Home Exhibition Exhibition 2020 – Von Mondhasen und Handtaschen

Exhibition 2020 – Von Mondhasen und Handtaschen

von Markus Schraml
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Das neue Jahr bringt eine Vielzahl von Design spezifischen Ausstellungen in Museen und Galerien. Die formfakor-Redaktion hat eine Auswahl der sehenswertesten Schauen zusammengestellt, die in der ersten Jahreshälfte 2020 starten oder zu Ende gehen. In Wien läuft schon seit 18. Dezember – gerade noch rechtzeitig im 200sten Jubiläumsjahr von Thonet – die Ausstellung „Bugholz, vielschichtig“. Das Museum für Angewandte Kunst nimmt die Besucher*innen mit auf eine Reise zu den Ursprüngen modernen Möbeldesigns und zeigt die weltweit bekannten Thonet-Möbel im Umfeld der historischen Möbeldesign-Entwicklung. An die 240 Exponate haben MAK-Kurator Sebastian Hackenschmidt und Gastkurator Wolfgang Thillmann zusammengestellt und zu Vergleichsgruppen von zwei bis drei Objekten gegliedert. Anzutreffen sind Bugholzmöbel, Stahlrohrmöbel, aber auch Sessel aus Plastik sowie Referenzbeispiele aus der Biedermeierzeit. Bis zum 13. April haben Interessierte noch die Möglichkeit, sich einen Überblick über die in mehrfacher Hinsicht faszinierende Geschichte des Möbeldesigns zu verschaffen. (Bugholz, vielschichtig. MAK Wien, Ausstellungshalle, 18. 12. 2019 – 13. 04. 2020)

Zwischen Jugendstil und Bauhaus

Einige Zeit später, nämlich im Mai 2020 wird im Wiener MAK die Schau „Die Frauen der Wiener Werkstätte“ zu sehen sein. (Achtung!!! Die Ausstellung wurde aufgrund der Coronaviruskrise auf 2021 verschoben) Das MAK legt damit den Fokus auf eine Personengruppe, die, obwohl sie einen wichtigen Anteil an der Produktion und dem Erfolg der Wiener Werkstätte hatte, in der Rezeption bisher kaum in Erscheinung trat. Mit den Recherchen zu dieser Ausstellung leistete das MAK-Team Pionierarbeit. So wurden 180 Künstlerinnen und Mitarbeiterinnen „entdeckt“ und zu rund 140 davon Biografien erstellt. Davon wiederum werden rund 100 mit Werken in der Schau präsent sein. Einen Schwerpunkt legen die Kuratorinnen Anne-Katrin Rossberg und Elisabeth Schmuttermeier auf die frühesten Arbeiten der Künstlerinnen, wie Entwürfe für Postkarten, die die Wiener Werkstätte ab 1907 vertrieb. Die Motive zeigen Städtebilder, Landschaften und vor allem Mode. Mehr als 600 Exponate veranschaulichen das Design von Frauen in Wien zwischen 1900 und 1930. Dem bekanntesten Protagonisten der Wiener Werkstätte Josef Hoffmann ist anlässlich seines 150. Geburtstages dann gegen Ende des Jahres eine Personale gewidmet. (Die Frauen der Wiener Werkstätte. MAK Wien, Ausstellungshalle, 26. 05. 2020 – 20. 09. 2020)

 

Debatte über Interieurdesign

Ab dem 8. Februar lädt das Vitra Design Museum zu den „Home Stories“. Die Ausstellung macht eine einhundertjährige Zeitreise und zeigt, wie sich politische, gesellschaftliche und technische Veränderungen in den letzten 100 Jahren in unserem Wohnumfeld niedergeschlagen haben. Anhand von 20 Interieurs werden Zäsuren und Umbrüche vermittelt, unter anderem mit Entwürfen von Adolf Loos, Elsie de Wolfe, Andy Warhol oder Lina Bo Bardi. Die Ausstellungsmacher (Kurator: Jochen Eisenbrand) möchten mit dieser Schau eine neue Diskussion über das private Interieur anstoßen, denn eine „ernsthafte gesellschaftliche Auseinandersetzung“ fände heute nicht statt. Das soll die Ausstellung ändern – so das hochgesteckte Ziel. Dazu lenkt die Schau den Blick auf Interieurdesigns, die überraschen und aufzeigen, dass diese Disziplin mehr zu bieten hat, als es große Einrichtungshäuser oder die immergleichen Bilder in den sozialen Medien monoton propagieren. (Home Stories. 100 Jahre, 20 visionäre Interieurs. Vitra Design Museum. 08. 02. 2020 – 23. 08. 2020)

