Home Architecture Branchenvertreter fordern 40-Millionen-Photovoltaik-Forschungsinitiative

Branchenvertreter fordern 40-Millionen-Photovoltaik-Forschungsinitiative

von Markus Schraml
eco-tec.at Photovoltaics GmbH

In einem von der Technologie Plattform Photovoltaik und Photovoltaic Austria organisierten Onlineveranstaltung forderten die Teilnehmer eine breit angelegte Photovoltaik-Forschungsinitiative des Bundes. Ausschlaggebend für diesen Vorstoß sind die seit einigen Jahren rückläufigen Fördermittel für technologiebezogene Photovoltaik-Forschung. Jedoch ohne eine gute F&E-Infrastruktur sei es schwierig, in Zukunft relevante Innovationen zu erreichen und diese dann in den Markt zu bringen. Dies sei laut Hubert Fechner, Obmann der Technologieplattform Photovoltaik, deshalb so unverständlich, weil die Entwicklung der Photovoltaik-Industrie steil nach oben zeige.

In den nächsten Jahren und Jahrzehnten wird ein massiver Ausbau von Photovoltaikanlagen prognostiziert. Dafür verantwortlich sind die Europa-weiten Anstrengungen zur Erreichung der Klimaziele, wie sie im „European Green Deal“ festgeschrieben sind. Es geht um nichts weniger als die komplette Umstellung der Energieerzeugung. Photovoltaik soll dabei eine Hauptrolle spielen. Für ein klimaneutrales Europa muss die Photovoltaik-Technologie auf bis zu 60 % der Stromerzeugung ausgebaut werden, was einer Steigerung der jetzigen Photovoltaik-Energie von mindestens 7.700 GW entspricht.

Photovoltaik ist aber nicht nur der richtige Weg in Bezug auf das Klima, es sollen auch weltweit schätzungsweise 22 Millionen neue Jobs entstehen, glaubt Fechner: „Österreich hat mittlerweile ambitionierte Ziele, was die Errichtung von innovativen PV-Anlagen betrifft, aber auch bei Forschung, Entwicklung und Produktion von Komponenten und Systemen bestehen große Chancen auf die Schaffung vieler heimischer Arbeitsplätze.“ Für Österreich sieht Fechner vor allem Chancen im Bereich der Integration und Doppelnutzung im Gebäude-, Verkehrs- und Agrarsektor. Würde jetzt richtig gehandelt, könnten bis 2030 mindestens 60.000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Weitere Tausende Arbeitsplätze würden im Bereich der Stromspeicherung entstehen.

Neue Anwendungen, innovative Lösungen

Für die angestrebte Steigerung des Einsatzes von Photovoltaik bedarf es vor allem Innovationen, sagte Herbert Paierl, Vorstandsvorsitzender von Photovoltaic Austria: „Für die Erreichung der Zubauziele der Photovoltaik in Österreich müssen alle uns zur Verfügung stehenden Flächen genutzt werden. Hierzu braucht es vor allem Innovationen, die neuartige Anwendungen ermöglichen. Nur so kann es gelingen, Österreichs PV-Zubau zu versechsfachen“.

Innovationen, die aus Forschung und Entwicklung kommen, sind auch für den internationalen Wettbewerb dringend notwendig. So berichtete Peter Berghofer, Geschäftsführer der Ulbrich of Austria GmbH, dass der Erfolg seines Unternehmens zu einem Großteil auf Forschungsprojekte zurückzuführen sei. Allerdings habe man sich in den letzten drei Jahren an keinem Forschungsprojekt mehr beteiligt. Durch den Rückgang der Fördermittel habe sich die Forschungslandschaft ausgedünnt. Das ist umso bedenklicher, als zum Beispiel in Frankreich, Italien oder Deutschland bereits wieder mehr in F&E investiert werde. Österreich läuft also Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Um auch in Zukunft gefragte Produkte anbieten zu können, sei Forschung unverzichtbar, sonst würden Firmen in den nächsten Jahren Probleme bekommen, befürchtet Berghofer.

Zuerst Forschung, dann Innovationen

Gernot Oreski, Leiter des Geschäftsfeldes Smart Material Testing am PCCL in Leoben, bestätigt, dass ein Mangel an Fördermittel dazu führe, dass fähige Forscher*innen in andere Sparten abwandern würden. Zudem gibt er zu bedenken, dass Innovationen von heute auf Forschungen von vor fünf Jahren beruhen und dass es in Zukunft nur dann Innovationen geben könne, wenn jetzt wieder verstärkt technologische Photovoltaik-Forschung betrieben werde.

Auch Alfred Mölzer, Geschäftsführer von Kioto Solar, sieht die Notwendigkeit, Forschung und Entwicklung voranzutreiben, denn als einer der größten PV-Modulproduzenten in Europa sei man bestrebt, die Produktpalette auszubauen. Vor allem die Photovoltaik-Integration in die Gebäudehülle sei dabei ein Thema, deshalb investiert das Unternehmen derzeit 10 Millionen Euro in den Standort St. Veit (Kärnten), berichtete Mölzer im Rahmen der Veranstaltung.

Fördermittel schrumpfen

Waren es 2016 noch über 11 Millionen Euro, die für die Photovoltaik-Forschung zur Verfügung standen, so erwartet die Österreichische Technologiepattform Photovoltaik für 2021 nur mehr knapp 4 Millionen Euro. „Der Rückgang an Forschungsförderung führt dazu, dass international hoch anerkannte Forscherinnen und Forscher sowie die dazu benötigte Infrastruktur abzuwandern drohen,“ fasst Fechner zusammen.

Er fordert deshalb im Gleichklang mit Photovoltaic Austria von der Bundesregierung eine spezielle Photovoltaik-Forschungsinitiative, in der spezifische thematische Forschungsförderungen, aber auch aws-Basisprogramme sowie Instrumente des Klima- und Energiefonds gebündelt werden. Dringender Forschungsbedarf bestehe in den Marktsegmenten der Bauwerkintegration, der Integration ins Energiesystem, der Mobilität sowie der Landwirtschaft (Agrar-Photovoltaik und schwimmende Photovoltaik). In der Startphase wären dafür jährlich 40 bis 60 Millionen Euro an Forschungsförderung erforderlich, um den Innovationsstandort Österreich und die Schaffung Zehntausender österreichischer Green-Jobs im Bereich der innovativen Photovoltaiktechnologie zu ermöglichen und international relevanter Wirtschaftsstandort zu bleiben.


Weitere TOP-Artikel