Kengo Kuma & Associates und Mad Arkitekter haben in Zusammenarbeit mit Buro Happold Engineering den Wettbewerb zur Gestaltung der „Ibsen Library“ im norwegischen Skien gewonnen. Henrik Ibsen (1828 – 1906) ist der international bekannteste Autor aus Norwegen und wurde in Skien geboren. Der Vorschlag der Architekt*innen sieht vor, ein offenes, ansprechendes kulturelles Zentrum zu schaffen, das sich vollständig in die natürliche Umgebung des Parks und das bestehende Ibsen-Haus einfügt. Ibsens weltbekannte Dramen sollen hier einem möglichst großen Publikum zugänglich gemacht werden. Deshalb wird die Bibliothek auch eine Bürger*innen-Servicestelle, Touristeninformation und ein nationales Ibsen-Zentrum beherbergen.
Der gesellschaftskritische Gehalt Ibsens dramatischer Werke in Bezug auf falsche Moral, herrschende Konventionen, Lebenslügen, aber auch Freiheit und Wahrheit soll sich nach den Vorstellungen der Gemeinde Skien in der neuen Bibliothek widerspiegeln. Angestrebt ist, einen wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung und Entwicklung der Demokratie zu leisten. Die Ibsen-Bibliothek wird als eine Art Arena für Inklusion, Offenheit sowie der Integration von Kunst als Ressource für die Gesellschaft fungieren.
Die Architekt*innen unter der Leitung von Yuki Ikeguchi (Partner bei Kengo Kuma & Associates) nannten ihren Entwurf „Trekrone“ (Tree Crown). Dementsprechend soll sich die Bibliothek wie eine organische Linie durch den vorhandenen Park schlängeln, wobei der Weg der fließenden Form sehr achtsam um die vorhandenen alten Ahornbäume herum geplant wurde. Dadurch öffnet sich der bisher eher versteckte Park hin zur Stadt. Der Plan sieht Zugänge auf allen Ebenen und aus allen Richtungen vor, um auch in der Benutzung einen aktiven Bewegungsfluss zu schaffen. Das Dach der Bibliothek neigt sich in Richtung Park und erhebt sich zur Stadt hin. Die Größe des Bauwerks spricht eine deutliche Sprache, denn gemeinsam mit dem Ibsen-Haus soll hier ein neuer kultureller Kern entstehen.
Die beiden Ebenen des Gebäudes wurden offen geplant, ohne fixe Wände, aber mit niedrigen Bücherregalen als Abtrennungen. Das Erdgeschoss verläuft nahtlos und öffnet sich vollständig hin zum Park. Hier sind auch der Kinderbereich und ein Café untergebracht. Das Untergeschoss hat einen anderen Charakter. Es ist so konzipiert, dass es den Eindruck vermittelt, als wäre das Gelände versunken. Dies soll ein Gefühl der Geborgenheit und Heimeligkeit bei den Besucher*innen auslösen. Der gesamte Bereich ist über einen langsam nach unten führenden Weg zugänglich. Die Niveau-bedingten Ebenen sind durch Stufen verbunden, die als spontane Sitzgelegenheiten genutzt werden können. Im ganzen Gebäude wird auf die Themen der Werke Ibsens Bezug genommen: in Objekten, Drucken, Zeichnungen oder Displays auf den Bücherregalen soll der gesellschaftskritische, demokratie-politische Ansatz Henrik Ibsens zum Ausdruck kommen.
Ein Schwerpunkt des Entwurfs ist die Verwendung von natürlichen Materialien. Böden und Wände im Erdgeschoß sind großteils mit Holz verkleidet. Die Außenwände bestehen hauptsächlich aus Glas, um eine maximale Transparenz zwischen Innen und Außen zu gewährleisten und dem Dach einen schwebenden Eindruck zu verleihen. Für die Gestaltung des Daches werden Holzschindel verwendet, dasselbe Material, das auch für traditionelle norwegische Häuser zum Einsatz kommt. Damit wird eine Verbindung zum Maßstab von Büchern hergestellt. Die Schindel werden so angeordnet, dass Licht in die Innenräume dringen kann – gerade so wie durch die Blätter einer Baumkrone. Am Abend oder in den dunklen Jahreszeiten tritt über die Oberlichter der Bibliothek Licht aus und verströmt ein sanftes Leuchten. Der gleiche Effekt wird durch die indirekte Beleuchtung in den Stufen des Amphitheaters erzeugt.
Die räumliche Konzeption von „Trekrone“ geht über die üblichen Eigenschaften einer Bibliothek weit hinaus und schafft Räume, die sich für vielerlei Aktivitäten eignen. Bis hin zu Theateraufführungen von Ibsen-Stücken auf dem ganzen Gelände. Sowohl das Amphitheater als expliziter Ort für Darstellungen als auch die fließenden Innenräume scheinen nicht nur zum Lesen und Studieren prädestiniert zu sein, sondern auch für performative Events.