Amerikanische Studioglasbewegung

Die Frühjahrsausstellung im Le Stanze del Vetro in Venedig widmet sich dem Einfluss der venezianischen Glastechnik und Ästhetik auf die amerikanische Studioglasbewegung seit den 1960er Jahren. In der Schau sind 155 Glasgefäße, Skulpturen und Installationen von 60 amerikanischen und venezianischen Künstlern*innen versammelt. Das Ziel der Studioglasbewegung war, die Glasherstellung von der industriellen Produktion zurück ins Künstlerstudio zu bringen, um dadurch zeitgenössische Kunstwerke schaffen zu können. Die amerikanischen Künstler*innen hatten allerdings das Problem, dass aufgrund der Industrialisierung in den USA das technische Know-how verloren gegangen war. Deshalb machten sich einige nach Europa und speziell Venedig auf, um das Handwerk neu zu lernen. Darunter Dale Chihuly, Benjamin Moore oder Richard Marquis. Von ihren Reisen brachten sie das Wissen um die Glasherstellung wieder mit nach Hause und gaben es weiter. So hatten etwa Dante Marioni, Nancy Callan oder James Mongrain schon sehr früh Kontakt mit den Techniken der venezianischen Glas-Maestros. (Venice and American Studio Glass. Le Stanze del Vetro. Venedig, Insel San Giorgio Maggiore. 23. 03 – 26. 07. 2020) ACHTUNG: Der Ausstellungsbeginn wurde auf 6. September 2020 verschoben!

 

Die Kraft des Designs

Noch bis zum 19. April haben Auto-Enthusiasten die Gelegenheit, sich im Londoner Victor & Albert Museum einzufinden, um sich dort den Einfluss des Automobils auf die Welt anzusehen. Über „Cars: Accelerating the Modern World“ sagt Kurator Brendan Cormier: „Die Mission des V&A ist es, die Macht von Design herauszustellen, um die Welt zu verändern, und kein anderes Designobjekt hat die Welt mehr beeinflusst als das Automobil. In dieser Ausstellung geht es um die Kraft der Gestaltung, Veränderungen tatsächlich herbeizuführen, und um die unbeabsichtigten Folgen, die zu unserer aktuellen Umweltsituation beigetragen haben.“ (V&A London, noch bis zum 19. April 2020)

Vielleicht nicht ganz so umfassend einflussreich wie das Auto, aber dennoch mit einer für viele enormen Faszination wird das Accessoire Handtasche betrachtet. Im April eröffnet im V&A London „Bags: Inside Out“. Von Designhandtaschen über Kosmetikkoffer bis zu Militärrucksäcken und sogar Versandkartons wird dieses Thema umfassend beleuchtet. Mit rund 300 Objekten von winzigen Börsen bis zu luxuriösen Reiseschränken will die Ausstellung der Funktion, dem Status und Handwerk von Taschen auf den Grund gehen. Zu sehen sein werden auch ikonische Objekte wie Designs von Mulberry und Karl Lagerfeld oder die Handtaschen von Margaret Thatcher und Sarah Jessica Parker. (Bags: Inside Out. Gallery 40, V&A, 25. 04. 2020 – 31. 01. 2021)

 

Kopftuchmode und Mondhasen

Die Ausstellung „Contemporary Muslim Fashions“, die im MAK Frankfurt bereits zu sehen war, zieht weiter und wird ab 28. Februar im Cooper Hewitt in New York Station machen. Es handelt sich hier um die weltweit erste umfassende Schau zu diesem Thema, die vom Team des Fine Arts Museum of San Francisco erarbeitet wurde. Interessant sind die Entwürfe aus dem Nahen Osten, Malaysia, Indonesien, Europa und den USA auch deshalb, weil sie den Blick auf eine moderne muslimische Kultur lenken, die sich vielfältig entfaltet. Auch ein Beitrag zur Kopftuchdebatte, der dieses Accessoire genau dort verortet, wo es hingehört – in den Bereich der Mode.(Contemporary Muslim Fashions. Cooper Hewitt, New York. 28. 02. – 23. 08. 2020)

