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Hommage an Enric Miralles

von Markus Schraml
Enric Miralles 1995, Foto © Paco Elvira

Enric Miralles (1955 – 2000) ist einer der wichtigsten Architekten Kataloniens. Anlässlich seines 20. Todestages im vergangenen Jahr organisiert die Stiftung Fundació Enric Miralles eine große Hommage in Form einer Reihe von Ausstellungen und Events. Unterstützt wird das Großprojekt von der Stadt Barcelona sowie der Kulturabteilung der Generalitat de Catalunya.

Als Kurator*innen fungieren Ehefrau und Partnerin Benedetta Tagliabue (Miralles Tagliabue EMBT) und Joan Roig i Duran (Batlle i Roig). „Diese Hommage möchte nicht nur an die menschliche und professionelle Figur von Enric Miralles erinnern, sondern auch den Geist des Visionärs, des Experimentators (im Sinne seiner Art zu arbeiten und die Welt zu sehen) am Leben erhalten und sein Erbe den zukünftigen Generationen hinterlassen“, betonte Benedetta Tagliabue in der Online-Pressekonferenz zum Start der Ausstellungen.

Architekt und Lehrer

In seinen nur 26 Berufsjahren (Miralles starb im Alter von 45 Jahren an den Folgen eines Gehirntumors) erhielt er 62 Auszeichnungen, nahm an 68 Wettbewerben teil, hat zahlreiche Installationen entworfen und mehrere Projekte weltweit umgesetzt. Er war Professor in Barcelona, in Frankfurt und an so renommierten US-Universitäten wie Harvard, Columbia, Princeton und Yale. Nach Einschätzung der Kuratoren ist Miralles der Architekt, der am meisten von Student*innen aus der westlichen und östlichen Welt studiert und nachgeahmt wird. Aufgrund der relativ kurzen aktiven Zeit greifen die Ausstellungen sowohl umgesetzte Werke auf, dokumentieren aber auch Konzepte und Material, das bisher nicht veröffentlicht wurde. „Es wurden akribische Anstrengungen unternommen, um das Archiv nach Dokumenten und Materialien zu durchsuchen, die Miralles der Öffentlichkeit am besten erklären können. Die Ausstellungen sind kein Tribut aus der Ferne, sondern sie wurden von Anfang an so konzipiert, um das Werk für alle zugänglich zu machen“, erläutert Kurator Joan Roig i Duran.

Von Barcelona in die Welt

Enric Miralles Moya studierte an der Escuela Técnica Superior de Arquitectura de Barcelona ETSAB. Er schloss sein Studium 1978 ab. Von 1973 bis 1983 arbeitete er mit Albert Viaplana und Helio Piñón zusammen. 1984 begann er seine selbständige Karriere. In seiner ersten kreativen Phase schuf er zusammen mit der Architektin Carme Pinós einige seiner poetischsten Werke, wie z. B. den Friedhof von Igualada. Bereits im Studienjahr 1980/81 war er Gastprofessor bei Fulbright an der Columbia University. Zwei Jahre später präsentierte er seine Doktorarbeit „Las cosas vistas hacia la izquierda y hacia la derecha, (sin gafas)“ („Dinge nach links und rechts gesehen [ohne Brille)]“). Ab 1985 war er Professor an der ETSAB und hatte seit 1996 einen eigenen Lehrstuhl für Architektur inne.

1993 gründete er mit seiner Frau Benedetta Tagliabue das EMBT-Studio. Gemeinsam setzten sie große, beispielhafte Projekte um, wie etwa den Umbau des ‚Mercat de Santa Caterina’ in Barcelona oder des neuen schottischen Parlaments in Edinburgh. Seit 1990 war er zusätzlich Direktor und Professor für Meisterklassen an der Städelschule in Frankfurt am Main, seit 1992 Professor an der Harvard University unter Kenzo Tange sowie Gastprofessor und Dozent an verschiedenen Universitäten in den USA, Deutschland, Großbritannien, Italien, Holland und Mitglied der Royal Incorporation of Architects in Schottland. 1995 wurde er mit dem vom spanischen Kulturministerium verliehenen Premio Nacional de Arquitectura ausgezeichnet und 1996 erhielt er den „Goldenen Löwen“ der Architekturbiennale in Venedig. Im Jahr 2002 wurde ihm posthum die Goldmedaille vom Col·legi d’Arquitectes de Catalunya verliehen.

