Home Architecture Der Rhythmus von Begegnung und Rückzug im Büro

Der Rhythmus von Begegnung und Rückzug im Büro

von Markus Schraml
PLANET, Dynatrace Linz

Ein richtungsweisendes Bürokonzept haben PLANET Architects im Auftrag von Dynatrace entwickelt. Für den Forschungs- und Entwicklungshauptsitz des international tätigen IT-Unternehmens in Linz hat ein interdisziplinäres Team unter der Leitung von Gerhard Abel Raumlandschaften auf sieben Stockwerken gestaltet, die sowohl Kommunikation als auch konzentriertes Arbeiten ermöglichen, und das Ganze in fließenden Übergängen. „Bei diesem Projekt hatten wir die Gelegenheit, das zu tun, was wir am liebsten machen: ein Gesamtkonzept zu entwerfen. Vom Entwurf des Gebäudes über die Bürokonzepte, das gesamte Interieur, Möbeldesign bis hin zum Leitsystem und der Grafik. Wir begreifen uns als Ermöglicher, um Räume maßgeschneidert zu gestalten. Wir denken aber immer auch Optionen für potenzielle zukünftige Veränderungen mit“, beschreibt PLANET-Mitgründer Gerhard Abel das Projekt.

Konzentration und Interaktion

Eine Hauptanforderung war, den hoch spezialisierten Software-Entwicklern von Dynatrace die Möglichkeit zu geben, mühelos zwischen konzentriertem Arbeiten, Austausch sowie Relaxphasen hin und her zu wechseln. Bernd Greifender, CTO und Gründer von Dynatrace: „Wir haben uns gewünscht, dass Orte der Konzentration und der Interaktion perfekt ineinandergreifen, um den Mitarbeiter*innen bestmögliche Arbeitsbedingungen zu bieten. Letztlich ist ein Büro ein sozialer Ort, an dem absichtsloses Treffen und ein angenehmer Kommunikationsflow täglich möglich sein sollten.Um diese Vorgabe umzusetzen, folgten die Architekt*innen der Idee eines vertikalen Campus mit unterschiedlichen Zonen und Bereichen, wo ein täglicher Rhythmus von Rückzug und Begegnung wie selbstverständlich stattfinden würde. Für die Entwicklung der einzelnen Büroräumlichkeiten berücksichtigte das Team vor allem auch die Wünsche der Mitarbeiter*innen von Dynatrace. In kleinen Gruppen sprach PLANET architects mit Vertreter*innen aller Abteilungen, um so auf die Bedürfnisse sämtlicher Zielgruppen angemessen eingehen zu können. Der Feedback-Prozess wurde dabei kontinuierlich während der Entwicklung beibehalten. „Wichtig im Planungsprozess war es, zukünftige Nutzungsanforderungen auszuloten und Dynatrace hier möglichst anpassungsfähige Raumnutzungen zu ermöglichen“, betont Abel. Das Projekt wurde im Oktober 2019 fertiggestellt und die Mitarbeiter*innen bezogen das neue Gebäude im November. Gerhard Abel sieht die Aufgabe seines Büros aber damit nicht als beendet an, sondern versteht das gesamte Projekt als langfristigen Austausch zwischen Gestalter*innen und Nutzer*innen.

 

Viel Raum und Luft

Das Gebäude empfängt seine Nutzer*innen mit einer Lobby – mehr eine Aula –, die sich ziemlich beeindruckend nach ganz oben über sieben Stockwerke öffnet. Um diese großzügige, zentrale Erschließung sind pro Geschoss halböffentliche Bereiche aus wandelbaren Räumen für Team-Sessions gruppiert. Um diese Meetingzonen sind wiederum die Büros der Entwickler*innen angeordnet, von denen aus sich zum Teil hervorragende Ausblicke bieten. In allen Stockwerken wurden sowohl fixe Arbeitsplätze als auch offene Kommunikationszonen geplant. Es ist gar nicht so lange her, da galt es als en vogue offene Büroraumkonzepte ohne festen persönlichen Arbeitsplatz zu planen. Jedoch hat sich gezeigt, dass ein eigener feststehender Arbeitsplatz die Verbundenheit mit dem Unternehmen fördert und das Gefühl dazuzugehören stärkt. PLANET architects haben dies vorbildlich berücksichtigt und gleichzeitig vielfältige Orte zur Interaktion geschaffen: kleine Sitznischen, ein Working Café, kleinere und größere Besprechungseinheiten, eine große Kantine oder offene Nischen mit akustischer Abschirmung. Verschiebbare Wände und unterschiedlich transparente Glaswände ergänzen die Möglichkeiten der Raumgestaltung und Raumwahl. Zur Orientierung wurde für den großen Innenraum ein Farb- und Leitsystem entwickelt inklusive eigens gestalteter Piktogramme und Grafiken.

