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Design mit Augenzwinkern – Büro Famos

von Markus Schraml
Büro Famos

Das Designstudio Büro Famos in Berlin wurde von Hanna Litwin und Romin Heide im Jahr 2012 gegründet. In ihrer Karriere haben sie sich bisher vor allem als Spezialisten im Umgang mit Materialien wie Glas oder Porzellan erwiesen. Durch ihre zurückhaltende Formensprache und ihren innovativen Umgang mit Werkstoffen fanden sie Produktionspartner von Dänemark bis Italien. Oft verfolgten sie konsequent eigene Entwurfsideen und konnten damit namhafte Unternehmen wie Modo Luce oder La Cividina überzeugen. Ihr Know-how im Bereich Glas und Porzellan führte zu einer Kompetenz, auf die auch Normann Copenhagen oder Bolia nicht verzichten wollen. Eine ganz besondere Könnerschaft haben Litwin und Heide bei Leuchten und Möbelaccessoires entwickelt. Ganz neu wurde der vom tschechischen Holzspezialisten TON produzierte Kleiderhaken Logs präsentiert, der nur aus drei gedrechselten Stücken Holz besteht.

formfaktor traf Hanna Litwin und Romin Heide in Köln und sprach mit den Designer*innen über ihr Faible für Materialien, die Designszene in Berlin und den neuen Kleiderhaken für TON, der aus Produktionsabfällen hergestellt wird.

 

formfaktor: Wie sah das Briefing für die Logs Kleiderhaken von TON aus?

Romin Heide: Es gab dafür kein Briefing, weil es sich um ein Produkt handelt, das wir selbst initiiert haben. Mit unserem Entwurf sind wir dann auf TON zugegangen, weil wir aufgrund der Materialität und den Notwendigkeiten zur Umsetzung, das Unternehmen für den geeigneten Partner hielten. Als wir mit Jan von der Produktentwicklung gesprochen haben, stellte sich heraus, dass es geradezu ideal passt, weil man das Produkt aus Teilen, die in der Produktion anfallen, herstellen kann. Das ist natürlich für TON sehr interessant, weil man hier kein neues Holz verwenden muss, sondern man kann Holz verwenden, das zum Beispiel für Stuhllehnen oder -beine zu kurz ist. Aus diesen Resten werden dann die drei Teile von Logs gedrechselt und zusammengesetzt.

formfaktor: Das heißt, Sie sind in die Produktionsanlagen gegangen und haben geschaut, wie das Ganze abläuft, und sind auf diese Lösung gekommen? Oder wie ging das genau vor sich.

Hanna Litwin: Diese Idee kam von TON selbst. Sie meinten, dass man dafür eigentlich gar kein neues Holz benötigen würde. Es ist nämlich so, dass, wenn zum Beispiel eine Stuhllehne gemacht wird, kann es passieren, dass etwas bricht. Es ist halt Holz. Diese für Möbel nicht mehr verwendbaren Materialien wurden dann etwa als Feuerholz verwendet, aber nicht noch mal in einem Produkt. Dadurch das Logs ein vergleichsweise kleines Produkt ist, war dies in dieser, wie ich finde, sehr passenden Weise umsetzbar. Aber die Idee, diese Materialien weiter zu verwenden, kam von TON.

formfaktor: Eines der derzeit vorrangig diskutierten Themen ist die Nachhaltigkeit von Produkten und Prozessen. Gerade dieses Projekt mit TON ist ein sehr schönes Beispiel. Wie sehen Sie Ihre Rolle bei diesem Thema generell?

Romin Heide: Nachhaltigkeit ist absolut ein Thema für uns. Es kommt darauf an, welche Werkstoffe man verwendet und auch auf die Lebensdauer der Produkte. Das ist uns wichtig. Ich denke, wir machen häufig Dinge, die nicht sehr trendy und kurzlebig sind, sondern die in ihrer Formensprache geradlinig, zurückhaltend sind und dadurch auch ein langes Leben haben können.

Hanna Litwin: Wichtig finde ich auch, dass man, wenn Produkte aus mehreren Teilen bestehen, die Verbindungen wieder lösen kann. Darauf kann man als Designerin während der Produktion schon Einfluss nehmen – bis zu einem gewissen Grad. Außerdem ist es besser kleine Pakete zu versenden als große. Auch hier ist die Zerlegbarkeit ein Thema.

