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Zwischen Auftrag und Wunsch – Architekturzeichnung in der DDR

von Markus Schraml
Leopold Wiel, Entwurfskollektiv Wiel mit Klaus Wever, Grafik Angela Waltz. Dresden, Wettbewerb Kulturpalast, 1960, Tusche und Deckweiß auf Farbkarton, 60 × 80 cm; Stiftung Sächsischer Architekten, Stadtarchiv Dresden, 12.10.1 Nachlass Leopold Wiel, Nr. 240, 1960/61.

Auf den zwei Ausstellungsebenen der Tchoban Foundation in Berlin wird derzeit und noch bis 7. September die Möglichkeit geboten, das Thema Architekturzeichnung in der DDR kennenzulernen. Dabei werden Zeichnungen, die für konkrete Bauaufgaben im Lauf der DDR-Baugeschichte entstanden sind, privaten Zeichenblättern von Architekten gegenübergestellt. Der Unterschied ist frappant. Es wird offenbart, dass sich außerhalb des faden Büroalltags, wo die Pflichtaufgaben gestalterisch eher eng waren, eine Welt in gezeichneten Visionen abspielte, die oft ganz anders aussahen und die wahren Wünsche und Vorstellungen der Protagonisten wiedergeben.

Für die Präsentation von ca. 140 Zeichnungen haben die Kuratoren, der Historiker Dr. Kai Drewes, Leiter der Wissenschaftlichen Sammlungen des IRS, und der Berliner Architekturkritiker Wolfgang Kil, auf die Bestände der Wissenschaftlichen Sammlungen des Leibniz-Instituts für Raumbezogene Sozialforschung (IRS) in Erkner bei Berlin zurückgegriffen. Es ist das wichtigste Archiv für Architekturgeschichte in Ostdeutschland in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Darüber hinaus werden Zeichnungen aus anderen Archiven und Museen sowie aus Privatbesitz gezeigt.

TCHOBAN VOSS Architekten sind zusammen mit thomas betonbauteile und GROHE Partner der Ausstellung „Pläne und Träume – Gezeichnet in der DDR“. Zeichnen als Freizeitbeschäftigung von Architekten war auch in der DDR ein Thema. Das Fach des Freihandzeichnens wurde an der drei Architekturfakultäten der DDR gepflegt. Indem die Kuratoren die privaten Zeichnungen den Auftragsarbeiten gegenüberstellen, wird eine alternative Baugeschichte sichtbar oder kann zumindest erahnt werden. Eine Geschichte, die allerdings aus Träumen aus Zeichnungen auf Papier bestand und niemals Realität werden konnte. Jedenfalls ist es ein großes Verdienst der Tchoban Foundation diesen bisher wenig beachteten Aspekt der DDR-Baugeschichte aufzugreifen.

Lutz Brandt. Balkonträumereien 2, 1983, Mischtechnik, auf Karton kaschiert, 34 × 42,2 cm; © VG Bild-Kunst, Bonn 2025

Tchoban Foundation. Museum für Architekturzeichnung

Das Museum für Architekturzeichnung der Tchoban Foundation wurde 2013 auf dem Gelände der ehemaligen Brauerei Pfefferberg errichtet. Im Jahr 2009 hatte der Architekt und Sammler Sergei Tchoban die Stiftung ins Leben gerufen mit dem Ziel, die Kunst der Architekturzeichnung zu fördern. Das Museum zeigt drei Ausstellungen im Jahr mit Werken aus eigenen Beständen und Leihgaben aus den Sammlungen namhafter Museen wie dem Sir John Soane’s Museum in London, der École Nationale Supérieure des Beaux-Arts in Paris, der Albertina in Wien, dem Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt am Main, dem Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin oder der Kunstbibliothek Berlin sowie aus Privatsammlungen.


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