Home Architecture Österreichischer Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit: die Nominierten

Österreichischer Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit: die Nominierten

von redaktion
Paracelsus Bad Salzburg

Die Nominierten für den Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit 2021 stehen fest. Zehn Projekte haben es in die Finalrunde geschafft. Eine unabhängige Jury wählte diese aus insgesamt 72 Einreichungen aus. Architektin Katharina Bayer, die neue Vorsitzende der internationalen Staatspreisjury, lobt die eingereichten Projekte: „Wir waren beeindruckt von der hohen Qualität und Fülle der Projekteinreichungen. Praktisch aus ganz Österreich und für jede Art von Gebäude bis hin zu ganzen Quartieren wurden tolle Projekte eingereicht, von denen wir die allerbesten für eine Nominierung ausgewählt haben.“

In der sechsköpfigen Jury sind sowohl Expert*innen aus dem Bereich Architektur als auch Nachhaltigkeit vertreten. Als Basis für die Nachhaltigkeitsbewertung dient der österreichische klimaaktiv-Gebäudestandard. Die Liste der Nominierten ist ein Zeichen für den immer größeren Stellenwert von Sanierungen und Bestandsentwicklungen im Bauwesen in Österreich. So sind nur vier der zehn nominierten Projekte Neubauten (zwei davon Ersatzneubauten in zentralen Lagen in Wien und Salzburg). Bei den anderen sechs Projekten handelt es sich um Sanierungsprojekte, Um- und Zubauten von Bestandsobjekten sowie die Weiterentwicklung eines Ortszentrums.

Die nominierten Projekte

Architekt Georg Bechter hat einen alten Kuhstall saniert und als Büro sowie Leuchtenmanufaktur adaptiert. Das Gebäude wurde bis auf die Grundkonstruktion abgetragen und anschließend mit regionalen, nachwachsenden Rohstoffen wie Holz und Lehm verkleidet. An der Südfassade wurde als Wärmepuffer ein verglastes Stiegenhaus errichtet. Zum Energiekonzept zählen Wärmepumpe, Solarthermie, eine PV-Anlage sowie ein Eisspeicher (!), der in der ehemaligen Jauchegrube installiert wurde und mit Brunnenwasser gespeist wird.

Denkwertstätte Hittisau, Architekt: Georg Bechter. Foto © Kurt Hoerbst 2021

Das Bürogebäudes des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger in der Wiener Kundmanngasse war veraltet. Die Bauherrin entschied sich jedoch gegen einen Abriss und für eine Generalsanierung. Den Auftrag erhielten Chaix & Morel et associés / Christian Anton Pichler ZT GmbH. Sie schufen ein helles, modernes Gebäude mit Zubauten für Konferenzen und öffentlich zugängliche Gastronomie. Das Bürohaus wurde energetisch optimiert und verbraucht nun dank Fernwärme, Bauteilaktivierung, PV-Anlage und einer lüftungstechnisch durchdachten Doppelfassade im Passivhaus-Standard deutlich weniger Energie als herkömmliche Hochhausneubauten.

Kundmanngasse Wien SV, Architekten: Chaix & Morel et associés & Christian Pichler. Foto © Kurt Hoerbst 2021

Das Büro von mia2 Architektur ZT GmbH zeichnet für die Sanierung und Aufstockung eines Stadthauses aus dem 16. Jahrhundert in der Linzer Lederergasse verantwortlich. Im Innenhof wurde ein Garten mit schwarzen Holzlatten und Glasfaserstegplatten angelegt, an der Innenfassade eine elegante Treppenskulptur aus Betonfertigteilen errichtet und an den Balkonen ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft alte Vintage-Stahlbrüstungen aus einem Abbruchhaus wiederverwendet. Im Bereich der Aufstockung kamen Holz, Glas und innen liegende Stampflehmwände als speicherfähige Masse zum Einsatz. Der behutsame Umgang mit der historischen Bausubstanz führte zu einer angenehm zurückhaltenden Modernisierung.

Stadthaus in Linz, Lederergasse, MIA2-ARCHITEKTUR. Foto © Kurt Hoerbst 2021

Im Zuge einer umfassenden Sockelsanierung wurden die Häuser in der Wiener Geblergasse 11 und 13 erweitert, aufgestockt und haustechnisch von Grund auf erneuert. Erstmals in Österreich kam im historischen Bestandsbau Geothermie zum Einsatz. Die Erdwärme-Anlage lässt jederzeit einen Ausbau zu, sodass das technische Versorgungskonzept in Zukunft zu einem Energienetz für den gesamten Straßenblock ausgebaut werden kann. Nicht zuletzt lösten zeininger architekten das realisierte Forschungsprojekt mit Kastenfenstern und behutsamen Eingriffen auch architektonisch ansprechend.

