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Energetisch modernisieren – Aerogel Architecture Award 2022

von redaktion
Aerogel Architecture Award 2022

Der Aerogel Architecture Award wurde 2022 zum zweiten Mal verliehen. Im Fokus steht dabei, wie historische Bauwerke energetisch modernisiert werden können – und zwar mithilfe von Aerogel-Materialien. Das Siegerprojekt kommt aus Deutschland, den zweiten und dritten Platz belegen Gebäude aus der Schweiz. Die Preisverleihung fand im NEST, dem Forschungs- und Innovationsgebäude von Empa und Eawag, in der Schweiz statt. Aerogele sind offenporige Hochleistungs-Wärmedämmstoffe, die für sehr dünne Gebäudedämmungen eingesetzt werden können.

Beim 1. Platz des Wettbewerbs handelt es sich um die Sanierung des Ausstellungsgebäudes auf der Mathildenhöhe in Darmstadt. Für die Umsetzung zeichnet das Architekturbüro schneider+schumacher verantwortlich. Aufgrund von veralteter Haustechnik sollte das Ausstellungsgebäude saniert werden. Das war jedoch keineswegs ausreichend, wie sich bei näherer Betrachtung herausstellte. Deshalb wurde in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt ein umfassendes Energiekonzept entwickelt. Neben modernem Glas, das einen kontrollierten Einsatz von Tageslicht erlaubt, kommt in der Außenhülle ein neuartiger, mineralischer Dämmputz aus Aerogel-Granulat zum Einsatz. Dies sollte die energetische Qualität der Fassade erheblich verbessern. Auch die Gegebenheiten des Ortes sollen künftig besser genutzt werden, zum Beispiel indem das historische Wasserreservoir unter dem Ausstellungshaus als Energiespeicher dient.

„Wir waren extrem beeindruckt davon, wie dieses historische Bauwerk unter anderem mithilfe von Aerogel energetisch auf den neusten Stand gebracht wird. Aus unserer Sicht ist es das erste Mal, dass ein so großes Gebäude auf diese Art saniert wird“, fasst Jury-Mitglied Matthias Koebel, ehemaliger Leiter der Abteilung „Building Energy Materials and Components“ an der Empa und heute CEO der Siloxene AG, die Juryentscheidung zusammen.

Das Ausstellungsgebäude auf der Mathildenhöhe zählt seit 2021 zum UNESCO-Welterbe. schneider+schumacher haben es vorbildlich energetisch modernisiert. © Jörg Hempel

Die Pfarrei Heilig Geist in Zürich landete auf dem zweiten Platz. Das 1973 eröffnete Zentrum umfasst eine Kirche, Gemeinschaftsräume, Büros und Apartments. Dämmung und Isolierung waren damals kaum ein Thema, was in einem hohen Energieverbrauch resultierte. Um dem entgegenzuwirken, setzte Architekt Beat Kämpfen von Kämpfen Zinke + Partner im Laufe der Jahre verschiedene Maßnahmen, mit denen das Gebäude energetisch optimiert wurde. Dazu gehören unter anderem mehrere Solaranlagen, der Einsatz von Aerogel in der Fassade sowie das Ersetzen der Gasheizung durch ein Wärmepumpen-System inklusive Erdsonden. Wichtig dabei war immer, dass das äußere Erscheinungsbild der Pfarrei möglichst unverändert bleibt. Dank dieser Neuerungen erhielt das Zentrum 2020 das schweizerische Minergie-Zertifikat.

Die Pfarrei Heilig Geist in Zürich umfasst unterschiedlich genutzte Räume und Gebäude. © Kämpfen Zinke + Partner

Den dritten Platz belegte das Haus am Lindberg in Winterthur. Es wurde 1963 erbaut und mit den Jahren gezielt weiterentwickelt, ohne dabei die Grundstruktur zu verändern. Dies war auch die Vorgabe für Architektin Anne-Kathrin Halt bei der Sanierung der Außenhülle. Unter anderem mussten verschiedene Elemente, wie zum Beispiel ein keramisches Relief an der Hauswand erhalten bleiben. Deshalb fiel die Entscheidung, die Villa mittels Aerogel-Platten zu dämmen. Nach dem Abstemmen des bestehenden Kellenwurfs inklusive Grundputz wurde das freigelegte Volumen mit 20 mm breiten Aerogel-Platten aufgefüllt, der Putz neu aufgetragen und die ursprüngliche Sichtbetonstruktur rekonstruiert. „Die Anwendung von Aerogel an dieser herausfordernden Fassade und die enorme Fläche, auf der das Material zum Einsatz kam, hat uns sehr beeindruckt“, sagt Juror Michael O’Connor.

Das Haus am Lindberg in Winterthur wurde seit seiner Fertigstellung stetig weiterentwickelt. © Anne-Kathrin Halt

Aerogel-Anwendungen

Aerogel-Produkte für das Bauwesen können in mindestens fünf Materialgruppen unterteilt werden: Aerogel Granulat, das aus hydrophobem Silikat-Aerogel mit Korngrößen von bis zu 4 mm besteht, transluzente Aerogel-Elemente, die aus einer Hohlkammer mit transparenten Wänden gebildet werden, wobei die Wände aus Glas oder Kunststoff gefertigt sind. Die Kammer ist mit Aerogel-Granulat gefüllt. Des Weiteren gibt es Aerogel Matten, die aus einem Trägervlies bestehen, in das Aerogel eingelagert ist. Davon unterscheiden sich Aerogel Platten dadurch, dass sie über höhere Steifigkeit und größere Materialstärken verfügen. Schließlich werden Aerogel-Dämmputze durch eine Verbindung von Aerogel-Granulat mit anorganischen Bindersystemen auf Basis von Kalk und/oder Zement hergestellt. Dabei wird eine Wärmeleitfähigkeit erreicht, die knapp unter der von konventionellen Dämmstoffen liegt.

Der Grund, warum Aerogel bisher nur zögerlich eingesetzt wird, liegt an seinem vergleichsweise hohen Preis. Dennoch gibt es Fälle, in denen es sinnvoller sein kann, vor allem bei Innendämmungen Aerogel anstatt eines konventionellen Dämmmaterials einzusetzen. Der grundsätzliche Vorteil von Aerogel ist seine hohe Wärmedämmung bei gleichzeitig kleinem Volumen, was in Innenräumen einen Gewinn an Quadratmetern bedeutet.

Preisverleihung des „Aerogel Architecture Awards“ im NEST: (v.l.n.r.) Organisator Michal Ganobjak (Empa), Architektin Astrid Wuttke (schneider+schumacher), Architekten Christoph Allenbach, Maren Zinke und Beat Kämpfen (Kämpfen Zinke + Partner) mit dem Vertreter der Bauherrschaft Paul Ott, Jury-Mitglied Michael O’Connor (Advapor, vorne), Marco Biondi (Agitec), Jury-Mitglied Matthias Koebel (Siloxene AG) und Co-Organisator Samuel Brunner (Empa). © Empa

Die Empa hat zusammen mit der Fixit AG einen Aerogel-Dämmputz entwickelt, welcher 2013 auf dem Markt eingeführt wurde.


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