die bei uns „aufwachsen“ diese Designhaltung von sozusagen Kindesbeinen an mitbekommen. Dadurch ist gewährleistet, dass die Tradition gewahrt bleibt, aber in einem evolutionären Sinne. Denn die Dinge müssen sich natürlich auch weiterentwickeln. Das ist ein bisschen wie bei Porsche. Dort sieht ein neuer Porsche 911 auch modern aus, aber dennoch haben es die Kollegen geschafft, die DNA vom ersten 911 in das neue Modell zu transferieren. Also Weiterentwicklung mit traditioneller Herangehensweise. Denn wenn man nicht weitergeht, ist es nur eine Wiederholung des bereits Dagewesenen. Aber diese Schritte sind die schwierigsten. Wo mache ich einen neuen Ansatz, ohne dass das Erbe infrage gestellt wird, ohne dass die DNA infrage gestellt wird. Das ist vor allem für jene Marken schwierig, die diese hohe Wiedererkennbarkeit haben.
formfaktor: Das Studio F. A. Porsche arbeitet einerseits an Porsche Design Produkten wie den eigenen Uhren, den Sonnenbrillen, Elektronikprodukten, Taschen und Gepäck oder Produkten aus der Porsche Driver’s Selection Kollektion, andererseits auch für externe Kunden. Welche Herausforderungen gibt es, wenn für andere Marken gearbeitet wird? Ist die Herangehensweise die gleiche?
Im Prinzip schon. Das Thema Kunde ist ganz entscheidend. Die Tatsache, dass wir selbst eine starke Marke sind mit einer Handschrift, die man kennt, ist Fluch und Segen zugleich. Fluch deshalb, weil einige aus diesem Grund erst gar nicht zu uns kommen. Weil die sagen, wir wollen kein Porsche Design-Thema und wir wissen, dass ihr dafür steht. Der Segen ist, dass wir eben eine bekannte Designmarke sind und viele Kunden genau deshalb zu uns kommen. Viele wünschen sich sogar, dass etwas von dieser Herangehensweise auf ihre Produkte übertragen wird. Auf jeden Fall ist es so, dass wir stark auf die Kunden eingehen. Wir schauen uns an, was braucht er von uns. Manchmal stellen wir auch fest, der Kunde braucht eigentlich viel mehr, als er an uns heranträgt. Wir lernen ja die Unternehmen kennen und sehen, dass es zum Beispiel nicht bloß um ein Produkt geht, sondern, dass es im Grunde um einen viel größeren Gestaltungsbereich geht, der vielleicht in die Jahre gekommen ist und überarbeitet werden müsste. Dann entwickeln sich Beziehungen, die über den Erstkontakt weit hinausgehen können. Wir sind auch sehr stark auf der beratenden Seite, weil wir glauben, dass unsere Kunden das von uns erwarten.
formaktor: Gibt es von Ihrer Seite aus Kriterien, mit welchen Firmen sie zusammenarbeiten und wer sich zum Beispiel mit dem Hinweis „designed by Studio F. A. Porsche“ sozusagen schmücken darf. Müssen es Marken aus dem Premium-Bereich sein, die für Kooperationen in Frage kommen?
Das ist schon etwas, worauf wir achten. Ganz klar. Wir legen großen Wert darauf, dass das Produkt qualitativ und in der Kommunikation auf einem hohen Niveau ist. Aber auch hier ist es eher so, dass wir fast nur für Firmen arbeiten, wo das gegeben ist. Ab und an gibt es Anfragen vor allem aus dem asiatischen Raum, wo es zum Beispiel um Produkte im Discounter-Bereich geht, was wir nicht für angemessen halten. Dann kann es zu Situationen kommen, wo wir sagen müssen, dass das nicht der richtige Partner für uns ist.
formfaktor: Porsche Design ist sehr maskulin. 2012 haben Sie sich an einer Damenhandtasche versucht. Wie ist es Ihnen gelungen, die Porsche Design-DNA in ein Produkt für Frauen zu übersetzen? Ist es Ihnen gelungen? Wie sehen Sie das heute?
Ich bin immer noch happy, dass wir das gemacht haben. Gerade die Damenhandtasche war ein richtiger Erfolg, vor allem für eine Marke, die davor gar nichts auf diesem Gebiet gemacht hatte, gar nicht dafür bekannt war und sicherlich bei den Frauen auch nicht auf der Wunschliste stand. Wir haben in der Zwischenzeit verstanden, dass wir in der Außenwahrnehmung als maskuline, als Männermarke gesehen werden. Wir haben auch erkannt, dass wir trotz der exklusiven Produkte, die wir für Frauen gemacht haben, nicht nur im Taschen-Bereich, aber vor allem dort, Jahre wenn nicht Jahrzehnte gebraucht hätten, um tatsächlich eine etablierte Marke für Frauen zu werden. Wir haben dann strategisch entschieden, dass wir diese Zeit lieber in unsere Kernzielgruppe investieren, uns in aller Konsequenz auf die männliche Zielgruppe fokussieren und sie mit exklusiven und einzigartigen Produkten versorgen. Was nicht heißt, dass das eine oder andere Produkt nicht auch für eine Frau geeignet ist.
formfaktor: Es gibt aber keine Überlegungen mehr für Frauen zu machen?
