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Design als Kunstform – Design/Miami debütiert in Shanghai

von Markus Schraml
Friction, Heatherwick Studio

Unter dem Titel Design Miami/Podium x Shanghai macht Design Miami/ erstmals Station in China. Nach Florida und Basel ist dies der dritte Austragungsort, an dem Designaficionados Möbel und Objekte aufspüren können, die sich als Sammlerstücke eignen. Ganz dem Anspruch dieser Messe folgend, lautet der Name der kuratierten Ausstellung während der Shanghai Art Week „Wu Gan: The Art of Design“. 25 internationale Galerien, Designer*innen und Architekt*innen stellen Stücke aus, die an der Grenze zwischen Kunst und Design angesiedelt sind.

Beweglicher Tisch von Heatherwick Studio

Neben vielen Beiträgen aus Shanghai und China sind auch Galerien wie die Mindy Solomon Gallery aus Miami, die Mailänder Nilufar Gallery oder Friedman Benda aus New York vertreten. Das Londoner Heatherwick Studio zeigt erstmals seinen „Friction“-Tisch, der das Ergebnis jahrelanger Forschung ist. Der mit äußerster Präzision und hoher Ingenieurskunst gefertigte Tisch ist ein Wunder der Transformation und verbirgt seine raffinierte Technik unter mit Hand bearbeitetem rotem Leder. Hier geht es zu einem Video, in dem Thomas Heatherwick über die Entwicklung von „Friction“ spricht.

Der „Friction“-Tisch von Heatherwick Studio ist transformativ. © Raquel Diniz

Auch André Fu, Hongkonger Interieurspezialist präsentiert in Shanghai vier neue Objekte: die Twirl Tisch- sowie Stehleuchte, den Orb Arrival-Tisch und den Arc Occasional-Stuhl. Die limitierte Serie nennt Fu „Objects“ und stellt eine Erkundung des Materials Bronze dar.

Der Arc Occasional Chair ist Teil der Objects-Serie von André Fu. © André Fu

Wertvolle Materialien aus der Geschichte

Einen Höhepunkt der Ausstellung liefern Neri&Hu. Die Shanghaier Architekt*innen zeigen „One Brick, Two Bricks“, ein Objekt, dessen „Ziegel“ traditionelle Bodenfliesen sind, die ursprünglich während der Jiaqing-Regentschaft (fünfter Kaiser der Qing-Dynastie, 1796 – 1820) produziert und ausschließlich in kaiserlichen Palästen verwendet wurden. Sie sind rare Sammlerstücke, die fast so teuer wie Edelmetall sind. Die Herstellung eines solchen „Ziegels“ kann erstaunliche zwei bis drei Jahre dauern und nur eine Handvoll Handwerker besitzen heute noch das dazu nötige Know-how. Da das Rohmaterial langsam zu Ende geht, werden sie immer unbezahlbarer.

Dieser kostbare „Ziegel“ steht im Zentrum des Designs von Neri&Hu und wird unbehandelt gelassen. Die Patina des tief indigofarbenen Stücks und seine organisch-rohen Kanten stehen im Kontrast zur Präzision des filigranen Bronzeträgers und geben diesem alten Material eine zeitgemäße Interpretation. Das Design zielt darauf ab, ein Gefühl für das eigene (chinesische) Erbe hervorzurufen. Dies entspricht ganz dem Motto der Ausstellung, das die Kurator*innen Aric Chen und Violet Ruhui Wang ausgegeben haben. Denn mit „Wu Gan: The Art of Design“ beziehen sie sich auf eine chinesische Abhandlung auf dem 5. Jahrhundert, die sich mit der sinnlichen, emotionalen und spirituellen Beziehung der Menschen zu den Objekten, die sie umgeben, beschäftigt.

„Das Thema ist in einer Zeit besonders relevant, in der Technologie unser tägliches Leben so sehr bestimmt, dass wir oft die Sensibilität für die Alltagsgegenstände um uns herum verlieren“, bemängelt Lyndon Neri. „Durch Zoom-Meetings und Reisebeschränkungen werden wir daran gehindert, uns mit Objekten haptisch zu verbinden, die viele Ebenen von Geschichte beinhalten, woraus sich ein kollektives Gedächtnis entwickelt, das wir für das Wachsen der Gemeinschaft brauchen“. Und auch Rossana Hu kritisiert, dass die Substanz der weltlichen Dinge immer mehr fehlt „Die materielle Präsenz der Dinge lehrt uns, sie spricht zu uns. Um uns wieder mit unseren alltäglichen Aktivitäten zu verbinden, müssen wir uns auf physische Objekte und schönes Handwerk konzentrieren, denn das macht unseren Alltag glücklicher”, empfiehlt Hu.

Weitere Teilnehmer in Shanghai sind:

Joseph Walsh in Shanghai. © Agent Pay
Friedman Benda aus New York. © Agent Pay
Oder auch die Art & Deco Gallery aus Shanghai ist mit dabei und zeigt Art Deco-Stühle aus Rosenholz mit kunstvoll gestalteter Rückenlehne. © Art & Deco Gallery

Die Design Miami/Podium x Shanghai-Ausstellung läuft noch bis 14. November 2021.


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