Optionen, Optionen, Optionen

Was dieses Bürokonzept zukunftsfähig macht, sind die vielen Möglichkeiten für Mitarbeiter*innen, entweder in Ruhe arbeiten zu können oder sich in unterschiedlichen Gruppengrößen zu treffen. Zum Telefonieren oder ungestörten Arbeiten gibt es etwa akustisch abgestimmte Nischen, wenn man einmal nicht im eigenen Büro sein möchte. Innerhalb der Büros können wiederum Wände verschoben und Raumsituationen kurzfristig umgestaltet werden. Eine zusätzliche Ruhezone wurde mit der Bibliothek im obersten Stockwerk geschaffen. Hervorragende Begegnungszonen sind natürlich die große Frühstücks- und Lunch-Lounge inklusive Gemeinschaftsküche im Erdgeschoss oder das Working Café im vierten Stock. Die Entscheidung, nicht auf jeder Etage eine Teeküche einzuplanen, fördert zufällige Begegnungen und sorgt dafür, dass sich die Mitarbeiter*innen im Arbeitsalltag mehr bewegen. Langes kontinuierliches Sitzen ist eine der Hauptursachen für gesundheitliche Probleme bei Büroarbeiter*innen. In der warmen Jahreszeit bieten sich zusätzlich die Terrassen als Arbeits- und Erholungsräume an.

 

PLANET architects zeichnen auch für das Design der Möbel verantwortlich. Dabei wurde sehr auf hochwertige Materialien und die Qualität der Möblierung geachtet. Die Kollektion bietet kombinierbare Möbel bzw. Bauteile, die sich je nach den Bedürfnissen anpassen und verändern lassen. Mit lokalen Handwerksbetrieben und Zulieferfirmen aus Spanien für Glastrennwände, flexible Paravents sowie Stoffe haben PLANET architects Partner gefunden, mit denen sie ihre Vorstellungen bezüglich Innenraumgestaltung umsetzen konnten. Bemerkenswert ist der Fahrradabstellplatz mit spezieller Fahrradaufhängevorrichtung, an den sich Räumlichkeiten mit Duschen und Umkleidekabinen anschließen. Es gibt sogar beheizbare Spinde zum Trocknen der Sportwäsche. All diese Einrichtungen zeigen, wie wichtig den Gestalter*innen und somit dem Auftraggeber das Eingehen auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen war. Gerhard Abel: „Als unser Planungscredo hat sich rasch der Slogan Sowohl als auch herauskristallisiert. Wir wollten den Mitarbeiter*innen von Dynatrace Optionen bieten: Rückzug und Interaktion, Konzentration und Austausch, Kantinen-Essen und Community Cooking, ruhige Telefonnische und großer Meeting-Raum. Uns ging es sehr bewusst nicht um die Setzung oder das Folgen von Trends, sondern um die Planung eines sozialen Ortes, der auf die konkreten Bedürfnisse Rücksicht nimmt, aber auch offen ist für zukünftige, noch offene Entwicklungen und Anforderungen.“

Obwohl PLANET architects hier keine Trends setzen wollte, ist das Ergebnis doch State of the Art und ein hervorragendes Beispiel dafür, wie große Büros in Zukunft aussehen könnten. Ein Prozess mit starker partizipatorischer Komponente ist dafür eine wichtige Grundlage. Jedenfalls haben die Mitarbeiter*innen von Dynatrace ihre neue Arbeitsstätte gut angenommen. Projektverantwortliche Veronika Leibetseder: „PLANET architects hat unsere Bedürfnisse von der ersten Sekunde an erfasst und verstanden wie kein anderer. Das Ergebnis hat uns total überwältigt, und es ist die reine Begeisterung und eine tolle Erfahrung, Tag für Tag zur Arbeit zu kommen.“

 

Dynatrace

Das Softwareunternehmen Dynatrace wurde 2005 in Linz gegründet und ist Weltmarktführer im Bereich Software-Intelligenz. Das Unternehmen kann auftretende Probleme in Software oder IT-Infrastrukturen in Echtzeit erkennen und automatisch beheben. Mittels Künstlicher Intelligenz und vollständiger Automatisierung sorgt Dynatrace dafür, dass Software auf der ganzen Welt reibungslos funktioniert. Das Unternehmen ist seit 2019 in New York börsennotiert. Der Unternehmenssitz liegt nahe Boston in Waltham/Massachusetts (USA). Das technologische und kreative Herz der Softwareentwicklung von Dynatrace schlägt jedoch in Österreich. Linz ist das globale R&D Headquarter des Unternehmens mit weiteren Software-Entwicklungsstandorten in Hagenberg, Graz, Klagenfurt, Wien, Barcelona, Danzig und Detroit. Insgesamt arbeiten über 2.200 Menschen bei Dynatrace, davon mehr als 550 in Österreich. Über 2.300 Kunden weltweit nutzen Dynatrace, um ihre Software zu optimieren, darunter 74 der Fortune 100 Unternehmen. Im vergangenen Geschäftsjahr betrug der Umsatz 545,8 Millionen US-Dollar.

PLANET archtictects

Seit 2001 gestalten PLANET architects Bauten, Räume und Produkte. Interdisziplinäres Arbeiten ermöglicht dabei dem heterogenen Team inhaltliche Grenzen in ihren Projekten zu überwinden. Gründer und Köpfe des Ateliers sind Gerhard Abel und Paul Linsbauer. Übrigens setzten PLANET architects neben dem Entwicklungs-HQ in Linz mit Dynatrace auch die Standorte Klagenfurt, Graz, Hagenberg sowie Barcelona (Spanien) und Gdánsk (Polen) um. Aktuell arbeiten die Architekt*innen unter anderem an einem Dynatrace-Entwicklungsbüro in Wien.


 

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