Es gibt keine Überlegungen eine reine Frauen-Kollektion zu machen.
Video: Handwerk in Perfektion: Die Porsche Design Twinbag wird in Florenz hergestellt.
formfaktor: Wie gehen Sie bei Porsche Design mit dem Thema Nachhaltigkeit um?
Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema in der heutigen Zeit und bei Porsche Design eigentlich schon seit der Gründung der Firma. Wir haben das natürlich nicht erfunden, es steckt einfach in unserer DNA. Wir streben seit Beginn an nach Produkten, die nie weggeworfen werden. Das ist für uns eines der größten Nachhaltigkeitskriterien überhaupt. Diese Haltung haben wir nach wie vor. Wir versuchen, Lebensbegleiter zu entwickeln. Wir denken sogar bei Produkten wie Uhren und Schreibgeräten, dass man das an die nächste Generation vererben können sollte. Die Erbstück-Idee stammt auch schon von Herrn Porsche. Das heißt, da gab es immer die Haltung: Wir machen nichts, was irgendwann weggeworfen wird. Jetzt muss man sagen, dass das im Bereich von elektronischen Geräten schwer gelingen wird, weil die Technik sich in so kurzen Zyklen weiterentwickelt, dass solche Geräte irgendwann nicht mehr aktuell sind. Da sind wir vom technischen Fortschritt beeinflusst, dennoch versuchen wir, auch diese Produkte so zu gestalten, dass sie zumindest von der Ästhetik her einen langen Lebenszyklus haben. Und dann muss man dafür sorgen, dass diese Geräte richtig entsorgt und nicht einfach weggeworfen werden. Das ist auch ein wichtiges Thema. Aber insgesamt sind wir – und das ist das Privileg einer exklusiven Marke wie Porsche Design – in einer Preiskategorie angesiedelt, die es uns erlaubt, Produkte in einer so hohen Qualität anzubieten, dass sie sehr lange halten.
formfaktor: Das Studio F. A. Porsche gestaltet nicht nur Produkte, sondern auch CIs und ganze Markenauftritte. Dabei gehen Sie tief in die Analyse und in den Design Research Bereich. In den letzten Jahren ist viel und immer mehr von Design Thinking die Rede … aber ist nicht dieser Ansatz des holistischen Herangehens an eine Aufgabe, genau das, was Designer*innen schon immer gemacht haben?
Ja, da stimme ich Ihnen zu. Es ist erstaunlich, dass ein Begriff wie Design Thinking plötzlich in aller Munde ist, aber manchmal hilft es auch, dass gewisse Sachen thematisiert werden, damit ein Umdenken beginnt. Gerade in Branchen oder Firmen, die Design Thinking noch nicht für sich entdeckt haben. Aber ich stimme Ihnen vollkommen zu, Designer haben immer so gedacht. Und wir sehen eben unsere Rolle für unsere Kunden auch als Berater – wie unsere Schwester-Company Porsche Consulting das mit Prozessen macht – und schauen uns die Firma von ihrem Auftritt, von ihrer Ästhetik, vom Gebäude her an, bis hin zu den Produkten. Da muss eine durchgängige DNA rüberkommen. Es ist erstaunlich, wie viele Firmen, die schon sehr lange existieren, hier noch großes Entwicklungspotenzial haben.
formfaktor: Porsche Design hat sich wie Pininfarina auch an die Gestaltung von Hochhäusern gewagt. Und in beiden Fällen ist die jeweilige Design-DNA unverkennbar wiederzuerkennen. Wie schafft man das?
