Am letzten Tag des World Architecture Festivals, das im Marina Bay Sands in Singapur stattfand, wurden die Awards für das weltbeste Gebäude, das weltbeste Interieur, das Zukunftsprojekt sowie die Landschaftsarchitektur des Jahres bekannt gegeben. Der Preis für das World Building of the Year geht an die Huizhen High School in Ningbo (China) von Approach Design Studio/Zhejiang University of Technology Engineering Design Group Co.,Ltd. Es ist eine gewagte Interpretation einer Campus-Gestaltung. „Unser Ziel war es, einen Campus zu schaffen, auf dem Zeit ernsthaft verschwendet werden kann, gerade im Hinblick auf ein Effizienz-zuerst-Bildungsmodell“, erläutern die Architekten.
Das Projekt befindet sich im Bezirk Jiangbei der Stadt Ningbo und ist eine Highschool mit 30 Klassen inklusive Internat. Der immer knapper werdende städtische Raum, die schnell wachsende Schülerzahl und der hohe Weiterbildungsdruck haben das „Effizienz-First“-Prinzip bei diesem Campusbau bestimmt. „Obwohl Effizienz sicherlich wichtig ist, glauben wir, dass Kinder gerade unter großem Druck mehr Freiräume brauchen, in denen sie Zeit locker verbringen können und in denen sie ihren Geist und Körper ausrichten und Schönheit entdecken können“, meinen die Architekten.
Der Unterrichtsraum wurde so verdichtet, dass Richtung Osten eine Art schwebender „Wald“ geschaffen werden konnte. Die Struktur der Regenwaldpflanzen und die Bäume ergänzen sich, sodass eine vertikale Schichtung von Pflanzen entsteht. „Als Landschaftsarchitekten haben wir die Durchgänge unterteilt und die Bepflanzung in einem Zickzack-Muster angelegt, sodass die Menschen, egal wo sie stehen, von einem grünen Wald umhüllt werden“, erklären die Architekten. Mit dieser Vergrößerung des Grünvolumens schufen sie einen dreidimensionalen Begrünungseffekt. Gleichzeitig sorgt die spielerisch-freundliche bauliche Gestaltung für Abwechslung, was zu mehr Bewegung anregt. Das Projekt ist ein Beispiel für einen architektonischen Ausgleich in der Welt von chinesischen Schülern, die von hohem Leistungsdruck geprägt ist. Den strengen Normen des Schullebens werden „Schlupflöcher“ hinzugefügt.
World Interior of the Year
Den Titel World Interior of the Year gewinnt das 19 Waterloo Street-Projekt in Australien von SJB. Diese Arbeit, die bereits den Robin Boyd Award bei den australischen National Architecture Awards erhalten hat, holt das Maximale aus einem sehr kleinen Ort heraus. Mit einer Grundfläche von nur 30 m² und einer Fassade im Stil von Jacques Tati aus recycelten und zerbrochenen Ziegeln fügt sich dieses Mini-Haus durch die Anordnung und Geometrie der Öffnungen spielerisch in die Straße ein. Ziel war es, mit wenig möglichst viel zu erreichen, den Standort weiter zu nutzen und Materialien wiederzuverwenden.
World Interior of the Year ist das Projekt 19 Waterloo in Australien. © Anson Smart
Das Architekturbüro SJB hat aus einem äußerst kleinen Raum das maximale an Wohnkomfort herausgeholt. © Anson Smart
19 Waterloo Street ist ein spektakuläres Beispiel für einen neuen Ansatz zur städtischen Verdichtung. Das Gebäude präsentiert einen Raum voller Freude und Leben, der seinen Bewohnern ein Höchstmaß an Wohneffizienz bietet.
Future Project of the Year
Das Future Project of the Year 2023 ist der „Probiotic Tower“ in Kairo von design and more international. Es ist ein Projekt, bei dem existierende Strukturen weiterverwendet werden. Konkret geht es um Wassertürme. „Wassertürme spiegeln eine frühe Generation von Infrastrukturen wider, die Wasser in der Höhe auffangen, um es unter Druck zu setzen und an die umliegende Nachbarschaft zu liefern. An vielen Orten sind Wassertürme durch die Installation von Netzsystemen, die mittlerweile zum Standard in der entwickelten Welt geworden sind, überflüssig. Unser zentraler Vorschlag ist, dass wir solche Infrastrukturen umnutzen können“, betont Architekt Islam El Mashtooly. Das Herzstück des „Probiotic Towers“ ist ein großer Algenbioreaktortank, der CO2 aus lokalen Quellen absorbiert. Dieser Reaktor nimmt nicht nur Kohlenstoff aus der Nachbarschaft auf, sondern erzeugt auch einen neuen Rohstoff – nämlich Biokraftstoff, der von den Bewohnern genutzt werden kann.
Landscape of the Year
Den Award Landscape of the Year erhält der Benjakitti Forest Park in Bangkok (Thailand) von TURENSCAPE und Arsomsilp Community and Environmental Architect. Im geschäftigen Herzen Bangkoks haben die Architekten das Gelände einer ehemaligen Tabakfabrik in ein wartungsarmes, regeneratives System verwandelt, das die zerstörerische Kraft von Regenwasser auffängt und reduziert, verunreinigtes Wasser filtert sowie den dringend benötigten Lebensraum für Wildtiere bietet.
Um die vielfältigen Herausforderungen des Standorts zu bewältigen, wurde das Projekt als zentraler Park konzipiert, der in der Lage ist, ganzheitliche Ökosystemdienstleistungen bereitzustellen, einschließlich einer naturbasierten Lösung für den städtischen Hochwasserschutz. Zudem sollte öffentlicher Raum für tägliche Freizeitaktivitäten und andere kulturelle Dienstleistungen geschaffen werden. Alle vorhandenen Bäume wurden erhalten und in die Parkgestaltung integriert. Mithilfe von Cut-and-Fill-Techniken wurde der undurchlässige, mit Beton gepflasterte Boden in eine schwammige und poröse Landschaft aus Feuchtgebieten mit kleinen Inseln verwandelt. In die modulierte Landschaftsform säte das Team Samen und pflanzte Bäume. All dies bietet die Grundlage für die kommende Entwicklung hin zu einer halbnatürlichen Pflanzengemeinschaft, die eine vielfältige Ästhetik bietet, die in scharfem Kontrast zur umgebenden Stadtlandschaft steht. Der Benjakitti Forest Park bietet den größten öffentlichen Erholungsraum für die Bewohner der Innenstadt von Bangkok und ist zu einem neuen kulturellen Symbol geworden.
Während der 16. Ausgabe des World Architecture Festivals wurden bei der Abschlussveranstaltung auch zahlreiche Sonderpreise bekannt gegeben, darunter der International Building Beauty Prize, der Best Use of Color Prize und das Small Project of the Year.