Home Architecture Die gebaute Welt verändern – Holcim Awards 2023

Die gebaute Welt verändern – Holcim Awards 2023

von Markus Schraml
Holcim Awards 2023

Die Holcim Foundation for Sustainable Construction hat die Gewinner der internationalen Holcim Awards 2023 bekannt gegeben. Mit einer Gesamtpreissumme von 1 Million US-Dollar gehören sie zu den weltweit best dotierten Wettbewerben für Architektur. Die fünf mit Gold ausgezeichneten Hauptgewinner setzen sich für Ansätze ein, die von adaptiver Wiederverwendung über Materialzirkulation bis hin zu partizipativem Design und kooperativen Geschäftsmodellen reichen. Fünfzehn weitere verliehene Preise (Silber, Bronze und Anerkennungen) veranschaulichen die Bandbreite vielfältiger und innovativer Herangehensweisen aus der Praxis zur Schaffung einer nachhaltigeren gebauten Umwelt.

2.380 sogenannte „registrations of interest“ aus 114 Ländern weltweit verzeichneten die diesjährigen Holcim Awards, wovon schließlich 500 Einreichungen die Teilnahmekriterien erfüllten. Aus diesem Pool wurden von den internationalen Jurys (Asien-Pazifik, Lateinamerika, Europa, Naher Osten / Afrika sowie Nordamerika) die Siegerprojekte ausgewählt. Die Gold-Preisträger kommen aus den Ländern Kanada, China, Ghana, Mexiko und Spanien.

Laura Viscovich, Geschäftsführerin der Holcim Foundation, lobte die Sieger für ihre Entwürfe, die die Ziele der Stiftung verkörpern würden: „In einer Welt, in der Nachhaltigkeit viele Interpretationen hat, ist die Holcim Foundation stolz darauf, Projekte hervorzuheben, die erstklassige Lösungen für die Schaffung erhebender Orte zeigen, die die Ziele der menschlichen Entwicklung unterstützen und gleichzeitig natürliche Systeme wiederherstellen und regenerieren.“

Die Gold-Gewinner der Holcim Awards 2023 sind:

Im Asien-Pazifik-Raum gewinnt das Fujian Tulou Projekt (China) von Tiantian Xu (DnA_Design and Architecture, Peking). Ein Tulou ist ein typischer traditioneller Gebäudetyp in den Bergtälern der südostchinesischen Provinz Fujian. Die runden oder quadratischen mehrstöckigen Festungen wurden zwischen dem 15. und 20. Jahrhundert erbaut und dienten sowohl als Verteidigungsanlage als auch als kollektive Unterkunft für jeweils einen Clan von bis zu 800 Personen. Im Jahr 2008 hat die UNESCO 46 Fujian-Tulou-Gebäude zum Weltkulturerbe erklärt, aber es gibt Tausende weitere in der Region, die teils verlassen wurden und leer stehen. Das Projekt definiert einen Erhaltungsansatz zur Schaffung neuer Zwecke für diese Gebäude – durch Adaptierung sowie Wiederverwendung. Wodurch ihnen ein neuer Wert verliehen wird.

Die Fujian Tulou sind ein typischer traditioneller Gebäudetyp in der Provinz Fujian im Südosten Chinas. © Holcim Foundation for Sustainable Construction

Die Herangehensweise der Architektin zielte darauf ab, die Lebensbedingungen in jenen Gebäuden zu verbessern, die noch von der indigenen Bevölkerung bewohnt werden sowie leer stehende Gebäude anderen Nutzungen zuzuführen, um die Identität wiederherzustellen und neues soziales sowie wirtschaftliches Potenzial zu generieren. Zu den Adaptionen gehören beispielsweise ein Gemeinschaftstheater für kommunale Opernaufführungen und Workshops (Shengping), eine Anlage zur landwirtschaftlichen Produktion (Qifeng), eine Bibliothek (Binyang) oder eine Stampflehm-Bildungswerkstatt (Huoshao).

Vom Industrie- zum Communitygebäude

Den Gold-Award in Europa erhielt ein Projekt in Spanien, bei dem ein Industriegebäude in ein lebendiges Gemeinschaftszentrum verwandelt wird. Konkret wird der Hauptsitz der Daniel and Nina Carasso Foundation mithilfe eines holistischen 360-Grad-Co-Design-Prozesses kreiert. Dabei kommen unterschiedlichste Werkzeuge zum Einsatz: Stadtanalyse, Immobilienerkundung, Raumgestaltung, Governance, Management, Identitätsschaffung sowie ein nachhaltiges Geschäftsmodell. Die Sanierung des ehemaligen Industriegebäudes steht auch mit dem Ziel in Verbindung, ein neues städtisches Paradigma zu manifestieren, das ökologische, soziale und wirtschaftliche Exzellenz verkörpert.

