Für die Außenwahrnehmung ist der wichtigste Aspekt des World Architecture Festivals, das 2018 in Amsterdam stattfand, der intensive Preisregen. Für die Teilnehmer*innen aus der weltweiten Architektur-Community ist es wohl eher die einzigartige Möglichkeit, Netzwerke zu starten, aufzubauen und zu pflegen. Einige Awards wie der Architecture Drawing Prize oder der Architectural Photography Award wurden schon im Vorfeld bekannt gegeben, die meisten Preisträgerprojekte wurden jedoch erst während der 3-tägigen Veranstaltung enthüllt. Der Hauptpreis World Building of the Year (Supporter: GROHE) ging an das Projekt Kampung Admiralty von WOHA. Es handelt dabei um einen Gebäudekomplex in Singapur mit einer Nutzungsmischung aus Wohnen, Geschäften und öffentlichen Gesundheitseinrichtungen. Die Herausforderung für das Architekturbüro lag vor allem in der Effizienzsteigerung im Hinblick auf den Flächenverbrauch bei gleichzeitiger Limitierung der Bauhöhe auf 45 Meter. Die Lösung war ein schichtweiser Aufbau mit abwechslungsreich begrünten Dachstufen. Paul Finch, der Programmdirektor des World Architecture Festival kommentierte: „Die Juroren bewunderten bei diesem Projekt die Art, wie mit den universellen Themen der Langlebigkeit, der Gesundheitsfürsorge, der Bereitstellung von sozialem Wohnraum und geschäftlichen Bereichen umgegangen wurde. Dieses Konzept bringt enormen Nutzen für den öffentlichen Raum … Die Jury war der Ansicht, dass dieses Projekt ein Vorbild für Städte und Länder der ganzen Welt ist.“
Weitere Hauptpreise, die am letzten Tag des Festivals bekannt gegeben wurden, waren das Future Projekt of the Year, Landscape of the Year, Small Project of the Year, der Use of Colour Prize, Best Use of Certified Timber Prize, Glass Future Prize und der International VELUX Award für Architekturstudenten*innen. Der Water Research Prize, der dieses Jahr erstmals ausgelobt und der von GROHE mit einem Preisgeld von 11.000 Euro ausgestattet wurde, ging an ein innovatives Wasser-Managementsystem für Kommunen eines Studenten*innen-Teams der Pontificia Catholic University in Peru. Bei diesem Programm im Amazonas-Regenwald geht es darum, Regenwasser einzufangen, zu speichern und aufzubereiten, um es dann in das vorhandene Wassernetz einzuspeisen. Die Universität wird an diesem Forschungsprogramm weiter arbeiten und es weiter ausbauen, um Menschen in ländlichen und vorstädtischen Bereichen mit Trinkwasser zu versorgen.
Nachhaltige Wiederbelebungen
Als Future Projekt of the Year 2018 (Supporter: ABB & Busch-Jaeger) zeichnete die Jury den Masterplan für einen botanischen Park in Medellin (Kolumbien) von Sebastian Monsalve + Juan David Hoyos aus. Mit diesem Konzept soll das ausgedehnte Flussbett in Medellin regeneriert werden. Es ist Teil einer Reihe von Initiativen für eine urbane Erneuerung und Restrukturierung in der Stadt.
Für ihren Fußweg entlang der Gypsum Minen in Barcelona gewann Batlle i Roig Arquitectura den Landscape of the Year Award. Das Ziel des Projekts ist die Erstellung einer Reihe von Fußgänger- und Fahrradrouten in Form eines Grüngürtels am Stadtrand. Mit geringen Mitteln ist es laut Jury hier gelungen, einen Prozess der Transformation einzuleiten. Den Small Project of the Year-Preis erhielt Camilo Moraes für das Strandcamp Piedras Bays in der Atacama Wüste in Chile. Die Juroren hoben den Einsatz von lokalen Techniken und Materialien hervor. Hier gehen Umweltfreundlichkeit und starke Architektur eine ideale Verbindung ein. Ein Kino-Projekt im irischen Galway von dePaor erhielt den Use of Colour Prize (Supporter: Eastman) des Award-Programms. Das Interieur des Palais Cinema ist am Tag durch bemalte Glasfenster erhellt, während dieselben kunstvollen Fenster bei Nacht Farbe nach draußen in die Straßen bringen.
Holz und Glas
Für das International House Sydney erhielt Tzannes den Best Use of Certified Timber Prize (Supporter: PEFC). In dieser Kategorie gab es eine Fülle von außergewöhnlichen Einreichungen, die zeigen, dass bauen mit Holz immer höhere Standards erreicht und dieses Material zunehmend und in unterschiedlichsten Projekten eingesetzt wird. Noch immer ist allerdings der Beweis zu führen, dass Holz nicht nur nachhaltig, sondern auch lange haltbar und kommerziell sinnvoll ist. Und genau dies tue dieses Projekt, sagt die Jury und bezeichnet es als exemplarisch. Im Unterschied zu Holz kommt Glas vor allem im Hochhausbau seit Jahren massiv zum Einsatz. Der Glass Future Prize (Supporter: Guardian Glass) geht 2018 an Studio Gang für ihre Arbeit am Tour Montparnasse in Paris. Für einen internationalen Wettbewerb zur Umgestaltung des berühmten Tour Montparnasse-Turms entwickelt, schaffen es die Architekten, den monolithischen Wolkenkratzer in ein Wahrzeichen für das 21. Jahrhundert zu verwandeln. Besonders beeindruckt zeigte sich die Jury vom Einsatz des Windes in Bezug auf die Gebäudemasse und vom dynamischen Verschattungssystem. Das Chicagoer Studio Gang konnte auch den WAFX Prize, den World Architecture Festival Prize für sich entscheiden, und zwar mit seinem Beloit College Powerhouse in Wisconsin. Dort wurde ein ehemaliges Kohlekraftwerk in eine Fitness-Einrichtung für College-Studenten umgewandelt inklusive 8-Bahn-Wettkampfschwimmbecken. Das Gebäude hält aber nicht nur Sportanlagen bereit, sondern auch Studenten-Lounges, Clubräume, ein Konferenzzentrum sowie einen großen Hörsaal. Das Projekt sah außerdem die Sanierung des anliegenden Rock River Ufers vor.
Der VELUX-Award für Architekturstudenten*innen mit dem Thema „Light of Tomorrow“ war in zwei Kategorien aufgeteilt. Der „Daylight in Buildings“-Award ging an das Projekt „Light Forms Juggler“ eines Studenten der Kazan State University, der „Daylight Investigations“-Award wurde von einem Studenten der Tianjin University, für sein Projekt „Road to Light“ gewonnen.
„Office Award“ geht nach Graz
Von den zahlreichen anderen Award-Kategorien ging der Preis für das beste fertiggestellte Office-Gebäude an ein Architekturbüro aus Österreich. Mit den C&P Corporate Headquarters in Graz triumphierte INNOCAD über die Konkurrenz. Die Juroren waren beeindruckt von der raffinierten und anpassungsfähigen Gestaltung des neuen Hauptsitzes des Immobilienentwicklers und lobten die intelligenten Gemeinschaftsbereiche sowie das offene Design des Interieurs mit einem über alle sieben Stockwerke reichenden geschwungenen Atrium. Die Kurven im Inneren geben diesem modernen Arbeitsplatz in mehrfacher Hinsicht Schwung und stehen dem anderen Grundelement des architektonischen Konzepts, dem Würfel gegenüber. Dieser beherrscht die Fassade und verweist, durch die sehr konstruktive, offene Umsetzung, auf die Tätigkeit des Unternehmens.