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Hundertwasser als grüner Vordenker und Praktiker

von Markus Schraml
Hundertwasser als gründe Vordenker

Friedensreich Hundertwasser starb vor 20 Jahren. Sein Vermächtnis erscheint heute aktueller denn je – vor allem im Hinblick auf die Architektur. Von Ökologie sprach der 1928 geborene Wiener Künstler schon viele Jahre bevor die ersten Grünen die politische Bühne betraten. Und er sprach nicht nur davon, sondern setzte sich auch aktionistisch und in seinem tagtäglichen Handeln dafür ein. Ihm schwebte eine Verbindung von Natur und Gebäude vor. Alle Dächer sollten begrünt werden. In seinen Manifesten verteufelte er die rationalistische Architektur. Sie sei zutiefst unmenschlich. Das Symbol für diese „kasernengleiche Bauweise“ war für Hundertwasser die gerade Linie. Für sie hatte er nur Verachtung übrig. Die Idee einer „ästhetischen Ökologisierung“ setzte er in seinen eigenen Bauwerken konsequent um. Das war für die meisten damaligen Architekturkritiker und Architekten zu viel. Sie ließen kein gutes Haar daran und bezeichneten Hundertwasser als Kitschisten, Behübscher oder Fassadenguru, der potemkinsche Dörfer für Schlümpfe in die Landschaft stelle.

Über die ästhetische Umsetzung lässt sich nach wie vor streiten, nicht aber über das Konzept des ökologischen Bauens und die notwendige Integration des Mensch-Gemachten in die Natur. Sein Experimentierfeld fand Hundertwasser im neuseeländischen Kaurinui-Tal. Dort pflanzte er Tausende von Bäumen, errichtete das Bottle-House, für dessen Außenwände er zum Teil gebrauchte Glasflaschen verwendete und das natürlich ein bepflanztes Dach besitzt. Das Interieur besteht aus selbst gebauten Möbeln und auch eine Humustoilette ist vorhanden. Gerade die Urinseparation ist heute wieder ein großes Thema. So produziert Laufen ein vom Wiener Designbüro EOOS entwickeltes Urin-Trenn-WC und die Blue Diversion Toilet (EOOS und Eawag) soll für sichere Toiletten in Dritte Welt-Ländern sorgen – unterstützt von der Bill & Melinda Gates Stiftung.

Dass Natur immer stärker in die aktuelle Architektur einfließt, zeigen eine ganze Reihe von Projekten, die in den letzten Jahren entstanden sind oder geplant wurden. Beginnend beim Bosco Verticale in Mailand von Stefano Boeri bis hin zu Projekten und Visionen des Architekturbüros WOHA aus Singapur. Sie kommen dankenswerter Weise ohne Zwiebeltürme und Märchen-Attitüde aus, die Natur jedoch ist integraler Bestandteil.

Anlässlich des 20. Todestages Friedensreich Hundertwassers sind zwei Bücher erschienen. Der bei Hatje Cantz veröffentlichte Band „Hundertwasser. Für die Zukunft“ versammelt Auszüge aus seinen Manifesten und Beispiele visionärer Utopien für eine menschengerechtere Welt. Die ab den 1950er-Jahren entstandenen architektonischen Utopien folgen dem Konzept, dass Ästhetik und Ökologie miteinander verbunden sein müssen. Der Künstler entwirft schon früh Prototypen für ein grünes, ressourcenschonendes Bauen, das darauf basiert, sich in den natürlichen Stoffkreislauf einzugliedern. Deshalb fordert er mit Nachdruck eine Begrünung der Fassaden oder die Bewaldung der Dächer und einzelner Stockwerke (Stichwort: Baummieter). Eine andere Idee ist ebenso wieder modern, nämlich, dass ein Bauwerk nicht abgeschlossen ist, sondern sich weiterentwickeln darf und individuell immer wieder anpassen lässt. Hundertwasser: „Ein Haus soll wirklich eine dritte Haut für die Bewohner sein. Eine Haut, die sich ständig wandelt und organisch wachst, genauso wie die Körperhaut.“ (HUNDERTWASSER. FÜR DIE ZUKUNFT. Texte von Robert Hodonyi, Carolin Würfel, Gestaltung von Santiago da Silva, Deutsch, 144 S., 50 Abb. Broschur, 11,5 x 17 cm, ISBN 978-3-7757-4697-7, Verlag: Hatje Cantz)

Im Verlag Prestel junior ist ein ursprünglich bei Elan Vert auf französisch veröffentlichtes Werk erschienen: „Hundertwasser: Ein Haus für dunkelbunte Träume“. In farbenprächtigen Illustrationen erklärt dieses Bändchen die Hauptelemente von Hundertwassers Architektur und erzählt von seinem Architekturmanifest. Außerdem finden sich Informationen über Hundertwasser und sein berühmtestes Gebäude – das Hundertwasserhaus in der Löwengasse in Wien. Diese Publikation eignet sich nicht nur für Kinder und ist eine schöne Einführung in die Welt des Friedensreich Hundertwasser. (Géraldine Elschner, Hundertwasser: Ein Haus für dunkelbunte Träume. Originaltitel: Une Maison Fantastique, Originalverlag: Elan Vert. Mit Illustrationen von Lucie Vandevelde, Ab 4 Jahren, Hardcover, Pappband, 32 S., 24 x 32 cm, mit Goldfolie auf dem Cover, ISBN: 978-3-7913-7453-6, Verlag: Prestel junior)


 

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