Home Design “Der digitale Mensch hat keine Zeit” – LIFEoCLOCK bringt sie zurück

“Der digitale Mensch hat keine Zeit” – LIFEoCLOCK bringt sie zurück

von Markus Schraml
LIFEoCLOCK

Zeit ist relativ. Einerseits in physikalischer Hinsicht (Stichwort: Zeitdilatation), andererseits in der subjektiven Wahrnehmung des Vergehens von Zeit. Oder wie Albert Einstein trefflich formulierte: „Wenn man zwei Stunden lang mit einem netten Mädchen zusammensitzt, meint man, es wäre eine Minute. Sitzt man jedoch eine Minute auf einem heißen Ofen, meint man, es wären zwei Stunden.” Mit dem Thema Zeit haben sich auch Josef Schewe und Holger Güssefeld intensiv auseinandergesetzt und eine neuartige Wanduhr entwickelt. Die „LIFEoCLOCK“ besteht lediglich aus 2 oder 3 Rollen und einem sogenannten Zeitband. Eine Markierung auf diesem Band zeigt die aktuelle Zeit an.

Im formfaktor-Exklusivinterview spricht Josef Schewe über unterschiedliche Zeitebenen, die Idee eines Zeitstrahls und macht sich Gedanken über das Dilemma zwischen verfügbarem Wissen heutzutage und der wenigen Zeit, etwas Sinnvolles damit anzufangen.

formfaktor: Wie kam die grundsätzliche Idee zur LIFEoCLOCK zustande?

Josef Schewe: Aus einem auch von uns persönlich erlebten immer stärker werdenden Widerspruch zwischen Zeitgefühl und gemessener Zeit. Über das, was Zeit in ihrem Kern wirklich ist, machen sich Philosophen und Wissenschaftler seit Jahrhunderten Gedanken – aber dadurch, dass die gemessene Zeit immer exakter wird und vor allem jederzeit präsent ist, hat die gemessene Zeit der gefühlten Zeit eindeutig den Rang abgelaufen. Und das führt in unseren Augen zu einem eklatanten Bruch der Balance zwischen diesen beiden Zeitebenen. Spätestens seit dem Erscheinen der Smartphones hat wirklich jeder Mensch jederzeit die exakte Uhrzeit bei sich. Ob ein Ereignis in zwei Minuten oder erst in zweieinhalb Minuten stattfindet, ist inzwischen relevant, weil messbar und permanent sichtbar. Der digitale Mensch hat keine Zeit mehr für die Zeit – keine Zeit für seine persönliche Zeit. Das wollten wir ändern.

formfaktor: Und daraufhin entwickelten Sie diese neuartige Uhr.

Josef Schewe: Unser Grundgedanke war, den Lauf der Zeit auf ganz minimalistische Weise sichtbar zu machen, einfach mithilfe eines Punktes, der sich auf einem Zeitstrahl ständig aus der Vergangenheit in die Zukunft bewegt. Das Problem war allerdings, dass man dafür einen unendlich langen Strahl braucht und dieser nicht in einen begrenzten Raum passt. Dadurch kamen wir auf die Idee, den Strahl zweimal zu knicken, sodass er ein Dreieck bildet und zu sich selbst zurückkehrt. Die Schönheit dieses Ansatzes merkten wir sofort. Durch die mehrfache Verwendung einer Geraden war die Idee des Zeitstrahls gleich mehrfach präsent, und gleichzeitig war eine Form entstanden, deren zeitlose Schönheit auf den ewigen Gesetzen der Geometrie beruht und dadurch eine Ruhe ausstrahlt, die uns heutigen von Terminen getrieben Menschen beim Umgang mit der Zeit einfach guttut. Der Anblick dieser Uhr hilft, die Zeit zu vergessen, obwohl man sie von ihr ablesen kann.

LIFEoCLOCK, Klassik
Rollen und Band, Kreise und Linie – die LIFEoCLOCK fasziniert durch beruhigende Einfachheit. Im Bild: die Variante „Klassik“. © LIFEoCLOCK

formfaktor: Das Konzept dahinter scheint auch gewesen zu sein, eine Uhr zu schaffen, die sich komplett von herkömmlichen Zeitanzeigern unterscheidet.

Josef Schewe: Das ist richtig. Die LIFEoCLOCK soll die beiden beschriebenen Zeitbegriffe zusammenführen. Vor allem das vernachlässigte Gefühl für den Lauf der Zeit – und damit für die Schönheit des Augenblicks. Dieser andere Blick auf die Zeit musste zwangsläufig auch anders aussehen. Und er sollte schön sein, ästhetisch. Damit die Zeit das Drängende und Bedrohliche verliert. Damit die Zeit um mich sein kann, ohne gleichzeitig fortwährend laut „Uhrzeit“ zu schreien. Man könnte auch sagen, wir haben versucht, die Zeit aus ihrem Hamsterrad zu befreien.

formfaktor: Gab es auch andere Ideen – als die Lösung mit Rollen und Band?

