Home Innovation Algorithmen und IoT – Siemens „Erfinder des Jahres“ 2020

Algorithmen und IoT – Siemens „Erfinder des Jahres“ 2020

von Markus Schraml
Siemens Erfinder des Jahres 2020

Alle Jahre wieder – heuer bereits zum 26. Mal – zeichnet Siemens intern Forscher*innen für ihre innovativen Ideen aus. Die mit dem Titel „Erfinder des Jahres“ geehrten Mitarbeiter*innen des Technologiekonzerns arbeiten allesamt mit einem Schwerpunkt in der Digitalisierung. Viele der Erfindungen haben Einfluss darauf, wie die Menschen während und nach der Pandemie leben und arbeiten.

Die Preise „Erfinder des Jahres“ werden in fünf Kategorien verliehen. Die Auszeichnungen für „Talente“, „Design und User Experience“, „Herausragende Erfindung“ und „Lebenswerk“ gingen an Siemens-Forscher bzw. -Forscherteams, während den Award in der Kategorie „Open Innovation“ Mitarbeiter*innen aus der zentralen Siemens-Technologieabteilung und Forscher*innen der Stanford University erhielten. Gemeinsam haben sie einen neuen Algorithmus entwickelt, der die Redundanzen von großen Datenmengen nutzt, um sie zu komprimieren. Dies reduziert die Kosten für Bandbreite und Speicherung erheblich und verringert den ökologischen Fußabdruck.

Cybersichere Bahnautomation

Jens Braband (Siemens Mobility) wurde für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Er hat mit 120 Patenten aus 66 Patentfamilien wesentlich zur Innovationskraft des Unternehmens beigetragen. Von ihm programmierte Algorithmen sorgen dafür, dass alle Hochgeschwindigkeitszüge in Europa in sicherem Betrieb fahren können und vor Cyberangriffen geschützt sind. Betriebsausfälle oder Unfälle können so verhindert werden. Derzeit befasst sich Braband mit Blockchain und Künstlicher Intelligenz. Sein Ziel ist eine noch höhere Datenqualität und Effizienz sowie Sicherheit in der Bahnautomatisierung. Um mehr Sicherheit und weniger Umweltschädlichkeit geht es bei der Arbeit von Sylvio Kosse und Paul-Gregor Nikolic von Siemens Energy. Für das reibungslose Funktionieren von Energieversorgungsnetzen sind Leistungsschalter notwendig. Sie schützen die Netze weltweit und verhindern Schäden, die etwa durch einen Blitzschlag auftreten würden. Diese Leistungsschalter beinhalteten bisher allerdings Gase, die um ein Vielfaches schädlicher sind als CO2. Der Prototyp des Siemens-Preisträgerteams schaltet CO2-neutral und schont somit die Umwelt. Tali Segal, Rafi Blumenfeld und Eitan Carmi von Digital Industries in Tel Aviv haben mit „Intosite“ eine Lösung erfunden, mit der Produktionsstätten und Fertigungsinformationen visualisiert werden, die von Nutzer*innen rund um die Welt zur virtuellen Zusammenarbeit in Echtzeit genutzt werden können. Dieser digitale Fabrikszwilling liefert konkrete Informationen für Mitarbeiter*innen in Produktionsbetrieben. Die Entfernung spielt dabei keine Rolle, was in Zeiten des verstärkten Homeoffice eine enorm wichtige Eigenschaft ist.

Innovationen in der Medizintechnologie

Benjamin Pollack und sein Team von Siemens Healthineers in New Jersey (USA) haben die automatisierte In-vitro-Diagnostik durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Deep Learning (einer Methode des maschinellen Lernens) beschleunigt. Den Forscher*innen ist es gelungen, die Fehlerrate stark zu senken, sodass Ergebnisse von Patientenproben im Labor deutlich schneller und zuverlässiger vorliegen. In Zeiten von Covid-19, in denen Laborkapazitäten weltweit sehr stark beansprucht werden, ist dies von besonderer Bedeutung. Für diese Leistung wurde das Team mit dem „Talente“-Preis ausgezeichnet. In derselben Kategorie und ebenfalls von Siemens Healthineers gewann auch Tommaso Mansi, der mit seinem Team einen digitalen Zwilling des menschlichen Herzens erstellt hat. Er simuliert, wie ein Patient mit CRT-Implantat auf bestimmte Impulse reagieren würde. Kardiologen können damit verschiedene Positionen des Implantats in Echtzeit testen. Der von Mansi entwickelte Prototyp könnte die Präzisionsmedizin ein entscheidendes Stück voranbringen. Daniel Labisch hat im Bereich Prozessindustrie mit seinem Team einen Algorithmus konzipiert, der den normalen Ablauf eines Prozesses lernt und dann bei signifikanten Abweichungen Alarm schlägt. Das ist bei allen Prozessen wichtig, bei denen chemische Reaktionen stattfinden (Lebensmittel, Medikamente), die sich nicht beliebig stoppen lassen. Dort müssen Abweichungen möglichst früh erkannt und sofort behoben werden. Diese neue Diagnosemethode wird in Form einer App verfügbar sein. Labisch (Digital Industries) erhält dafür ebenfalls einen Preis in der Kategorie „Talente“.

Internet of Things

Chris Casilli (USA) hat für Smart Infrastructure eine Software entwickelt, die ältere, nicht IoT-fähige Geräte in die Kommunikation über das Internet der Dinge mit einbinden kann – eine wichtige Voraussetzung für smarte Gebäude. Eine sogenannte Middleware-Software agiert zwischen Geräten, Betriebssystemen und der Cloud. Sie lässt sich sehr gut skalieren. Gebäude können damit zwischen 100 und 100.000 Datenpunkte annähernd in Echtzeit übertragen. Dafür wird Casilli eine Ehrung in der Kategorie „Herausragende Erfindung“ zuteil. In der Kategorie „Design und User Experience“ erhält ein Forscher*innen-Team eine Auszeichnung, das die Smart City Suite App für die Expo 2020 Dubai (die um ein Jahr verschoben wurde) programmiert hat. Die Designer*innen von Siemens Smart Infrastructure und Siemens Technology visualisieren damit Infrastrukturdaten unter Berücksichtigung kultureller Aspekte und der menschlichen Wahrnehmung. Die App kann Verantwortlichen helfen, Entscheidungen schneller und ohne Vorurteile zu treffen.

23 Erfindungen pro Tag

Siemens hat im vergangenen Geschäftsjahr weltweit rund 2.740 Patente erhalten. Insgesamt hält das Unternehmen damit derzeit über 42.900 Patente. Siemens-Mitarbeiter*innen haben im Geschäftsjahr 2020 insgesamt 5.116 Erfindungen gemeldet. Bezogen auf 220 Arbeitstage sind das rund 23 Erfindungen pro Tag. Alle Zahlen beziehen sich hierbei auf die Siemens AG (inkl. Siemens Healthineers), also ohne Siemens Energy. Für das Geschäftsjahr 2021 plant Siemens Investitionen von 4,9 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung.


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