 

formfaktor: Auf der Büro Famos-Website steht unter anderem der Satz: „Unglaublich viele Möglichkeiten machen einem das Leben schwer.“ Ist das wirklich so, dass man als Designer*in einen Rahmen braucht, um der Kreativität eine Richtung zu geben?

Hanna Litwin: Wenn man wahnsinnig viele Möglichkeiten hat, kann man sich leicht verlieren. Dann muss man sich selbst fragen, was will ich eigentlich. Und muss sich einen Fokus setzen, sich selbst Grenzen stecken.

Romin Heide: Manchmal ist es interessant, mit einer Firma zusammenzuarbeiten, die mit bestimmten Verfahren arbeitet und sich dann daran zu orientieren, aber gleichzeitig auch etwas Neues zu schaffen, was mit diesem Verfahren bisher noch nie gemacht wurde.

formfaktor: Wie funktioniert die Zusammenarbeit im Büro Famos zwischen Hanna und Romin?

Hanna Litwin: Es ist oft so, dass einer von uns beiden eine Idee hat und erst mal alleine daran arbeitet, bis zu einem gewissen Punkt. Dann spricht man darüber. Dadurch hat auch der andere noch einen großen Anteil daran, wie sich der Entwurf dann weiterentwickelt. Wir sind zwei verschiedene Menschen und haben auch unterschiedliche Arbeitsweisen. Aber wir haben immer beide die Pfoten dran (lacht).

Romin Heide: Man kann nicht sagen, dass wir eine klare Aufgabenverteilung hätten. Nein. Es ist immer eine Mischung. Und je nach Produkt hat der eine oder der andere mehr Anteil. Ich finde, dass man am Schluss nie sagen kann, es ist mehr Hannas oder mehr meines.

formfaktor: Aber es gibt schon Diskussionen.

Hanna und Romin (lachen): Ja, sehr viele.

Romin Heide: Das ist auch wichtig, weil wir unterschiedliche Ansprüche haben, indem, was wir für wichtig halten. Aber die Mischung und die Diskussion bringt das Ganze immer noch ein Stück weiter.

Hanna Litwin: Man sagt zum Beispiel, das hätte ich jetzt nicht so gemacht, aber es ist dadurch nicht schlechter geworden. (lacht)

Romin Heide: Irgendwann im Prozess sieht man dann, welche Richtung einfach besser ist und in die geht man dann weiter. Dialog ist sehr wichtig für uns. Auch wenn wir nach einem Briefing darüber diskutieren und sich dadurch langsam eine Idee herausbildet.

 

formfaktor: Der Kleiderhaken Logs für TON besteht aus Holz, aber in der Vergangenheit haben Sie sehr viel aus Glas gemacht. Was ist die Faszination an diesem Material?

Romin Heide: Es ist ein toller Werkstoff. Glas ist transparent, hart, farbig, glänzend – es kann sehr viele Formen und Farben annehmen. Wir haben relativ früh angefangen, mit einem Glasmacher zusammen Prototypen herzustellen, weil es bei Glas sehr schwierig ist, mit Modellbau zu arbeiten. Man muss die Prozesse ausprobieren. In der Verarbeitung ist Glas nicht gerade das einfachste Material. Man braucht sehr viel Know-how. Deshalb haben wir mit Cornelius Réer, einem Glasmacher, recht viel zusammengearbeitet und dadurch auch viel darüber gelernt, wie Glas als Werkstoff funktioniert. Das hat sich dann so weiterentwickelt. Wenn man in der Werkstatt ist, führt oft eines zum anderen. Oder es passiert etwas unbeabsichtigt und man sieht plötzlich eine Möglichkeit, woanders anzusetzen.

Hanna Litwin: Wir haben bereits zwei Mal einen Workshop bei ihm in der Werkstatt gemacht. Er ist auch in dieser Beziehung sehr offen – auch neuen Sachen gegenüber und freut sich immer, wenn es brennt und qualmt. (lacht)

Romin Heide: Wir kommen mit Ideen zu ihm und probieren dann aus, ob oder wie sich das machen lässt. Unlängst haben wir zum Beispiel Vasen für Normann Copenhagen gemacht, die STEP. Da hatten wir ursprünglich Formen aus Karton gebaut und daraus ist dann die Optik dieser Vasen entstanden.

formfaktor: Sie haben auch mehrere Leuchten in Verbindung mit Glas gemacht. Eine interessante Produktkategorie für Sie?

