Mitte November wurden die diesjährigen Gewinner der James Dyson Awards bekannt gegeben. Die beiden International Winner bieten Lösungen im Bereich der Notfallmedizin bzw. dem Transport von Verletzen in schwierigem Gelände. Zu den Projekten wurden Videos veröffentlicht, die einen wertvollen Einblick in die Herangehensweise der jungen Designer/Ingenieure und der Funktionsweise ihrer Entwicklungen geben.
„The Golden Capsule“ von Cheddie (Hongik University Seoul, Südkorea) ist ein Medikamenteninjektionsgerät für Notfälle, das keinen Strom benötigt. Der Vorteil liegt darin, dass die Retter in rauem Gelände die notwendigen Infusionsbeutel nicht händisch in die Höhe halten müssen. Das Team interviewte Experten für Rettungseinsätze aus verschiedenen Ländern und sahen ihre Beobachtung von prekären Rettungssituationen bestätigt. Es sei sehr schwierig mit mehreren Infusionsbeuteln an einem Katastrophenort zu hantieren. Zur Lösung dieses offensichtlichen Problems entwickelten sie das „Golden Capsule“-Gerät, wobei sich das Golden auf die entscheidende Zeitersparnis bezieht, die mit der Neuheit erreicht werden kann.
Das Gerät funktioniert ohne Strom und nutzt elastische Kraft und Luftdruckunterschiede anstelle von Schwerkraft. „The Golden Capsule“ besteht aus einer transparenten Hülle und einem mit Medikamenten gefüllten Ballon. Während des Herstellungsprozesses wird aus der Schale die Luft entzogen, wodurch im Inneren ein Unterdruck entsteht. Anschließend wird das Arzneimittel in den Ballon eingeführt, der sich dadurch ausdehnt. Der Ballon neigt dazu, zu schrumpfen, aber der niedrige Druck in der Hülle verhindert, dass das Medikament austritt. Wenn Luft in die Hülle eindringt, wird der Unterdruckzustand allmählich aufgehoben. Anschließend schrumpft der Ballon und die Flüssigkeit kann dem Patienten injiziert werden. Auf diese Weise kann die Einspritzgeschwindigkeit durch Anpassen der in die Hülle eintretenden Luftmenge gesteuert werden. Aufgrund ihrer starken Elastizität erreicht das Gerät problemlos die volle Tropfgeschwindigkeit, die in Notsituationen häufig erforderlich ist.
„Basierend auf unseren Interviews haben wir folgende Designanforderungen definiert: stromlos, freihändig, Betrieb für mindestens 30 Minuten, Haltbarkeit, ausreichende Einspritzgeschwindigkeit und Geschwindigkeitskontrolle“, erläutert Cheddie. „Die wichtigste Anforderung bestand darin, die Flüssigkeitsinjektion zu ermöglichen, ohne das Produkt anheben zu müssen. Um dies zu erreichen, haben wir viele Arten von Kräften und vorhandene stromlose Geräte untersucht, mit Ausnahme derjenigen, die Schwerkraft nutzen. Dadurch ist es uns gelungen, einen speziellen Wirkmechanismus zu erfinden, der durch praktische Experimente verifiziert werden konnte.“
The Life Chariot aus Polen
Der zweite International Winner kommt aus Polen. Piotr Tłuszcz hat mit „The Life Chariot“ einen Evakuierungsanhänger entwickelt, der für den Offroad-Einsatz prädestiniert ist. Im Angesicht des Kriegs in der Ukraine wurde eine Lösung ersonnen, die aus einer Geländefederung besteht, die dank Gas verstellbarer Gewindefahrwerksdämpfer und Längskipphebeln für relativ hohe Geschwindigkeiten ausgelegt ist. „Zehn Jahre Erfahrung in der Konstruktion von Höhlenrettungsanhängern, zusammen mit meinem Vater und der Entwicklung von Geländeanhängern, brachten mich dazu, darüber nachzudenken, wie ich Sanitätern auf dem Schlachtfeld helfen kann.“
Das obere Modul ist ein schützender Stahlkäfig, der mit einer feuerfesten Plane abgedeckt werden kann, die sich seitlich und hinten öffnen lässt. Im Inneren befinden sich Führungsschienen zum einfachen Beladen und Sichern der Trage nach NATO-Standard. An den Seiten sind zwei Sitze für Retter oder Leichtverletzte montiert. Der Aufbau enthält außerdem zwei luftdichte Boxen und einen Dachträger für zusätzliche medizinische Ausrüstung. Die größten Vorteile dieses Anhängers sind sein geringes Gewicht und die hervorragende Federung, die eine relativ komfortable Fahrt für die Verletzen in schwierigem Gelände ermöglicht.
Von der Entwicklung des Konzepts (März 2022) bis zum Einsatz an der Front in der Ukraine (September 2022) dauerte es nur wenige Monate. Dazu gründeten Piotr und sein Vater das Unternehmen Da Orffo Automotive. Nur zwei Monate später wurde mit dem Bau eines zweiten Modells begonnen, das vom Podkarpacki Business Club finanzierten wurde und für die polnischen Frontmediziner der W Międzyczasie Foundation gedacht war. Der zweite Anhänger wurde von TOPR-Bergrettern getestet, indem sie ihn hinter einem 6-Rad-Quad durch die Tatra schleppten.
Nachhaltigkeitspreis
Der ebenfalls mit 30.000 Pfund dotierte Sustainability Winner-Award ging an das Projekt E-COATING von Hoi Fung Ronaldo Chan und Can Xiao aus Hongkong. Es handelt sich um eine umweltfreundliche, kostengünstige Dach- und Außenwandbeschichtung mit hoher Kühlwirkung für stromlose Kühlung. Das Material besteht überwiegend aus Altglas und VOC-freiem Bindemittel. Der Ausgangspunkt war die Tatsache, dass in Hongkong Klimaanlagen für 31 % des gesamten Stromverbrauchs verantwortlich sind. Gleichzeitig landen 470.000 Glasflaschen jeden Tag auf Müllhalden. Aus diesen beiden Fakten entwickelten die beiden Erfinder eine neuartige Beschichtung aus Altglas, die ca. 95 % des auftreffenden Sonnenlichts blockiert und reflektiert. Dies wird durch eine genaue Abstimmung der Größe der verwendeten Glasfragmente erreicht. Trifft Sonnenlicht auf die Beschichtung, wird das Licht von den winzigen Glassplittern reflektiert und tausendfach gestreut. Durch diesen Vorgang wird der Bedarf an energieintensiven Klimaanlagen reduziert, was zu geringerem Energieverbrauch und letztlich zu erheblich weniger Kosten führt.
Wenn E-COATING auf 10 % der Dachfläche von Industrieparks in China angewendet werden würde, könnte der eingesparte Strom jährlich etwa 15,7 Mio. chinesische Haushalte mit Strom versorgen.