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Paul Smith entschlackt den MINI

von Markus Schraml
MINI Strip, Paul Smith

Das Ergebnis einer außergewöhnlichen Kooperation zwischen MINI und Paul Smith wurde nun präsentiert. Der wohl erfolgreichste britische Modedesigner dachte Automobildesign völlig neu und stellte das Thema Nachhaltigkeit in den Fokus. Konkret wurde ein dreitüriger MINI Cooper SE komplett entkernt, bis nur noch seine reine Struktur übrig blieb. Danach wurden allein jene Elemente wieder hinzugefügt, die der Designer als notwendig erachtete. Der Leiter von MINI Design, Oliver Heilmer spricht von einem „charakterstarken Statement“, das vor allem durch die „automobilfremde und damit frische Sichtweise“ Smiths möglich war.

Das neue Concept Car ist ein Einzelstück und erhielt den Namen MINI STRIP. „Ich kenne und liebe das bisherige Auto, aber dadurch, dass wir die Tradition respektiert und dabei in die Zukunft geblickt haben, haben wir etwas wirklich Einzigartiges geschaffen“, sagt Smith. „Das MINI-Team hat mir das Vertrauen und die Freiheit gegeben, bei der Gestaltung des Fahrzeugdesigns neue Wege zu gehen. Das war für mich ein echtes Privileg. Ich glaube, dass wir gemeinsam etwas ganz Besonderes geschaffen haben, indem wir uns auf das Wesentliche besonnen, die Dinge reduziert und das Auto entschlackt haben.”

Rohheit und Eleganz

Diese maximale Reduktion merkt man dem MINI STRIP an und doch ist das Design attraktiv, gerade wegen seiner unkonventionellen Art. Im Exterieur wurde auf eine farbige Lackierung verzichtet und die Karosserie in ihrem Rohzustand belassen – inklusive Schleifspuren aus dem Werk. Als Schutz vor Korrosion wurde lediglich ein transparenter Lackfilm aufgebracht. Teile des typischen Blackbands sind aus recyceltem Kunststoff 3D gedruckt. Paul Smith ist als Fahrradliebhaber bekannt, der gerne auch mal selbst Hand anlegt und einzelne Teile seiner Rennräder tauscht oder modifiziert. Ganz in diesem Sinne zeigen sichtbare Schrauben in den Anbauteilen, wie einfach sich eine Demontage gestalten und wie unkompliziert sich das Fahrzeug nach seinem Lebenszyklus wieder in den Rohstoffkreislauf integrieren lassen würde. Die 3D gedruckten Front- und Heckschürzeneinleger besitzen eine auffällige Textur, die durch den 3D Druck entsteht. Grillverkleidung und Aero-Blenden an den Rädern sind aus recyceltem Plexiglas gefertigt. Ebenfalls aus diesem Material ist das große Panoramadach gefertigt, das den Blick auf die großteils unverkleidete Rohstruktur im Innenraum freigibt.

Entschlacktes Interieur

Im Interieur zeigen sich die typischen Paul Smith Stripes, ein Muster aus schmalen, bunten Streifen – hier in fünf Farben. Bis auf Dashboard, Topperpad und Hutablage wurden alle Verkleidungen weggelassen, sodass die Rohkarosse den Innenraum visuell dominiert. Eine besondere Ästhetik erhält sie durch ein intensives Blau, das Smith hier verwendet. Das Dashboard besteht nur aus einem großen, halbtransparenten Bauteil in Rauchglas-Optik. Die Geometrie ist stark vereinfacht und sehr grafisch. Statt eines klassischen Center Instruments wird das Smartphone zum medialen Steuerungstool. Es wird an die Stelle des Center Displays eingesteckt und verbindet sich automatisch mit dem Fahrzeug.

Kork, Seil und Netz

Das Interieur ist komplett leder- und chromfrei. Stattdessen sind die Sitze mit gestricktem Textil bezogen. Durch die vollständige Umsetzung als Monomaterial könnten die Sitzbezüge inkl. Keder komplett recycelt und im Material-Kreislauf gehalten werden. Das Topperpad der Instrumententafel, die Türbrüstungen und die Hutablage sind in recyceltem Kork umgesetzt. Die hier verwendete Korkvariante lässt sich ohne künstliche Bindemittel formen. Mit seiner angenehmen Festigkeit bei gleichzeitig weicher Haptik könnte Kork zukünftig als Ersatz für geschäumte Kunststoffe dienen, glauben die MINI-Designer*innen.

Das Lenkrad wurde auf die nötigsten Funktionen reduziert. Der Lenkradkranz ist wie beim Fahrradbau mit Lenkerband umwickelt. Drei Speichen aus Aluminium verbinden ihn mit dem Pralltopf, der nur mit einem Netz verdeckt den Blick auf den Airbag freigibt. Sichtbare Schrauben zeigen auch hier, dass eine spätere Demontage einfach zu bewerkstelligen wäre. Ein kleines Paul Smith-Stofflabel auf der 1-Uhr-Position ist einer der Hinweise auf die Zusammenarbeit. Die Türspiegel sind aus dem gleichen Netz gefertigt, das auch den Airbag abdeckt. Der Zuziehgriff an den Türbrüstungen ist aus Kletterseil gewickelt. In hellem Orange gehalten belebt es den Innenraum wie die ebenfalls orangen Gurte. In diesem Interieur ist vieles sichtbar, was normalerweise im Fahrzeugbau versteckt wird. Etwa die Kabelwege oder die Airbagkartuschen.

Mit dem MINI STRIP wird der Fahrzeugbau völlig neu gedacht. Noch nie hat eine derartige Reduktion und Rohheit die Bühne der Autowelt erblickt. Gleichsam wirkt das Ganze dank des Modedesigners Paul Smith aber nicht banal oder unfertig, sondern supercool und außerordentlich attraktiv.


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