Der Designmonat Graz ist seit vielen Jahren ein Fixpunkt im Designkalender Österreichs. Was Organisator Eberhard Schrempf (Creative Industries Styria) in dieser Zeit auf die Beine gestellt und kontinuierlich weiterentwickelt hat, ist ein leuchtendes Vorbild für andere Städte und Regionen, das eigene kreative Potenzial zu erkennen, zu präsentieren und damit zu fördern. Ein weiterer Coup gelang Schrempf 2024 mit der Aktivierung des Hornig-Areals, einem verwaisten Industriegelände hinter dem Grazer Hauptbahnhof. Um es zu einem neuen Festivalzentrum zu machen, mussten einige Anstrengungen im Hinblick auf die grundsätzliche Infrastruktur unternommen werden. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, vor allem auch wegen der wundervollen Graffitis des Kunst- und Kulturvereins Raum 117.
Programmatisch ist neben der Hauptausstellung „What Now?“ die erste große Hommage an den vielfach ausgezeichneten kroatischen Künstler und Grafikdesigner Boris Bućan (1947-2023) in Österreich hervorzuheben. Sammlerin Dagmar Meneghello und ein relativ kleines Team haben es geschafft, rund 100 Kunstwerke nach Graz zu bringen, worunter vor allem die Theaterplakate Bućans mit ihrer visuellen Kraft faszinieren. Im Festivalzentrum darf auch der Spaß nicht zu kurz kommen. Und der liegt in der Action. Im Rage Room können Dinge zertrümmert werden. Der konzeptionelle Hintergrund zielt auf die „lustvolle Befreiung“ von Dingen ab, die man schon immer loswerden wollte. Interessanterweise nahmen dieses Angebot vor allem weibliche Aktivisten an und schritten mit Schutzanzug und Helm zur destruktiven Tat.
Höhepunkt im Festivalzentrum: Boris Bućan zwischen Kunst und Design. © Boris Bućan – http://likovna-kultura.ufzg.hr/plakat.htm
Graffitis sind ein wichtiges Betätigungsfeld für den Kunst- und Kulturverein RAUM 117. Spannende Beispiele dafür waren auf dem Hornig-Areal in Graz zu sehen. Im Bild: eine Arbeit von JAKOB. SKiRL. Foto © Markus Schraml
Design Shopping
Abseits des Festivalzentrums werden das Grazer Stadtzentrum und einige der zahlreichen Shops (23) in den Designmonat integriert. Unter dem Motto „Design in the City“ zeigt etwa das slowenische Architektenduo Raketa bei GEBA-Teppiche den Sessel „Jon“, der von antiken Säulen inspiriert ist und das Thema Kreise auf eindrucksvolle Art aufgreift. Katjuša Kranjc und Rok Kuhar von Raketa betreiben von Ljubljana aus auch die Möbelmarke PIKKA, mit dem sie zum Beispiel die praktische Ablage Circulum vertreiben, die bei IN OPTIK zu sehen ist. Erwähnenswert ist Walter Grills Stuhl „Eve“, eine Klappstuhlvariante, dessen Vorbild wohl der klassische Deck Chair darstellt. Erste Exemplare laden im studio.by SEIDL zum Probesitzen ein.
„Design in the City“ verbindet Shops und Designexponate. Der „Jon“-Sessel von Rakuta stößt auf großes Interesse. © CIS, Foto: Miriam Raneburger
Auch die praktischen Ablagen CIRCULUM stammen vom slowenischen Duo. © PIKKA
Katjuša Kranjc und Rok Kuhar führen das Architekturbüro Rakuta. Vertreiben aber auch Möbel mit der Marke PIKKA. Foto © Aljosa Rebolj
Form mit Funktion und Humor lautet das Credo von Designer Walter Grill. © katsey
Der „Eve“-Chair von Walter Grill. Die Roh-Gestelle stammen von Jacqueline Pehack, die Stoffe von Daniela Rampetsreiter. © Walter Grill
Woodland auf Schloss Hollenegg
Der Designmonat Graz bespielt nicht nur die steirische Hauptstadt, sondern lädt über Kooperationspartner auch ins Umland ein. Höhepunkt ist die jährliche Ausstellung auf Schloss Hollenegg for Design. Alice Stori Lichtenstein gab für 2024 das Thema Holz aus. 22 internationale Designer beschäftigten sich mit diesem Material und kreierten Stücke, die im wundervollen Ambiente des Schlosses eine wie immer attraktive Schau bilden und die teilweise Bezug auf das Gebäude nehmen. Die Anziehungskraft kommt dabei nicht nur von den neuen Kreationen, sondern auch – für viele vielleicht sogar hauptsächlich – aus den unzähligen historischen Einrichtungsgegenständen, sodass oft nicht klar auszumachen ist, was Ausstellungsstück und was Einrichtungsobjekt ist. Aus den Arbeiten der großteils jungen Designer ist der „Wolpertinger“ von Guillaume Slizewicz (Herstellung: Thomas Rauch) hervorzuheben. Es handelt sich dabei um eigentümliche Waldwesen in Form von Jagdtrophäen. Slizewicz war einer der diesjährigen Designers in Residence auf Schloss Hollenegg. Oder „Aera“ von Lisa Stolz, eine Matte aus Buchensperrholzelementen, die miteinander verflochten sind und sich an das Körpergewicht anpassen. (Woodland – noch bis 31. Mai 2024)
Schloss Hollenegg for Design ist seit Jahren eine wichtige Größe in der österreichischen Designszene. Die alljährliche Ausstellung folgt einem Konzept von Alice Liechtenstein, das sich einem spezifischen Material widmet. 2024 ist es Holz. Foto © Leonhard Hilzensauer
Die „Wolpertinger“ von Guillaume Slizewicz vereinen Humor und Kritik. Foto © Lipp Zahnschirm
„Aera“ von Lisa Stolz ist eine elastische Matte aus Holzfurnier, die geflochten und mit dehnbaren Schnüren verbunden ist. Foto © Lipp Zahnschirm
Highlights im Mai
Wie der Titel Designmonat nahelegt, ist Design den gesamten Mai über Thema in Graz. Nächste Programmhöhepunkte sind zum Beispiel die KitchenTalks im Festivalzentrum. Einer der fünf Termine findet am 14. Mai statt. Dann spricht und diskutiert Christian Tippelreither (Weitzer Woodsolutions) über die Vorteile von Holz für nachhaltiges Werkstoffdesign. Die beliebte „Design Battle“ geht am 16. Mai in der Tischlerei Josef Prödl über die Bühne. Profi-Teams aus verschiedenen Disziplinen treffen hier aufeinander und entwickeln in kürzester Zeit ein Produkt. Dies ist wohl die anschaulichste Form des Design Transfer Programmes der Creative Industries Styria. Am 30.5. lohnt sich ein Ausflug nach Trahütten. Zum zweiten Mal laden die Künstler/Designer Itshe Petz und Io Tondola mit ihrer Kulturinitiative zum Frühlingsmarkt almfrische mit Kunst, Design, Handwerk und Kulinarik ein. Präsentiert wird unter anderem das neue Fassadendesign der Absteige zur bärtigen Therese. Eröffnung ist am 30. Mai, um 11 Uhr auf dem Tennisplatz. (almfrische-Termine: 30. 5., 1., 2., 8., 9. Juni, jeweils 11 bis 18 Uhr).
FORMFAKTOR Slider-Foto: Murinsel in Graz © Graz Tourismus, Foto: Harry Schiffer