Für Pininfarina kann ich nicht sprechen. Aber warum sieht ein Porsche Design Tower nach Porsche Design aus? Auch hier kommt wieder unsere reduzierte und funktionelle Designsprache zum Ausdruck. Der Tower in Miami ist dafür ein markantes Beispiel. Bei diesem Projekt gibt es zwei wesentliche Kriterien: Das eine ist die äußere Form, die aus der inneren Organisation entstanden ist und es gibt den sogenannten Dezervator, einen Autoaufzug, in dem der Fahrer samt Fahrzeug bis in den 60sten Stock fahren und dort bis zu zwei Fahrzeuge parken kann. Wenn sie das von der praktischen Seite her überlegen, dann kommen sie ganz schnell darauf, dass ein einziger Auto-Lift zu wenig ist, man braucht drei Aufzüge. Das ergibt eine dreiseitige Ausrichtung, eine 120-Grad-Segmentierung des Gebäudes. Der innere Kern beinhaltet diese drei Auto-Lifts und alle anderen Aufzüge und Strukturen. Und wenn man vom inneren Kern nach außen geht, dann ergibt sich eine Dreier-Teilung der Apartments. Dann haben wir gesagt, wir wollen kein typisches Miami-Gebäude machen, bei dem man einen Turm hinstellt und dann außen die Balkone dranhängt. Wir wollten ein in sich geschlossenes, sehr schlichtes Gebäude. Dadurch kamen wir auf diesen Zylinder, bei dem die Balkone nach innen gehen. Die Außenhaut umspannt quasi die Balkone. Jedes Apartment hat einen eigenen Swimmingpool und eine Art Cigar Room, der außerhalb liegt und durch das Glas dennoch vom Wind geschützt ist. Es sind all diese Funktion, die zur Ästhetik des Gebäudes geführt haben. Und dann schauen Sie sich den fertigen Tower an und sagen: Irgendwie sieht er nach Porsche Design aus. Das ist toll, denn das heißt, dass es keine aufgesetzte Ästhetik ist, die wir machen, sondern es hat sich so aus den Funktionen entwickelt. Eine dieser Funktionen war die Frage, wie bekommen wir es hin, dass die Fassade auch nach 20 Jahren noch gut aussieht. Da sind wir dann ziemlich schnell auf Glas gekommen, was im Wohnturm-Bereich eigentlich ungewöhnlich ist. Wenn sie sich in Miami umschauen, sind die Wohnhochhäuser alle aus Beton und mit weißer Farbe getüncht. Als wir uns dort umgeschaut haben, haben wir gesehen, da rostet sogar Edelstahl, weil wir dort direkt am Atlantik sind, mit einer relativ aggressiven salzhaltigen Luft. Das wollten wir an unserem Gebäude nicht sehen.
formfaktor: Ein Wolkenkratzer und eine Uhr: Sie haben gesagt, die Herangehensweise ist gleich. Ist sie wirklich gleich?
Nun ja, sie ist ähnlich. Die Grundhaltung ist die gleiche. Die Herangehensweise ist aufgrund der Komplexität des Produkts schon anders. Auch die Partner, mit denen man arbeitet, sind andere. Wir sind ja keine Architekten. Wir haben zu diesem Projekt die Marken-DNA gebracht und die Funktionalitäten, die wir haben wollten. Wir haben gemeinsam mit dem Architekturbüro Sieger vor Ort (Sieger Suarez Architects – Anm.), die schon etliche Gebäude an der Küste entworfen hatten, die Planung gemacht. Das ist eine Partnerschaft, in der man sich gut verstehen muss und wo man auch an der einen oder anderen Stelle Kompromisse schließen muss, weil das Thema Marken-DNA mit den Bauvorschriften nicht immer 100 % überein zu bringen ist. Aber ich glaube, wir haben ein ganz gutes Ergebnis erzielt. Das ist auch die Stärke unseres Studios, dass wir uns mit ganz unterschiedlichen Produkten befassen. Von ganz kleinen Dingen, wie Uhren oder Insulinspritzen für externe Kunden bis hin zu großen Themen, wie Jachten oder Gebäuden. Ich glaube, wichtig ist, dass man offen bleibt und dass man diejenigen, die sich mit einem bestimmten Bereich sehr lange beruflich beschäftigt haben, respektiert, um ein gutes partnerschaftliches Verhältnis zu pflegen. Wir sind ein kleines Team und können kein Produkt bis in die Ingenieurstiefe hinein entwickeln, sondern wir können ein Konzept machen, das wir dann gemeinsam mit unseren Partnern ausarbeiten, weiterentwickeln und umsetzen.
formfaktor: Sie legen besonderen Wert auf das Team des Studio F. A. Porsche?
Roland Heiler: Für mich ist die Mannschaft ein ganz wichtiger Faktor. Wir würden Design nie outsourcen, auch wenn wir Unterkapazitäten haben. Wir haben nur ein kleines Netzwerk von Freelancern, die früher einmal für uns gearbeitet haben, die verstehen, was wir hier machen und wie wir es machen. Die holen wir manchmal ins Boot. Wir würden aber nie einen Freelancer von einer Agentur nehmen. Das kann durchaus ein guter Designer sein, aber um eine Aufgabe im Sinne von Porsche Design zu lösen, glaube ich, muss man schon tief in der Design-DNA verwurzelt sein. Deshalb ist es sehr gut, dass wir hier so eine organisch gewachsene Gemeinschaft sind. Und da sich einige von uns der Pensionsgrenze nähern – ich gehöre auch dazu – beschäftigen wir uns seit etwa zwei Jahren auch mit der Nachfolge dieser Positionen.
formfaktor: Also das Studio F. A. Porsche bleibt?
(lacht) Oh, ja. Da sehe ich keine Alternative.
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