Hauptwerke und das Erbe

Das Hommage-Programm besteht aus folgenden Ausstellungen und Events. Im Saló del Tinell findet die Ausstellung MIRALLES. A quarts de quatre… statt. Hier liegt der Fokus auf vier gebauten Projekten, repräsentative Meilensteine im Leben des Architekten und gleichzeitig beeindruckende Referenzen der modernen europäischen Architektur: der Friedhofspark von Igualada (1985-1991), der Huesca-Basketball Pavillon (1994), der Mercat de Santa Caterina (1997) und das schottische Parlament in Edinburgh (2004). In der Fundació Enric Miralles werden in der Ausstellung MIRALLES.To be continued… Projekte gezeigt, die das Architekturbüro EMBT in den letzten zwanzig Jahren – also nach dem Tod Miralles – entwickelt hat. Anhand einer Auswahl an Modellen, Skizzen, Fotografien, Korrespondenzen und Collagen präsentiert die Stiftung eine Ausstellung, die das Erbe des Architekten widerspiegelt und den Weg aufzeigt, den das Architekturbüro Miralles Tagliabue EMBT heute geht.

Arbeitsweise und Designs

Das Centre d’Arts Santa Mònica zeigt MIRALLES. Photos & Collages. Collagen und Fotomontagen waren für die Arbeitsweise Enric Miralles sehr charakteristisch. Persönliche Fotos von Familien- und Berufsreisen, seine kreativen Bildmontagen sind ein Teil des bisher unveröffentlichten Privatarchivs des Architekten, das in dieser Ausstellung zu sehen ist. Im Disseny Hub wird unter dem Titel MIRALLES.Perpetuum Mobile die Arbeit des Architekten als Designer gezeigt. Zu sehen sind unveröffentlichte Möbel und Objekte wie die Tische Inestable, Dolmen, Troncos und Tropical, das Regal Lelukaappi, das von Alvar Aalto inspiriert ist, sowie mehrere Stühle und Leuchten in Kombination mit Plänen, Zeichnungen und Skizzen, die zum ersten Mal zusammen zu sehen sind.

Bildmontagen und Collagen waren ein wichtiges Werkzeug in der Arbeit des Architekten, können aber auch als eigenständiges Werk betrachtet werden. © Fundació Enric Miralles

Vorträge, Gespräche – der Professor

Im Col·legi d’Arquitectes de Catalunya (COAC) findet der Vortragszyklus MIRALLES. Converses statt. Gespräche, an denen verschiedene Professor*innen, Kolleg*innen, Mitarbeiter*innen und Freunde teilnehmen, die den katalanischen Architekten persönlich und beruflich kannten. Mit dabei sein werden Rafael Moneo, Benedetta Tagliabue, Beatriz Colomina, Soraya Smithson und Carme Pinós. An der Escola Tècnica Superior d’Arquitectura (ETSAB) gibt es eine Ausstellung unter dem Titel MIRALLES. A l’escola, die sich seiner akademischen Arbeit als Professor sowohl in Barcelona als auch im Rest der Welt widmet. Ein Bereich, der, obwohl er im Schaffen von Miralles sehr wichtig war, wenig dokumentiert ist.

Doch die Hommage an Enric Miralles geht noch weiter. Es befinden sich derzeit Ausstellungen und Präsentationen in der Vorbereitungsphase, die das Programm im Lauf des Jahres ergänzen werden. Insgesamt bieten die Organisatoren damit eine wirklich umfassende und ausführliche Darstellung des Werkes eines der bedeutendsten Architekten Kataloniens, der auf seiner Suche nach neuen Formen nie die Beziehung zum Ort der Entstehung vergisst und diesen poetisch interpretiert.

Programm in Barcelona:

MIRALLES. A quarts de quatre…

Vom 15.04.21 bis zum 04.07.2021, Saló del Tinell. Plaça del Rei, 10 Barcelona, Eintritt: 3 €

MIRALLES. Photos & Collages

Vom 15.04.21 bis zum 30.06.21, Centre d’Arts Santa Mònica. La Rambla, 7 Barcelona, Eintritt frei

MIRALLES. To be continued…

Vom 15.04.21 bis 23.12.21, Fundació Enric Miralles. Passatge de la Pau, 10 Barcelona, Eintritt frei

MIRALLES. Perpetuum Mobile

Vom 27.05.21 bis 29.08.21, Disseny Hub. Plaça de les Glòries, 37 Barcelona, Eintritt: 3 € (Disseny HUB)

MIRALLES. Converses

03.06 – 10.06 – 17.06.2021, COAC. Plaça Nova, 5 Barcelona, Eintritt frei

MIRALLES. A l’escola

Vom 22.09.2021 bis zum 24.11.2021, ETSAB. Av. Diagonal, 649-651 Barcelona, Eintritt frei


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