Romin Heide: Die erste Leuchte, die wir entworfen haben, war die ORB für Modo Luce. Das war ursprünglich eine Glaskugel und dann haben wir mit Licht und Reflexionen und eben Glas gespielt. Daraus ist unser Interesse für Leuchten entstanden. Licht ist ein Material, das kein Material ist. Es breitet sich aus. Leuchten haben natürlich ganz andere Anforderungen als Tische oder Stühle, die man angreifen kann. Man muss dieses Nicht-Material gestalten. Es ist sehr spannend, sich damit auseinanderzusetzen.

formfaktor: Die Leuchte ORB war ja auch ein selbst initiiertes Projekt, das dann von Modo Luce übernommen wurde. Ist das ein gangbarer Weg für Sie? Eine Strategie?

Hanna Litwin: Es ist einmal so einmal so. Einerseits bekommt man einen Auftrag und der Kunde setzt einen Rahmen, in dem man sich dann bewegt, andererseits haben wir immer sehr viele eigene Ideen und wollen auch denen Zeit widmen. Da geht es einfach darum, dass das Dinge sind, die uns interessieren und wo wir uns erst mal gar nicht darum kümmern, für wen das jetzt ein Produkt sein könnte. Wir machen es fertig und gucken dann, wer das eventuell produzieren könnte.

 

formfaktor: Es ist ja auch wichtig, insbesondere für junge Designer*innen ein eigenes Portfolio aufzubauen. Eine eigenständige Richtung einzuschlagen.

Romin Heide: Das ist absolut wichtig.

Hanna Litwin: Man muss aussagekräftig zeigen, was einem wichtig ist, mit welchen Materialien man arbeitet usw.

formfaktor: Büro Famos hat seinen Sitz in Berlin, eine Stadt, die in den letzten Jahren große Veränderungen durchgemacht hat und sie noch macht. Wie würden Sie die Designszene in Berlin beurteilen?

Hanna Litwin: Weit verstreut, würde ich sagen.

Romin Heide: Die Stadt ist sehr groß. Wir kennen viele Designer, die auch in Berlin sind, aber insgesamt passiert in Berlin wenig in Bezug auf Design. Wir sind nicht wegen der Designszene mit unserem Studio in Berlin, sondern wegen der Stadt an sich. Die Stadt ist enorm vielfältig und dadurch für uns sehr interessant und inspirierend. Man trifft Designer*innen, die in Berlin ansässig sind, dann eher in Köln oder Mailand, weil dort sind wir alle an einem Ort und in Berlin ist alles verstreut. Aber das ist OK. Dadurch, dass die Stadt so vielfältig ist und sich immer verändert, kann man auch stets etwas Neues entdecken.

 

formfaktor: Wie kamen Sie auf den Namen Büro Famos?

Hanna Litwin: Wir wollten nicht Studio Heide / Litwin oder Litwin / Heide heißen, sondern eine Bezeichnung haben, die unabhängig von unseren Namen existiert. Wir wollten einen deutschen Namen und famos ist so ein altes deutsches Wort. Es begegnen uns immer wieder Leute, die es falsch aussprechen. Also mit Betonung auf dem A. Junge Leute kennen dieses Wort oft gar nicht mehr. Der Name ist mit einem gewissen Augenzwinkern zu verstehen. Ein Augenzwinkern, das wir auch mit unseren Produkten anstreben.

Romin Heide: Es ist also nicht so ernst zu nehmen. Wichtig ist eben der Studio-Name, der darüber steht. Alles was wir machen, ist von Büro Famos und nicht von uns als einzelne Personen.

formfaktor: Woran arbeiten Sie derzeit?

Romin Heide: Ganz neu ist eine Porzellan-Arbeit für den dänischen Hersteller Bolia. Die kommt demnächst auf den Markt. Interessant dabei ist, dass Porzellan wie Glas ein ganz besonderer Werkstoff ist. Außerdem hat Hanna vor unserem gemeinsamen Studium viel mit Porzellan gearbeitet. Wir wollen uns schon eine gewisse Vielfalt erhalten. Mal arbeiten wir mit Holz, mal mit Glas und natürlich ist auch die Kombination von Materialien sehr spannend.

 

Büro Famos has designed for these companies (amongst others)

Bolia

Normann Copenhagen

La Cividina

Modo Luce

TON

Filumen

Emko

Paola Zani

designimdorf

 


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