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Neri&Hu designen charakterstarken Stack Chair für Stellar Works

von Markus Schraml
Neri&Hu

Der Großteil der chinesischen Möbelbranche ist nach wie vor auf industrielle Massenproduktion ausgerichtet und kopiert nur allzu gern Designs aus dem Westen. Es gibt verhältnismäßig wenig löbliche Ausnahmen, die versuchen auf Qualität zu setzen und eine eigene Designsprache zu entwickeln. Einer der Hauptprotagonisten ist das Shanghaier Unternehmen Stellar Works, das 2012 von Yuichiro Hori (als Partnerschaft mit dem französischen Hersteller Laval) gegründet wurde und auf eine Kombination aus asiatischer Inspiration, kulturübergreifendem Design und internationaler Ausrichtung setzt. Die Erfolgskurve der letzten acht Jahre gibt diesem Konzept recht: Stellar Works betreibt heute Büros in China, Großbritannien, Frankreich, Australien, Japan, den USA und Dubai. Für das Jahr 2020 hat Hori einen weiteren Coup gelandet und ist eine Partnerschaft mit dem dänischen Unternehmen Nine United (unter anderem Eigentümer von &Tradition) eingegangen. Die Dänen übernehmen den gesamten Vertrieb in Europa.

Mit verantwortlich für den Aufstieg von Stellar Works sind die Kreativdirektoren Neri&Hu. Ihnen ist es zu verdanken, dass dieses East meets West mit einer eigenen starken Identität auftritt. Eine weitere beeindruckende Manifestation dieser Identität gelang dem Shanghaier Architekturbüro nun mit dem neuen Stack Chair. formfaktor hat mit Lyndon Neri, Rossana Hu sowie Stellar Works-CEO Yuichiro Hori Interviews über die neue Kollektion, den Status des chinesischen Möbelmarkts und die aktuelle Situation in Shanghai geführt.

formfaktor: Wie sah Ihre Intention und ursprüngliche Idee für den neuen Stack Chair aus?

Yuichiro Hori: Die Entwicklung der Idee hinter dem Stack Chair offenbart sich im Namen. Wir wollten einen Stuhl schaffen, der den Raum optimiert und leicht stapelbar ist. Deshalb musste er leicht und einfach zu bewegen sein. Außerdem sollte der Stuhl Funktionalität und Komfort mit einem unverwechselbaren Design verbinden, und Neri&Hu haben das perfekt umgesetzt.

Rossana Hu: Im Gegensatz zu herkömmlichen Stühlen, bei denen der Rahmen nur als Stützelement für Sitz und Rückenlehne dient, folgt der dünne Stahlrohrrahmen des Stack Chair der gesamten Silhouette des Stuhls. Die durchgehenden Linien des Stuhls verleihen ihm einen starken grafischen Charakter, während Weichheit und Komfort aufgrund der verwendeten dreidimensionalen Stahlbiegetechnik erhalten bleiben.

formfaktor: Etwas so Alltägliches wie einen Stuhl zu designen, ist immer eine Herausforderung. Wie schafft man es dafür immer wieder etwas Neues, eine Verbesserung zu finden?

Rossana Hu: Das ist eine sehr gute Frage, vor allem wenn man bedenkt, dass es enorm viele Stühle auf dem Markt gibt. Gleichzeitig sind darunter sehr viele schlechte Stühle. Unsere Verantwortung als Designer ist es, jede Typologie kontinuierlich zu überprüfen und herauszufinden, wie wir sie verbessern können.

formfaktor: Neri&Hu ist für die gesamte kreative Richtung von Stellar Works verantwortlich. Wie sehen Sie die Marke und ihr Potenzial?

Lyndon Neri: Stellar Works unterscheidet sich darin, dass es eine Marke ist, die eine Brücke zwischen dem Westen und dem Osten schlägt. Es ist auch eine Marke, die ständig auf der Suche nach neuen Designs ist und gleichzeitig in die Vergangenheit blickt, um Vintage-Stücke neu zu gestalten. Wir haben die Marke so positioniert, dass sie eine eigene Identität hat. Angesichts des rasanten Wachstums Asiens glauben wir, dass Stellar Works in der außergewöhnlichen Position ist, einen großen Unterschied in der Region zu bewirken.

formfaktor: Als Architekten arbeiten Sie an vielen großen Projekten. Wie würden Sie den Unterschied beschreiben, zwischen einer Designaufgabe wie dem Aranya Art Center und dem Design eines einzelnen Möbels? Oder ist der grundsätzliche Anspruch immer der gleiche?

Lyndon Neri: Architektur ist immer noch das Fundament, von dem aus wir alles tun, daher ist sie sehr wichtig für uns. Aber die Herangehensweise an ein Gebäude oder an einen Stuhl ist nicht sehr unterschiedlich. Wir sehen Gestaltung als eine ganzheitliche Disziplin. Der Vorstellungswelt der Renaissance entsprechend betreiben wir Design mit einem multidisziplinären Ansatz.

