Home Architecture Ökologisch Abschied nehmen: Wie in 30 Tagen aus sterblichen Überresten Erde entsteht

Ökologisch Abschied nehmen: Wie in 30 Tagen aus sterblichen Überresten Erde entsteht

von redaktion
Recompose, Olson Kundig

In nur 30 Tagen soll aus den sterblichen Überresten von Menschen Erde werden. Die US-amerikanische Firma Recompose hat einen Prozess entwickelt, der dies möglich macht und in der Folge aus den Restnährstoffen, die in Leichnamen vorhanden sind, neues Leben hervorbringt. Das Architekturbüro Olson Kundig präsentierte nun Pläne für die weltweit erste Anlage, mit der die sterblichen Überreste in Erde verwandelt werden können. Unter der Leitung von Alan Maskin (bei Olson Kundig unter anderem für das Kultur-Portfolio zuständig) soll bis zum Frühjahr 2021 eine Einrichtung in Seattle entstehen – das Recompose | SEATTLE –, in der dieser Service weltweit erstmals angeboten wird. Grundlage dafür war auch die Legalisierung dieses Prozesses durch den Bundesstaat Washington im April 2019.

Recompose ist eine gemeinnützige Organisation, die von Katrina Spade gegründet wurde, um eine Alternative zu Beerdigungen und Verbrennungen anzubieten – die sogenannte „natürliche organische Reduktion“. Der Prozess, der den Vorgang des Zersetzens von organischem Material im Waldboden nachahmt, basiert auf jahrzehntelanger Forschung. Spade hat mit ihrem Team im Rahmen einer Creative Exchange Residency bei Olson Kundig den ersten Prototypen des Recompose-Behälters entwickelt, in dem der Prozess stattfindet. Im neuen Zentrum soll das Ganze dann folgendermaßen ablaufen: Im Rahmen einer Zeremonie wird der Körper des/der Verstorbenen in eine Art Wiege gelegt und Freunde und Familienmitglieder können dann Holzschnitzel um den Leichnam verteilen, um ihn auf die bevorstehende Reise vorzubereiten. Holzhackschnitzel helfen dabei, das richtige Verhältnis von Kohlenstoff und Stickstoff zu erreichen. Danach wird die Wiege in den Recompose-Behälter gelegt und der Körper mit weiteren Holzschnitzeln, mit Alfalfa (Luzerne) sowie Stroh bedeckt und belüftet. Im Lauf der nächsten 30 Tage tun Mikroben ihre Arbeit und machen aus den sterblichen Überresten Erde. Im Zuge dieses Prozesses entsteht Wärme, die dafür sorgt, dass Krankheitserreger eliminiert werden und die entstehende Erde für die weitere Verwendung unbedenklich macht.

Durch den Prozess der „natürlichen organischen Reduktion“ entsteht nährstoffreiche, dunkle Erde. Dabei wird ungefähr eine Tonne Kohlenstoff pro Person im Vergleich zur normalen Bestattung oder Verbrennung eingespart. Die produzierte Erde kann von Freunden und Familienmitgliedern mit nach Hause genommen und etwa für den Garten oder als Spende für die Pflege von nachhaltigen Wäldern verwendet werden.

Katrina Spade und Alan Maskin begannen ihre Zusammenarbeit im Jahr 2015. „Wir haben uns gefragt, wie wir die Natur, die den Lebens/Todeszyklus perfektioniert hat, als Modell für die Sterbe-Nachsorge von Menschen nutzen können. Es schien uns passend, uns in diesem tiefen Moment mit einem natürlichen Kreislauf wiederzuverbinden und der Erde etwas zurückzugeben“, sagt Spade über den Ausgangspunkt für ihre Entwicklung.

Die 18.500 Quadratfuß große Anlage wird im SODO-Viertel von Seattle entstehen. Das Kernstück des Recompose | SEATTLE-Raums wird ein modulares System sein, in dem etwa 75 Recompose-Behälter Platz finden werden, die den zentralen Zeremonie-Raum mit einer wabenförmigen Struktur umgeben. „Das Projekt wird letztendlich eine direktere, teilnehmende Erfahrung und einen Dialog rund um den Tod und das Feiern des Lebens fördern“, meint Alan Maskin. Neben dem zentralen Raum sind Räume für die Lagerung und die Vorbereitung von Leichnamen, Verwaltungsbereiche hinter dem Haus und eine öffentliche Lobby geplant, in der der Prozess der „natürlichen organischen Reduktion“ beschrieben wird. Offene Verbindungen zwischen Innen- und Außenräumen sollen die Natur hereinholen und die Grenze von menschlichem Erleben und natürlichen Prozessen verwischen. Ein Thema, dem sich das Studio Olson Kundig schon sehr lange widmet: die Gestaltung der gebauten und landschaftlichen Umwelt – und das Zusammenspiel von beidem.

Das Architekturbüro Olson Kundig wird von fünf Eigentümern geführt: Jim Olson, Tom Kundig, Kirsten R. Murray, Alan Maskin und Kevin Kudo-King. Am Hauptsitz in Downtown Seattle arbeiten an die 190 Menschen für das Unternehmen. Das In-House Interieur-Studio wurde 2000 gegründet und bietet eine Reihe von Dienstleistungen an, wie eine Material-Abteilung oder maßgeschneidertes Möbeldesign. Wichtige Aufgaben übernimmt auch das Landscape Design Studio, vor allem im Bereich der Integration von Natur und gebauter Umwelt. Im Jahr 2014 eröffnete Olson Kundig ein Büro in New York, um die expandierenden Geschäfte an der Ostküste, aber auch internationale Kunden besser betreuen zu können.

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