Apropos Frankfurt: Im Museum für Angewandte Kunst können noch bis zum 30. August 2020 Drachen, Einhörner und Mondhasen betrachtet werden. Diese tierischen und noch mehr mythischen Wesen des alten China sind ein wunderbares Gebiet der visuellen Kultur des Reichs der Mitte. Aus der umfangreichen Asiatischen Sammlung des Museums zeigt die Präsentation in seinem Ausstellungs- und Veranstaltungsforum MEET ASIAN ART ausgewählte Beispiele aus unterschiedlichsten Materialien, die mehr als 2.000 Jahre chinesischer Kultur- und Geistesgeschichte widerspiegeln. Als Glückssymbole prägen diese Wesen seit jeher den chinesischen Alltag. Der Drache als Symbol für Kaiser und Fruchtbarkeit, die mildtätige und für Kindersegen zuständige Kreatur Qilin oder die wundertätige dreibeinige Kröte. (Von Drachen, Einhörnern und Mondhasen. Tierische und mythische Wesen im alten China. MAK Frankfurt, Meet Asian Art. 24. 10. 2019 – 30. 08. 2020)

 

Von Frankfurt nach Köln. Im MAKK eröffnet am 13. Januar eine Ausstellung über das Designkollektiv Pentagon. Diese Kölner Designgruppe gehört zu den wichtigen Vertretern des Neuen deutschen Designs der 1980er Jahre und wurde 1985 von Gerd Arens, Wolfgang Laubersheimer, Reinhard Müller, Ralph Sommer und Meyer Voggenreiter gegründet. 35 Jahre später nimmt sich das Museum für Angewandte Kunst Köln dieses Kollektivs an und zeigt eine erste (!) Retrospektive. Höchste Zeit. Pentagon war 1987 mit dem Projekt „Café Container“ auf der documenta 8 in Kassel vertreten. Sie brachen mit der formalen Strenge, die bisher im deutschen Design geherrscht hatte, und folgten Vorbildern wie der Mailänder Gruppe Memphis oder deren Vorgänger Studio Alchimia. Die Inszenierung der Ausstellung im MAKK wird von den Pentagon-Mitgliedern selbst gestaltet und ist damit die erste gemeinsame Arbeit seit Kassel. Mit dabei wird auch eine Installation des „Café Casino“ sein, mit den ikonischen d8-Stühlen im Zick-Zack-Look. (Design Gruppe Pentagon, MAKK, 13. 01. – 26. 04. 2020)

Müll bis zum Schluss

In Berlin wird ab dem 25. Januar in der Sonderausstellungsreihe des Kunstgewerbemuseums Design Lab „Times of Waste – Was übrig bleibt“ gezeigt, eine Ausstellung, die bereits im Gewerbemuseum Winterthur vor einiger Zeit zu sehen war. Hier werden die Ergebnisse eines transdisziplinären Forschungsprojekts präsentiert, das von Flavia Caviezel, Mirjam Bürgin, Anselm Caminada, Adrian Demleitner, Marion Mertens, Yvonne Volkart und Sonia Malpeso realisiert und vom Schweizerischen Nationalfonds finanziert wurde. „Times of Waste“ spürt den Transformationsprozessen eines Smartphones und seiner Bestandteile mit künstlerisch-wissenschaftlicher Verfahren nach. In einer Objektbiografie wurden verschiedene Transportwege und Recyclingrouten aufgezeichnet. Die umfangreichen Recherchen führten zur Aufdeckung von ökonomischen Zusammenhängen und globalen Verknüpfungen. (Design Lab #5: Times of Waste – Was übrig bleibt. Kulturform, Kunstgewerbemuseum Berlin. 25. 01. – 22. 03. 2020)

Zum Schluss kommt der Tod… Jedenfalls ist eine Ausstellung im Cube Design Museum im niederländischen Kerkrade diesem Thema gewidmet. Es geht um internationale Designprojekte, die sich mit dem Tod und den Ritualen, die dieses Ereignis umgeben, beschäftigten. Dazu veranstaltete das Museum eine Design challenge, in der Teilnehmer*innen aufgefordert wurden, Stücke zu gestalten, die Besucher*innen zum Nachdenken anregen, was es bedeuten würde, ewig zu leben. Ab Februar 2020 werden über 40 niederländische und internationale Designprojekte, die sich in irgendeiner Form mit dem Thema Tod auseinandersetzen, gezeigt. Die beauftragten Objekte der Challenge werden am 6. April 2020 präsentiert. ((Re)Design Death. Cube Design Museum, Kerkrade. 10. 02. – 25. 10. 2020)


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