 

formfaktor: Welche konkreten Ziele verfolgten Sie, als Sie Stellar Works 2012 gründeten?

Yuichiro Hori: Bevor ich Stellar Works gründete, war ich sehr unzufrieden mit der generellen Qualität der Produkte, die es gab. Ich wollte das ändern. Ich glaube, dass im Kern jedes Designs die Handwerkskunst liegen muss. Deshalb begann ich meine Reise, um eine Marke zu entwickeln, die zeitloses Design, Handwerk, Nachhaltigkeit und asiatische Sensibilität verkörpert. Das übergreifende Ziel ist es, Ideen zusammenzubringen: Ort und West, Erbe und Modernität, Handwerk und Industrie. Das Beste aus der Vergangenheit soll ins Licht der Gegenwart gestellt werden. Unser Wunsch ist es, Inspirationen zu bieten für eine Renaissance asiatischer Ästhetik. Wir nehmen Formen, Stil und Motive aus der japanischen Gestaltungsgeschichte und betrachten sie durch die Linse der europäischen Tradition, um etwas Neues und Zeitloses zu kreieren. Ich glaube, dass es dieses Zusammenbringen der Kulturen ist, was uns besonders macht, sowohl im Hinblick auf den Charakter unseres kreativen Outputs als auch auf die Stärke unseres heutigen Geschäfts.

formfaktor: Es scheint, dass sich langsam ein eigener chinesischer Designausdruck entwickelt. Wie schätzen Sie den Status der chinesischen Möbelindustrie ein?

Yuichiro Hori: Stellar Works war sehr früh dabei, ein internationales Möbel-Business in China aufzubauen. Unsere Strategie war, zunächst nach Europa zu expandieren, was umgekehrt zu Interesse in China geführt hat. Während Stellar Works hier in Shanghai ein starkes Standbein in der Fertigung hat, ist die Möbelindustrie insgesamt noch nicht auf dem neuesten Stand, was die Produktion hochwertiger Stücke mit internationaler Strahlkraft betrifft. Die Möbel von Stellar Works sind handgefertigt, was von einem breiteren Markt hier noch nicht übernommen wurde, da dies ein zeitaufwendiger Prozess ist.

Lyndon Neri: Die Industrie wächst rasant, aber unglücklicherweise kopieren viele chinesische Möbelmarken noch immer den Westen und sind weniger daran interessiert, eine eigene Identität zu entwickeln. Mut machen allerdings einige kleinere Marken und Studios, die begonnen haben, in ihren Kollektionen und Designs Probleme der Kultur, Identität und Typologie aufzugreifen.

Yuichiro Hori: Viele junge, kommende Designer studieren und sammeln Erfahrungen im Ausland. Zurück in China wenden sie ihr vielfältiges Wissen und internationalen Denkansätze an und entwickeln ihre Fähigkeiten weiter. Auch im Hinblick darauf, wie man Produkte vermarktet. Es dauert vielleicht noch 5 – 10 Jahre, bis eine nächste Welle von chinesischen Designmarken internationale Bekanntheit erlangt.

[perfectpullquote align=”full” bordertop=”false” cite=”” link=”” color=”” class=”” size=””]Ich glaube, dass Innovationen aus dem Technologiesektor kommen werden. Marken, die Technologie in Möbel integrieren wollen. Yuichiro Hori, CEO Stellar Works[/perfectpullquote]

 

formfaktor: Wie gehen Sie mit der aktuellen Situation um und an welchem Punkt in dieser Krise befindet sich Shanghai?

Rossana Hu: In Shanghai ist die Situation ziemlich unter Kontrolle. Wir sind etwas weniger frei, weil wir unseren Health Code vorzeigen müssen. Jeder hat auf seinem Smartphone diesen Code und nur, wenn er Grün ist, darf man ein Gebäude betreten. Außerdem wird überall unsere Temperatur gemessen. Aber diese leichten Unannehmlichkeiten geben uns Sicherheit, wenn wir unterwegs sind, deshalb befolgen wir alle sehr bereitwillig die Regeln. Hier in unserem Shanghaier Büro sind wir eigentlich „Back to normal“. Es ist beruhigend zu sehen, dass das möglich ist, und es ist ein großer Segen für uns, wenn man bedenkt, dass viele Länder noch immer im Lockdown-Modus sind.

Yuichiro Hori: Unsere Fabrik hatte während der Neujahrsfeiertage für längere Zeit geschlossen, aber jetzt produzieren wir wieder ganz normal. Es ist wichtig, positiv und robust zu sein und voranzugehen, wo es eben möglich ist. Wir freuen uns auf jeden Fall darauf, unsere neuen Produkte für 2020 auf den Markt zu bringen.

[perfectpullquote align=”full” bordertop=”false” cite=”” link=”” color=”” class=”” size=””]Ich würde mir wünschen, dass unsere Stücke in 100 Jahren immer noch so zeitgemäß sind wie heute. Yuichiro Hori, CEO Stellar Works[/perfectpullquote]


 

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