Smart Block Geblergasse Wien, Architekt: Zeininger Architekten. Foto © Kurt Hoerbst 2021

In der Gemeinde Stanz im steirischen Mürztal wurde das Ortszentrum erweitert. Neben einem multifunktionalen Veranstaltungs- und Gemeinderatssaal wurde ein gemischt nutzbarer Holzneubau mit Wohnungen und einem Bio-Supermarkt errichtet. Diese Initiative ist ein Beispiel für gelebte Baukultur im ländlichen Raum, die einer engagierten Baukulturpolitik zu verdanken ist. Kein Wunder, dass Stanz als eine der wenigen Gemeinden im Mur-Mürz-Tal in den letzten Jahren Zuzug verzeichnen konnte. Architektur: Nussmüller Architekten ZT GmbH

Ortszentrum Stanz, Mürztal, Steiermark, Architekt: Nussmüller Architekten. Foto © Kurt Hoerbst 2021

In Frastanz (Vorarlberg) wurde das bestehende Schulgebäude erweitert, wobei Alt- und Neubau eine Symbiose eingehen. Mit Liebe zum Detail gestalteten Pedevilla Architects Möbel, Raumöffnungen und Wegeleitsystem, wobei die charakteristische Giebelform des Hauses immer wieder als grafische Vorlage dient. Bei den Baustoffen wurden vor allem regionale Produkte wie Kalkputz eingesetzt, hinzu kommt ein umfassendes Produkt- und Chemikalienmanagement. Zur technischen Versorgung zählen eine Fußbodenheizung sowie eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung.

Bildungszentrum Frastanz Hofen, Architekt: Pedevilla Architects. Foto © Kurt Hoerbst 2021

Ein Gebäude, das bereits einige Aufmerksamkeit in der Branche erfahren hat, ist der neue Ikea-Standort in der Mariahilfer Straße in Wien von querkraft architekten. Eher untypisch für den Möbelriesen ist der neue City-Ikea am Westbahnhof ein offenes, “grünes” Haus mit vielen Ein- und Ausblicken. Der Kern des Gebäudes ist von einer weißen Stahlstruktur umhüllt, auf der Erker und Pflanzenbalkone mit Laub- und Nadelbäumen verteilt sind. Dank Fernwärme, Bauteilaktivierung, großzügiger Versorgung mit Tageslicht, baulichen Verschattungsmaßnahmen und einer flexiblen Baustruktur, die zu einem späteren Zeitpunkt auch alternative Nutzungen zulässt, verbraucht das Gebäude weniger Ressourcen als vergleichbare Möbelhäuser. Vor allem die Begrünung mit insgesamt 160 Bäumen fällt hier sofort ins Auge.

Ikea – Wien Westbahnhof, Architekt: querkraft. Foto © Kurt Hoerbst 2021

Am Standort einer veralteten Badeanstalt in der Stadt Salzburg wurde ein kompakter, mehrgeschossiger Neubau errichtet, das Paracelsus Bad & Kurhaus. Besonderes Augenmerk legten Berger+Parkkinen Architekten auf die hochwertige Materialität mit eigens angefertigten Keramikstäben. Dieses charakteristische Element ist nicht nur an der Fassade zu finden, sondern prägt auch die Schwimmhalle. Über die organisch geformte Decke und den Light-Dome wird der Schwimmbereich mit reichlich Tageslicht versorgt. Durch den Einsatz von Fernwärme, Wärmepumpe, hauseigener Abwärme und Photovoltaik am Dach kommt dieser Bau mit deutlich weniger Energie aus als vergleichbare Projekte.

Paracelsus Bad Salzburg
Paracelsus Bad, Salzburg, Architekt: Berger+Parkkinen Architekten, Foto © Kurt Hoerbst 2021

Mit dem Atelierhaus C21 entwarf Architekt Werner Neuwirth in einer schmalen Parzelle im Wiener Neubaugebiet Sonnwendviertel ein gemischt nutzbares Bauwerk mit 87 Einheiten inklusive Büros, Studios, Ateliers, Betriebswohnungen und Ausstellungsräume. Dieser Vielfalt entspricht auch die Gestaltung der Fassade mit unterschiedlich gesetzten Fenstern, hinter denen sich zum Teil zweigeschoßige, bis zu fünf Meter hohe Räume verbergen. Der Stahlbetonbau, der im Inneren in Sichtbeton ausgeführt ist, wird über thermisch aktivierte Tiefgründungen temperiert. Zur weiteren Versorgung zählen Wärmepumpe und Photovoltaik. Auf dem Dach gibt es private und öffentliche Terrassenflächen.

Atelierhaus C21, Sonnwendviertel Wien, Architekt: Werner Neuwirth. Foto © Kurt Hoerbst 2021

Die SmartCity Graz hat in den letzten Jahren zunehmend Gestalt angenommen. Das pädagogische Zentrum des Stadterweiterungsgebiets bildet der Schulcampus Leopoldinum von alexa zahn architekten. Die Volksschule für rund 330 Schüler*innen überzeugt durch ihren städtebaulich vorteilhaften Vorplatz, durch die hochwertigen Materialien sowie durch die locker im Haus verteilten Lerncluster. Hinter der grauen Fassade mit seinen charakteristischen Betonfertigteilen steckt ein Haustechnik-Konzept mit Fernwärme, Geothermie, Bauteilaktivierung und Lüftungsanlage.

Volksschule Leopoldinum Graz, Architekt: Alexa Zahn Architekten. Foto © Kurt Hoerbst 2021

Unterstützt wird der Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit 2021 von der HYPO NOE Landesbank und vom Fachverband Steine-Keramik. Die Bekanntgabe der Preisträger*innen wird im Rahmen einer Veranstaltung im Dezember 2021 in Wien erfolgen.


Mehr zum Thema:


Weitere TOP-Artikel

-
00:00
00:00
Update Required Flash plugin
-
00:00
00:00