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Das Unternehmen als Club – neues Bürokonzept von Vitra

von Markus Schraml
Vitra Club Office

Bei all den Möglichkeiten des digitalen Arbeitens und Austauschs über weite Strecken hinweg haben die Zeiten des Lockdowns auch die Grenzen des virtuellen Raums aufgezeigt. Vertrauensvolle Ebenen können im direkten Miteinander sehr viel besser erreicht werden als über Computerbildschirme. Dennoch haben viele Menschen die Unabhängigkeit im Homeoffice genossen und möchten wohl auch in post-pandemischen Zeiten einen Teil ihrer Arbeit zu Hause erledigen.

Für Unternehmen bedeuten die Veränderungen im Arbeitskosmos in Richtung mehrerer akzeptabler und gewünschter Arbeitsorte, sich über die grundsätzliche Funktion des Büros, des HQs Gedanken zu machen. Es geht darum, das Büro als Identifikationsort neu zu erschaffen. Und um nicht zuletzt auch Berufseinsteiger*innen in ein Unternehmen zu locken und dort zu halten, muss diese „Visitenkarte“ der Firma außergewöhnlich gestaltet sein. Außergewöhnlich im Design, in der Funktionalität und den Kommunikationsmöglichkeiten.

Der Schweizer Möbelhersteller Vitra hat dafür ein neues Bürokonzept mit dem Namen Club Office entwickelt. Nora Fehlbaum, CEO von Vitra, meint, dass sich die Menschen in Zukunft nicht mehr zum konzentrierten Arbeiten ins Büro begeben werden, sondern um bewusst Kolleg*innen zu treffen sowie Zusammenhalt und Wertschätzung zu erfahren. Und genau hier setzt das Club Office an, denn ein Club ist per Definition eine Einrichtung, in der sich Menschen treffen, um gemeinsame Interessen zu verfolgen. Dabei können Clubs mitunter recht elitäre Formen annehmen. In jedem Fall aber ist die Club-Zugehörigkeit mit einem gewissen Engagement verbunden. Zudem vermittelt dieses Wort ein Gefühl der Freizeitbeschäftigung.

Die Atmosphäre spielt im Club Office eine wichtige Rolle. © Vitra, Foto: Julien Lanoo

Club Office im Selbsttest

Das Club Office von Vitra zeichnet sich durch eine offene, einladende Atmosphäre aus. Zugleich ist seine Ausstattung funktional durchdacht, sodass jeder Platz als produktiver Arbeitsort genutzt werden kann. Dieses Konzept wurde auch gleich in die Tat umgesetzt – und zwar am Hauptsitz von Vitra in Birsfelden bei Basel für das firmeneigene Team Research & Design. „In unserer Produktentwicklung brauchen wir Räume, die die unmittelbare Interaktion und den spontanen Austausch von Wissen und Erkenntnissen fördern“, beschreibt Christian Grosen, Chief Design Officer von Vitra die Ansprüche seiner Abteilung. „Wir werden das Club Office ganz unterschiedlich nutzen. Wir werden uns für Besprechungen treffen, es wird Präsentationen geben und Meetings mit Partnerinnen und Partnern von außen, mit Lieferanten und Designerinnen. Wir werden Workshops abhalten, aber auch fokussiert arbeiten. Und natürlich mit den Kollegen aus den anderen Abteilungen von Vitra“.

Club Office am Vitra-Hauptsitz in Birsfelden bei Basel. Das Konzept lässt sich auch auf wenig Fläche umsetzen. © Vitra

Im ersten Club Office in Birsfelden finden Mitarbeitende aus allen Bereichen und externe Partner eine ganze Reihe von unterschiedlichen räumlichen Szenarien vor, aufgeteilt in einen öffentlichen und einen semi-öffentlichen Bereich. Interessant und praktisch ist auch, dass der Club zahlreiche unterschiedliche Arbeitsmöglichkeiten auf wenig Fläche bietet, denn dieses Büro ist keine 300 m2 groß. Im öffentlichen Bereich können die „Mitglieder“ spontan aufeinandertreffen, sich austauschen, debattieren und voneinander lernen. Hier kommen bequeme Möbel wie die Sofasysteme Soft Work oder Alcove Plus zum Einsatz.

Flexibilität im Club

„Das Konzept des Club Office passt – in unterschiedlichen Ausprägungen – zu allen Unternehmen und Organisationen. Zu großen Corporates genauso wie zum Mittelstand. Selbst Start-ups, die das digitale Arbeiten eigentlich gewohnt sind, erkennen den Raum als wesentliches Element. Auch sie wollen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammenbringen und an sich binden“, sagt Pirjo Kiefer, eine der Leiterinnen des Consulting & Planning Studios von Vitra. Ein großer Vorteil dieses Konzepts sei, dass sich die Räume unterschiedlich nutzen ließen und sich die Mitarbeiter*innen so ein ganz individuelles Ambiente schaffen könnten, meint Kiefer.

Auch das haben manche vermisst. Arbeitstreffen in der Teeküche. © Vitra

Tim Reusch, ebenfalls Leiter des Consulting & Planning Studios, betont, dass der soziale Faktor in einem Büro schon immer wichtig gewesen sei, dass sich dies jedoch während der Pandemie noch stärker herauskristallisiert habe. Seiner Meinung nach muss das Büro wie ein Magnet wirken. „Unternehmen mit strategischen Ambitionen erkennen die Dimension des Raums als Werkzeug. Das Büro ist nicht bloß Produktionsstätte, es ist eine Plattform für die Menschen, um die Kultur des Unternehmens zu leben, um als Mitarbeiter sichtbar zu werden, um Visionen umzusetzen“, erklärt Reusch.

Räume im Raum schaffen

Eine Produktfamilie, die sich besonders gut für flexible Bürogestaltungen eignet, ist Alcove (2006) von Ronan und Erwan Bouroullec. An diesem „Raum im Raum“-System arbeiten die Designer und Vitra schon sehr lange. Für das Jahr 2021 wurden mit Alcove Plus neue Elemente hinzugefügt. Der Unterschied ist, dass die Paneele bis zum Boden reichen und an den Seiten per Reißverschluss bewegliche Paravents befestigt werden können. „Für Post-Covid-Büros ist die erweiterte Alcove-Familie noch relevanter: Sie bietet unzählige Möglichkeiten, ohne feste Installationen offene Grundrisse zu strukturieren und flexible Räume im Raum zu schaffen“, sagt Christian Grosen. Ein weiterer Aspekt, den die Designer schon vor bald 20 Jahren mit dem Alcove-Konzept eingeführt haben, ist die wohnliche Ausstrahlung dieser Möbel und damit die gestalterische Aufhebung der Trennung zwischen Büro und Heim.

Im Club und Zuhause

Ein weiterer privater Teil des Club Office besteht aus Arbeitsplätzen, an die man sich zurückziehen kann, dazu gehört auch das Homeoffice, das sich für viele im letzten Jahr für konzentrierte Einzelarbeit als beste Lösung erwiesen hat. Fernarbeit und ein gut ausgestattetes Homeoffice sind deshalb integrativer Bestandteil der Club Office-Idee.

„Oft ist es die soziale Komponente, der Zusammenhalt zwischen den Kolleg*innen, der zu einer neuen Idee führt“, weiß Nora Fehlbaum (CEO Vitra). Im Bild: „Soft Work“ von Edward Barber & Jay Osgerby (2018). © Vitra

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