Zirkularität, bioklimatische Strategie, Energieeffizienz, intelligentes Ressourcenmanagement und der Fokus auf die Bewohner
wurden beim Projekt „El 17. Composition of Knowledge House in Spain“ angewendet. 95 % des Bestands fanden eine weitere Verwendung. © Holcim Foundation for Sustainable Construction

Die Innen-/Außenringanordnung des Entwurfs sieht mehr als ein Drittel der gesamten Grundfläche für Mehrzweckräume vor, die die Interaktion der Gemeinschaft fördern sollen. Dieses Layout unterstützt das Ziel, Partnerschaften und Wissensaustausch zwischen städtischen Interessengruppen im Zusammenhang mit Kunst, Bildung und nachhaltiger Lebensmittelproduktion zu fördern. Der Name des Gebäudes El 17 nimmt Bezug auf die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Vereinten Nationen, wobei hier vor allem die Rolle der Partnerschaft in den Fokus gerückt wird. Mit der Umsetzung des Projekts wurden Elii, Husos und Ultrazul beauftragt. Der Bau soll im Januar 2025 fertiggestellt werden.

Naherholung statt Deponie in Mexiko

Der Gold-Preis in Lateinamerika geht an „Utopia Estrella Iztapalapa“ in Mexiko. Das Architekten-Team von Cano Vera Arquitectura erstellte ein Konzept, das aus einer illegalen Mülldeponie einen Ort für Sport, Kultur, soziales Engagement und Bildung für die 230.000 Einwohner von Iztapalapa macht. Angrenzend an die Wasseraufbereitungsanlage Cerro de la Estrella wurde ein 34.000 m² großes Gelände als Deponie mit 55.000 Kubikmetern Schutt genutzt. Darin findet sich auch ein Wald mit 570 Bäumen, die in gutem Zustand sind und in das Projekt integriert werden. Der Bau begann im Januar 2023.

Das Utopía Estrella-Projekt ist ein Stadtsanierungsprojekt, das darauf abzielt, eine soziale Utopie für seine 230.000 Einwohner zu schaffen. Das Projekt betont die Bedeutung der Wasseraufbereitung und Umweltregeneration. © Holcim Foundation for Sustainable Construction

Zentrum für Surfer in Ghana

Das Surf Ghana Collective nutzte ein bestehendes Gebäude, um einen dynamischen Gemeinschaftsraum zu schaffen, der die Jugend in Busua, einer kleinen Stadt und Surf-Hotspot an der Westküste Ghanas, stärkt. Mit der Umsetzung waren Juergen Strohmayer und Glenn DeRoché beauftragt. Ihre Arbeit wurde nun mit Holcim Award für Middle East & Africa belohnt.

Zu den Nachhaltigkeitsstrategien für das Surf Ghana-Gebäude gehören adaptive Wiederverwendung, passive Kühlung, Materialinnovation und gesellschaftliches Engagement. © Julien Lanoo, Holcim Foundation for Sustainable Construction

Alle Komponenten der bestehenden Bausubstanz – mit Ausnahme des Dachs – wurden repariert und wiederverwendet. Das neue Vordach erstreckt sich über den bestehenden Raum und schafft mehr soziale Räume. Zudem wird mit dieser Dachlösung ein Lüftungsspalt kreiert, der den Hauptloungebereich durchquert, was eine verbesserte passive Kühlung und damit angenehmere thermische Bedingungen im Innenbereich ermöglicht. Im Erdgeschoss ist eine Gemeinschaftsterrasse mit Meerblick rund um zwei erhaltene Ficusbäume angelegt.

Hightech, modular und leistbar

Der Gold-Award für Nordamerika geht nach Kanada. Das 1925 Victoria Park Ave-Projekt bietet eine für diese Weltgegend neue Lösung des Wohnens in Apartments. Es ist das erste 12-stöckige nahezu Net-Zero Mietobjekt in Ontario mit gemischter Nutzung. Das Sanierungskonzept bietet eine Lösung der sogenannten „fehlenden Mitte“ und reagiert damit auf die Wohnungskrise in Toronto. Die Entwickler konzentrierten sich auf eine Lebenszyklus-Lösung. Das bedeutet, dass laufende Reparatur- und Wartungskosten sowie Kapitalprojekte von Anfang an berücksichtigt wurden.

Das Ergebnis ist ein Komplex, der sich um einen großen, naturbelassenen zentralen Innenhof gruppiert. Die Zugänge zu den Einheiten erfolgen über freiliegende Korridore, wodurch Querlüftung und viel Sonnenlicht gewährleistet ist. Die ausführenden Büros waren CREE Buildings (Dornbirn, Österreich), Serotiny Group (Toronto) und Well Grounded Real Estate (Toronto).

Der Energieverbrauch des „1925 Victoria Park Ave“-Wohnkomplexes soll um ca. 46 % unter dem Durchschnittsverbrauch in Toronto liegen. © Holcim Foundation for Sustainable Construction

Die Gold-Sieger des Holcim Awards 2023 erhielten jeweils 100.000 US-Dollar Preisgeld. Laut der Jury seien alle Gewinner Vorbilder für kontextuales Gestalten, die die Notwendigkeit integrativer, humanzentrierter Räume sowie Umweltschutz auf bestechende Weise in Einklang bringen würden. Unter anderem befassten sich die Architekten dieser Projekte auch mit kritischen Herausforderungen wie Energiemanagement, Stärkung der Gemeinschaft und Fragen der Landnutzung sowie Sanierung.



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