Josef Schewe: Der Weg zur LIFEoCLOCK in ihrer jetzigen Form hatte einige Umwege – was uns aber auch gezeigt hat, wie schwer es ist, das vorherrschende Dogma der Zeiterfassung zu verlassen. Als wir dann die jetzt vorliegende Umsetzung gefunden hatten, wussten wir dann auch sofort, dass wir am Ziel waren. Alle vorangegangenen Ansätze waren entweder zu kompliziert, zu verkopft, zu technisch, zu traditionell oder einfach nur anders aussehend als gewohnt.

formfaktor: Welcher Mechanismus treibt die Uhr an?

Josef Schewe: Ein Schrittmotor mit Quarzsteuerung.

formfaktor: Wie genau geht die LIFEoCLOCK?

Josef Schewe: So genau wie eine Quarzuhr. Es war uns wichtig, dass die Uhr exakt läuft – damit der gewünschte Effekt des „Nicht-so-genau-Hinsehens“ auf einer beruhigenden Zuverlässigkeit basiert. Die Idee der LIFEoCLOCK ist ja, dass weniger die exakt gemessene Uhrzeit wichtig ist, sondern vielmehr ein persönliches Gefühl für den Lauf der Zeit. Und so kann jede*r selbst entscheiden, wie exakt er/sie die Uhrzeit ablesen will. Dazu liegen unterschiedliche Wandmarkierungen der Verpackung bei. Je mehr Markierungen ich setze, desto genauer kann ich die Zeit ablesen.

Die LIFEoCLOCK als Kalender. © LIFEoCLOCK

formfaktor: Die Uhr kann auch als Kalender verwendet werden. Ist diese Funktion mit dem gleichen Mechanismus machbar?

Josef Schewe: Jede LIFEoCLOCK kann durch einen Schalter am Antriebsmodul in einen Kalender verwandelt werden. Mehr noch: Es kann zwischen 12 Stunden, 24 Stunden und 1 Jahr als Umlaufzeit gewählt werden. Für den Kalendermodus liegen Monatsmarkierungen bei. Die LIFEoCLOCK hat einen integrierten Markierungslauf, der dabei hilft, die Monatsmarkierungen an die richtigen Stellen zu setzen.

formfaktor: Die LIFEoClOCK soll Ruhe und Harmonie ausstrahlen. Denken Sie, dass die Menschen heutzutage vielfach falsch mit ihrer Zeit umgehen?

Josef Schewe: Das ist schwer zu sagen, weil das ja zu den großen philosophischen Fragen gehört. Wie gehe ich mit meiner Zeit, mit meinem Leben um? Was ist wirklich wichtig? Wofür und wie nutze ich mein Dasein? Wir glauben aber, dass die Herausforderung, sich diesen Fragen zu stellen, heute für viel mehr Menschen als früher möglich ist. Gleichzeitig ist die Beantwortung schwieriger geworden. Immer mehr Wissen für alle – aber immer weniger Zeit, damit etwas Sinnvolles zu gestalten.

formfaktor: Was ist für die mittelfristige Zukunft geplant? Wird es auch andere Modelle oder Varianten geben?

Josef Schewe: Wir möchten unseren Kunden und Kundinnen in Zukunft weitere Individualisierungsmöglichkeiten bieten. Dies wird z. B. durch weitere Farbvarianten der Rollen erfolgen. Zudem ist die Umsetzung einer weiteren Variante geplant, die über eine App-Steuerung verfügt. So wird es möglich, dass jede*r die Umlaufzeit der Uhr nach seinen / ihren Vorstellungen und Bedürfnissen einstellt. So kann die Uhr beispielsweise als Projektkalender mit einem Umlauf von drei Monaten dienen, damit alle Beteiligten immer genau wissen, in welchem Status des Projektes man sich befindet. Es sind aber natürlich auch ganz private und persönliche Anwendungsfälle möglich. So kann eine Schwangerschaft, die einzelnen Wochen, mit Vorsorgeuntersuchungen und vielen weiteren Einzelheiten dargestellt werden.

formfaktor: Was bedeutet Zeit für Sie ganz persönlich?

Josef Schewe: Leben.

Die LIFEoCLOCK gibt es in zwei Varianten: „Klassik“ mit Rollen in Schwarz, Rot, Metall oder „Kupfer“ mit Rollen in Schiefergrau, Metall und Kupfer. Jede Lieferung enthält eine Antriebsrolle mit Batterie, zwei Zeitbänder (3 und 5 Meter), Ziffern- und Monatsmarkierungen, Montageanleitung sowie Montagebedarf. Preis: 799 Euro inkl. Versand.


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