Mit dem österreichischen Bauherrenpreis werden alljährlich Bauwerke prämiert, die sich durch eine besonders intensive und erfolgreiche Zusammenarbeit von Bauherren*innen und Architekten*innen auszeichnen. Spezielles Augenmerk bei diesem Preis, der von der Zentralvereinigung der Architektinnen und Architekten Österreichs ausgeschrieben wird, verdient das Prozedere der Urteilsfindung der Jury. 2018 wurde aus den 106 Einreichungen zunächst eine 22 Projekte umfassende Nominiertenliste erstellt, wobei die Nominierungsjury des jeweiligen Bundeslandes jedes Projekt vor Ort besichtigte. Nach der Nominierungsphase begab sich die Hauptjury nochmals auf eine österreichweite Reise, um die Preisträger*innen zu ermitteln.
Diese aufwendige Vorgangsweise erlaubt eine viele genauere Beurteilung eines Objekts, einer Gestaltung im Hinblick auf die Standortbeziehungen, im Vergleich zu einer Entscheidung, die aufgrund von Fotos und Plänen fallen muss. Hauptjurorin Gabriel Kaiser: „Die fühlbaren Unterschiede zwischen den abgebildeten Projekten und den Erfahrungen vor Ort verdeutlichten einmal mehr, wie sehr Architektur auf die Unmittelbarkeit des Begehens und räumlichen Erfassens angewiesen ist. Ohne die direkte Begegnung vor Ort, ohne Kontext, Geschichte und Geschichten, ließe sich die Synthese aus Architektur- und Bauherrenleistung kaum erfassen.“
Mit dem Bauherrenpreis werden vor allem innovative Qualitäten in der Architektur gewürdigt, die sich durch eine ideale, befruchtende Zusammenarbeit von Bauherren*innen und Architekten*innen ergeben können. Maria Auböck, Präsidentin der ZV der Architektinnen und Architekten Österreichs: „Die diesjährigen Preisträger*innen veranschaulichen, dass die gesellschaftlichen Kernthemen Wohnen, Schule und Bildung auch zukünftig zu den wesentlichen Bauaufgaben gehören. Ebenso gilt es, eine hohe Wertschätzung für Sonderprojekte, die außergewöhnliche Themen aufgreifen und damit die Szene bereichern, zu vermitteln.“
Die sechs Preisträger*innen kommen aus den Bundesländern Wien, Oberösterreich, Steiermark, Kärnten und zweimal Vorarlberg. Das bekannteste Bauwerk ist ohne Zweifel die Wunderkammer des Brotes, das Paneum in Asten von Coop Himmelb(l)au Architekten. Peter Augendopler, Firmeninhaber von Bauherr backaldrin und Wolf D. Prix waren sich ziemlich schnell über die entsprechende Form für den vorgegebenen Zweck einig. Die „Wolkenschiff-Arche“ mit seiner stolzen, organischen Form, die einige Interpretationen zulässt, wie etwa die Analogie zum maschinellen Kneten des Brotteiges, beherbergt ein Informationszentrum, ein Museum und ein Veranstaltungsforum. Nach Betreten eröffnet sich ein großer, hoher Raum, der über eine geschwungene Treppe erklommen werden kann, wobei der Blick auf zahlreiche Stücke aus der umfangreichen, Brot spezifischen Sammlung von Peter Augendopler fällt.
Architektur hat in Vorarlberg einen hohen Stellenwert und genießt immer öfter auch internationale Anerkennung. Zwei Projekte aus dem Ländle wurden mit dem Bauherrenpreis 2018 ausgezeichnet. Die Volksschule im Dorf Lauterach und die Georunde Rindberg. Mit der Volksschule in Lauterach gingen die Verantwortlichen, allen voran Vizebürgermeisterin Doris Rohner, sowohl baulich als auch pädagogisch neue Wege. Und da Neues in Gesellschaften zunächst immer eher abgelehnt wird, gab es auch bei diesem Projekt Kritiker. Kritisiert wurde der Umgang mit dem Altbestand und auch das Siegerprojekt von Feyferlik/Fritzer (Graz), die mit einem offenen Raumkonzept und unterschiedlichen Freiflächen einen sehr modernen, zukunftsfähigen Entwurf vorgelegt hatten. Mittlerweile scheinen sich die Wogen geglättet zu haben und auch die Skeptiker haben die Vorteile der hervorragenden Planung am fertigen Gebäude erkannt.
Die Georunde Rindberg ist ein Erinnerungspfad, der an eine Hangrutschung im Jahr 1999 erinnert, einem für die Bevölkerung traumatischen Ereignis. Damals waren 18 Wohn- und Wirtschaftsgebäude bis zu 240 Meter talwärts gerutscht. Auf dem Pfad vom Architekturbüro Innauer-Matt und dem Designteam Super BfG finden sich acht in die Landschaft platzierte, „schiefe“ Objekte. Die Installationen aus Edelstahl sind Teil der Aufarbeitung für die Bewohner*innen, die sich mit der Kraft der Natur auseinandersetzen und sich auf das Leben als Veränderung einstellen mussten. Da der Hang auch heute noch rutscht, gibt es mittlerweile bewegliche und unbewegliche Grundgrenzen sowie eine Kapelle, die in 48 Stunden abgebaut werden kann.
Weitere ausgezeichnete Bauwerke sind das Projekt „Prinzessin Veranda“ im Grazer Lendviertel als Wohn- und Geschäftshaus mit positiver Strahlkraft in einem lange Zeit unattraktiven Stadtteil, die Bundesschule Aspern (Bauherr: Bundesimmobilien Gesellschaft) im größten Neubaugebiet der Stadt Wien, der Seestadt Aspern und die „Häuser im Wald“ auf der Turracher Höhe in Kärnten, wo drei vertikal orientierte Blockhäuser zeigen, wie mit möglichst wenig Grundfläche attraktiv und umweltschonend am Land gebaut werden kann.
Die Hauptjury des österreichischen Bauherrenpreises 2018 bestand aus Andreas Bründler (Architekt, Basel), Gabriele Kaiser (Architekturpublizistin und Kuratorin, Wien) und Stefan Marte (Architekt, Feldkirch).